Der Hausschrat" ist ein Stück von absurder Komik und abgründiger Tristesse, in dem es um die Vergeblichkeit von Veränderungen geht. Karl und Sophie, Mitte 50, haben sich in einer langjährigen Ehe eingerichtet, in erkalteten Bedürfnissen und einem konstanten Mangelgefühl. Karl ist ein misanthropischer Macho, Sophie eine harmoniesüchtige Hausfrau. Tägliche Bosheiten fliegen hin- und her, abfällige, oft gehörte und abgründig traurige Sätze, über die im Theater an der Ruhr allerdings hastig und gewollt heiter hinweg gesprochen wird.
"Wenn du dir nicht bald eine neue Hose anschaffst, werde ich dich vielleicht verlassen.
Vielleicht...
Nicht vielleicht.
Ich wollte sagen: Vielleicht kaufe ich mir nächste Woche eine neue Hose.
Wie oft ich das schon gehört habe.
Kannst du deine Ohrringe nicht mal wegwerfen? Die Ohringe ziehen dir seit Jahren die Ohrläppchen lang.
Was soll das heißen?
Schaust du nicht mehr in den Spiegel? Es sieht scheußlich aus. Ich mag gar nicht mehr hinschauen!"
In den miesen, prosaischen Alltag bricht Else ein, Mitte 40 und die Frau von Karls Bruder, um mitzuteilen, dass Karls Bruder gestorben ist. Doch statt Karl geht seine Frau zur Beerdigung. Die Frauen wechseln die Kleider, als könnten sie so auch ihr Leben verändern. Als Else und Karl allein zurückbleiben, will Karl die Schwägerin gegen seine Frau austauschen:
" Tragen Sie immer schwarze Unterwäsche? Es geht mich ja nichts an. Schwitzen Sie nicht? "
Dann kommt die psychotische Tochter Marlene nach Hause, aber auch Tabletten beruhigen sie nicht. Erst später stellt sich heraus, dass sie auf dem Rummelplatz vergewaltigt wurde, wie ein Kind in Stoppersocken klammert sie sich an ihre Mutter. Da geht Else wieder, die kurzzeitige Bewegung war eine nur Illusion, weder Kleidertausch noch Katastrophen helfen in eine andere Haut. Auch seinen familiären Wurzeln entgeht man nicht: Karls Schwester Hilde kommt vorbei - bei Ciulli steigt sie aus dem Schrank - und erinnert mit penetranter Lustigkeit an die kindlichen Intimverrichtungen von Karls Körper, seine Hände in der Unterhose, das Danebenpinkeln im Bad. Genazinos Figuren verwechseln Nähegefühle mit körperlichen Notdürften. Als sie gegangen sind, wehrt sich das Ehepaar auf einmal nicht mehr gegen die Trostlosigkeit seines Alltags - alles andere ist schlimmer.
Im billigen Einfachstbühnenbild von Gralf-Edzard Habben ist der unbehauste menschliche Stillstand mit einem Wald aus alten Koffern illustriert. Koffer, aus denen der Fernseher gebaut ist oder in denen das Strickzeug liegt. Koffer, die Genazino selbst "reale Traumzeichen für Zugehörigkeit und Unzugehörigkeit zugleich" nennt. Koffer, die auch auf die unermüdliche Reisetätigkeit des Theaters an der Ruhr hinweisen, aber doch ein abgegriffenes Symbol bleiben. Einmal fällt eine lange abgelaufene Sardinenbüchse heraus, aber Karl isst sie genüsslich auf. Die Tochter fühlt sich zwischen den Beinen glitschig wie eine Ölsardine, das Leben und die Ehe sind verfault wie alter Fisch - aber man muss das Unveränderbare dennoch lieben lernen. Das ist wohl eine der Hauptaussagen von Genazino.
Roberto Ciulli lässt in seiner Inszenierung keinen Satz aus und baut kleine Symbole wie die Fischdose ein, aber zu einer schlüssigen Interpretation des Stücks kommt er nicht. In den Arbeiten des 73-Jährigen Italieners steht das Clowneske oft im Vordergrund, der Clown steht bei Ciulli für den Tod und den einzigen Ausweg des Lachens. Doch zu Genazinos "Hausschrat" passt die hastige Slapstick-Komik nicht, sondern wirkt zuweilen wie falsch betont und peinlich, sie lässt Stille und Abgründigkeit der Genazino-Sätze verpuffen. Allein Simone Thoma als somnambule, verstörte Marlene und Petra von Beek als um jeden Preis warmherzige Ehefrau in einer Mischung aus Hausfrauenkittel und erotischem Negligé haben menschliche Zugänge zu ihren Figuren gefunden. Und dennoch entsteht zum Schluss vielleicht doch das, was Genazino meint. Denn alles bleibt wie vorher und ist doch ganz anders: Aneinander gelehnt sitzt das Ehepaar auf einem Koffer, versunken spielt die Tochter auf einem Blumentuch. "Kleine verwaschene Sehnsüchte" erweckt die Frau auf einmal in dem Mann. Vielleicht ist das ja schon alles, was man vom Leben erwarten darf.
"Wenn du dir nicht bald eine neue Hose anschaffst, werde ich dich vielleicht verlassen.
Vielleicht...
Nicht vielleicht.
Ich wollte sagen: Vielleicht kaufe ich mir nächste Woche eine neue Hose.
Wie oft ich das schon gehört habe.
Kannst du deine Ohrringe nicht mal wegwerfen? Die Ohringe ziehen dir seit Jahren die Ohrläppchen lang.
Was soll das heißen?
Schaust du nicht mehr in den Spiegel? Es sieht scheußlich aus. Ich mag gar nicht mehr hinschauen!"
In den miesen, prosaischen Alltag bricht Else ein, Mitte 40 und die Frau von Karls Bruder, um mitzuteilen, dass Karls Bruder gestorben ist. Doch statt Karl geht seine Frau zur Beerdigung. Die Frauen wechseln die Kleider, als könnten sie so auch ihr Leben verändern. Als Else und Karl allein zurückbleiben, will Karl die Schwägerin gegen seine Frau austauschen:
" Tragen Sie immer schwarze Unterwäsche? Es geht mich ja nichts an. Schwitzen Sie nicht? "
Dann kommt die psychotische Tochter Marlene nach Hause, aber auch Tabletten beruhigen sie nicht. Erst später stellt sich heraus, dass sie auf dem Rummelplatz vergewaltigt wurde, wie ein Kind in Stoppersocken klammert sie sich an ihre Mutter. Da geht Else wieder, die kurzzeitige Bewegung war eine nur Illusion, weder Kleidertausch noch Katastrophen helfen in eine andere Haut. Auch seinen familiären Wurzeln entgeht man nicht: Karls Schwester Hilde kommt vorbei - bei Ciulli steigt sie aus dem Schrank - und erinnert mit penetranter Lustigkeit an die kindlichen Intimverrichtungen von Karls Körper, seine Hände in der Unterhose, das Danebenpinkeln im Bad. Genazinos Figuren verwechseln Nähegefühle mit körperlichen Notdürften. Als sie gegangen sind, wehrt sich das Ehepaar auf einmal nicht mehr gegen die Trostlosigkeit seines Alltags - alles andere ist schlimmer.
Im billigen Einfachstbühnenbild von Gralf-Edzard Habben ist der unbehauste menschliche Stillstand mit einem Wald aus alten Koffern illustriert. Koffer, aus denen der Fernseher gebaut ist oder in denen das Strickzeug liegt. Koffer, die Genazino selbst "reale Traumzeichen für Zugehörigkeit und Unzugehörigkeit zugleich" nennt. Koffer, die auch auf die unermüdliche Reisetätigkeit des Theaters an der Ruhr hinweisen, aber doch ein abgegriffenes Symbol bleiben. Einmal fällt eine lange abgelaufene Sardinenbüchse heraus, aber Karl isst sie genüsslich auf. Die Tochter fühlt sich zwischen den Beinen glitschig wie eine Ölsardine, das Leben und die Ehe sind verfault wie alter Fisch - aber man muss das Unveränderbare dennoch lieben lernen. Das ist wohl eine der Hauptaussagen von Genazino.
Roberto Ciulli lässt in seiner Inszenierung keinen Satz aus und baut kleine Symbole wie die Fischdose ein, aber zu einer schlüssigen Interpretation des Stücks kommt er nicht. In den Arbeiten des 73-Jährigen Italieners steht das Clowneske oft im Vordergrund, der Clown steht bei Ciulli für den Tod und den einzigen Ausweg des Lachens. Doch zu Genazinos "Hausschrat" passt die hastige Slapstick-Komik nicht, sondern wirkt zuweilen wie falsch betont und peinlich, sie lässt Stille und Abgründigkeit der Genazino-Sätze verpuffen. Allein Simone Thoma als somnambule, verstörte Marlene und Petra von Beek als um jeden Preis warmherzige Ehefrau in einer Mischung aus Hausfrauenkittel und erotischem Negligé haben menschliche Zugänge zu ihren Figuren gefunden. Und dennoch entsteht zum Schluss vielleicht doch das, was Genazino meint. Denn alles bleibt wie vorher und ist doch ganz anders: Aneinander gelehnt sitzt das Ehepaar auf einem Koffer, versunken spielt die Tochter auf einem Blumentuch. "Kleine verwaschene Sehnsüchte" erweckt die Frau auf einmal in dem Mann. Vielleicht ist das ja schon alles, was man vom Leben erwarten darf.