Das Stück "89/90" nach dem Roman von Peter Richter und von Claudia Bauer und Matthias Huber für die Bühne bearbeitet, ist zum Berliner Theatertreffen eingeladen worden. Für Bauer gehe es darin um das Wichtigste, was Deutschland in den letzten 30-40 Jahren erlebt habe. "Deshalb ist es auch sehr schwer, es auf die Bühne zu bringen, weil es sind zwei Jahre: ein Jahr die DDR, die Wende als Zäsur mittendrin, und dann eben noch 90, das Nach-Wende-Jahr."
Was sie fasziniert habe, war etwas, was sie vergessen hatte, obwohl sie die Zeit relativ hautnah miterlebt habe: "Nämlich als die Heime brannten und die Rechten plötzlich auf der Straße waren und plötzlich etwas passierte – nicht nur im Osten muss man dazu sagen – von dem man glaubte, dass es das gar nicht mehr gibt, nämlich rechte Bewegungen, rechte Gewalt."
"Der Keim zu dem, was jetzt in Deutschland los ist"
Es sei ein Schock gewesen nachdem die Wende ja eigentlich erstmal etwas Schönes gewesen sei, wo man gedacht habe, Deutschland wachse zusammen. "Und plötzlich passiert das. Es hat mich sehr erstaunt und fasziniert, weil ich es tatsächlich fast vergessen hatte. Und weil ich glaube, da liegt aber der Keim zu dem, was jetzt in Deutschland los ist. Und das hat eine lange Geschichte, das ist auch noch länger als 89/90, das fand ich faszinierend."
Peter Richter beschreibe in seinem Roman, dass der rechte Bodensatz auch schon da war. "Durch diesen Zusammenbruch dieses Systems hat der Luft und Raum gekriegt."
Orientierungslosigkeit und Perspektivlosigkeit
Sowohl Richter als auch Bauer versuchten zu beschreiben, aus welcher Orientierungslosigkeit und Perspektivlosigkeit solche Zustände kämen. "Oder einfach nur eine Zeit, in der man glaubt, man kann alles entscheiden und die Faszination, nachdem ein doch rigider Staat zusammengebrochen ist und man plötzlich mit dem Baseballschläger in der Hand Dinge tun kann und die Volkspolizei einfach nichts mehr ausrichten konnte."
Claudia Bauer arbeitet gerne mit Chören in ihren Stücken, auch bei 89/90. "Diese Masse, die da plötzlich in Bewegung gerät und am Anfang einheitlich wirkt und sich dann zerteilt in unterschiedliche Richtungen, rechts, links, Punk, Skinhead, der Chor ist immer eine Masse, die plötzlich in Schwingung und Bewegung gerät und die durch bestimmte geschichtliche Umstände irgendwoanders hingeschleudert wird – das was Chöre halt können, nämlich bestimmte Schichten darstellen, die ins Rollen geraten."
Hinweis: Das Gespräch können Sie mindestens sechs Monate lang als Audio-on-demand abrufen.