Judith Könemann von der Universität Münster ist eine der Organisatorinnen der Tagung "Wandel als Thema religiöser Selbstdeutung". Gesellschaft und Religionsgemeinschaften beeinflussen einander wechselseitig, sagte sie im Deutschlandfunk. Sowohl die Doktrin als auch die Sozialgestalt seien nicht in Stein gemeißelt, sondern von kulturellen, politischen und sozialen Bedingungen beeinflusst. Derzeit müsse sich der Islam in Westeuropa daraufhin befragten lassen, ob das Verständnis des Korans sich wandeln müsse.
Die katholische Theologin nennt als Beispiel für Veränderungen im Christentum die Entwicklung der Pfarreien. Von den 1960er-Jahren an wurden die Gläubigen nicht mehr als Objekte der Seelsorger betrachtet, sondern zu Subjekten: Gemeindemitglieder wollten sich beteiligen.
Heute gehe die Entwicklung in eine andere Richtung: Verbindliches Engagement schwinde, das Modell des fast familialen Zusammenhalts in den Gemeinden breche auf. Die Gemeindefusionen, die von oben verordent werden, bergen ein "hohes Konfliktpotenzial".