Wir befinden uns im Atrium eines sonnendurchfluteten Bürogebäudes. Vor uns eine Frau, die uns dazu auffordert, uns in Ruhe umzusehen. "Welches der zehn Stockwerke würden wir uns zutrauen?" fragt sie.
Zwangsvorstellungen spielerisch ändern
Etwas später stehen wir am Innenbalkon des 3. Stocks - und blicken nach unten. Ziemlich kleine Menschen, die da herumlaufen. Luftballons, die nach oben steigen. Ein Wal, der durch das Atrium schwimmt, als seie es Wasser. Und links unsere Assistentin, die uns auffordert, doch mal das Xylophon zu spielen, das allerdings sehr nah am Balkonrand steht.
"Wenn Sie Höhenangst haben, fürchten Sie sich davor, abzustürzen, über den Rand zu rutschen. Die Altophobie beruht auf Zwangsvorstellungen, und wir Kognitionspsychologen versuchen, diese zu ändern."
Daniel Freeman, Professor für klinische Psychologie an der Universität Oxford, England. In seinem Büro befindet sich eine moderne Ausrüstung für Virtuelle Realität, und nebenan ein Raum, in dem man sich mit VR-Brille und Controllern in beiden Händen einigermaßen frei umher bewegen kann. Im Display der Brille sieht man das Bürogebäude mit seinem hellen Innenbereich dreidimensional. Mit den Controllern kann man Xylophon spielen, Äpfel von einem in das Atrium hinausragenden Ast pflücken, eine Katze retten und, als höchstes der Gefühle, das Atrium weit oben auf einer Seilbrücke überqueren.
Daniel Freeman, Professor für klinische Psychologie an der Universität Oxford, England. In seinem Büro befindet sich eine moderne Ausrüstung für Virtuelle Realität, und nebenan ein Raum, in dem man sich mit VR-Brille und Controllern in beiden Händen einigermaßen frei umher bewegen kann. Im Display der Brille sieht man das Bürogebäude mit seinem hellen Innenbereich dreidimensional. Mit den Controllern kann man Xylophon spielen, Äpfel von einem in das Atrium hinausragenden Ast pflücken, eine Katze retten und, als höchstes der Gefühle, das Atrium weit oben auf einer Seilbrücke überqueren.
Erfolg eindeutig feststellbar
Freeman lud 50 Personen mit ausgeprägter Höhenangst in die Virtuelle Realität ein. 50 weitere Höhenkranke blieben ohne VR-Erfahrung. Die Patienten fand er über einen Aufruf im Lokalradio von Oxford.
"Es hätten auch viel weniger Probanden ausgereicht, weil der Effekt so eindeutig positiv war. Etwa 70 Prozent der Personen verloren nach der Behandlung ihre Angst. Es sieht so aus, als wäre der Therapie-Effekt dauerhaft - es sei denn, die Person kehrt in ihr bisheriges Verhaltensmuster zurück; dann kommt auch die Angst wieder. Die Erinnerung an Ängste bleibt sowieso, aber wir setzen ihr eine neue Erinnerung entgegen. Unsere VR-App hat etwas Spielerisches und macht den Patienten Spaß - ganz im Gegensatz zu klassischen Therapieformen."
"Es hätten auch viel weniger Probanden ausgereicht, weil der Effekt so eindeutig positiv war. Etwa 70 Prozent der Personen verloren nach der Behandlung ihre Angst. Es sieht so aus, als wäre der Therapie-Effekt dauerhaft - es sei denn, die Person kehrt in ihr bisheriges Verhaltensmuster zurück; dann kommt auch die Angst wieder. Die Erinnerung an Ängste bleibt sowieso, aber wir setzen ihr eine neue Erinnerung entgegen. Unsere VR-App hat etwas Spielerisches und macht den Patienten Spaß - ganz im Gegensatz zu klassischen Therapieformen."
Eine junge Frau oben an der Rolltreppe. Es gelingt ihr nicht, sie zu betreten.
"Ich schaff' das nicht!"
Einige Stunden später, nach absolviertem spielerischem Training in der Virtuellen Realität:
"Das ist ja verrückt, ich kann's gar nicht glauben!" Und sie fährt die Rolltreppe hinab. "Ich muss mich nicht mal festhalten!"
Die Höhenangst- Therapie-App ließ Daniel Freeman von einer eigens dafür gegründeten und an die Universität Oxford angedockten Firma programmieren, Oxford VR. Dort kennt man sich mit Computerspielen und interaktiven Figuren aus. Der Avatar ersetzt den menschlichen Coach weitgehend. Die virtuelle Frau reagiert mit einem flexiblen Datensatz, regt den Patienten an, weiterzugehen, lobt ihn, öffnet seinen Blick nach oben, bietet Alternativen und so weiter.
Die Höhenangst- Therapie-App ließ Daniel Freeman von einer eigens dafür gegründeten und an die Universität Oxford angedockten Firma programmieren, Oxford VR. Dort kennt man sich mit Computerspielen und interaktiven Figuren aus. Der Avatar ersetzt den menschlichen Coach weitgehend. Die virtuelle Frau reagiert mit einem flexiblen Datensatz, regt den Patienten an, weiterzugehen, lobt ihn, öffnet seinen Blick nach oben, bietet Alternativen und so weiter.
VR könnte Millionen Patienten helfen
In der Realität fehlt Therapeuten oft die Zeit, um jeden Angstpatienten so an die Hand zu nehmen. In der Regel werden stattdessen schnell Medikamente verschrieben. Wenn Ärzte und Psychologen in ihren Praxen und Kliniken Räume für Virtuelle Realität einrichten, würde das deshalb Millionen Patienten helfen, wie Freeman sich ausdrückt. Die Ausrüstung ist heute für gut 1000 Euro zu kaufen. Wenn die Preise weiter sinken, können sich die Patienten VR zu Hause installieren und den virtuellen Coach zu jeder Tages- und Nachtzeit aufrufen.
Bei der Behandlung komplexerer psychischer Erkrankungen wie Depression oder Schizophrenie sollte allerdings ein ausgebildeter Therapeut in Reichweite sein. VR kann aber auch hier ganz wesentlich unterstützen. Daniel Freeman:
Bei der Behandlung komplexerer psychischer Erkrankungen wie Depression oder Schizophrenie sollte allerdings ein ausgebildeter Therapeut in Reichweite sein. VR kann aber auch hier ganz wesentlich unterstützen. Daniel Freeman:
"Alle psychischen Erkrankungen haben mit der Umgebung zu tun. Schizophrene Patienten ziehen sich oft völlig zurück, trauen sich nicht mehr, einzukaufen oder mit dem Bus zu fahren. Die beste Therapie setzt sie diesen Situationen wieder aus und hilft ihnen, damit umzugehen. Genau das schafft Virtuelle Realität - ein mächtiges Instrument, um Patienten zu zeigen, wie sie sich in der realen Welt zurecht finden können."