Endlich beginnen die Brexit-Verhandlungen mit der EU – und die Briten haben erst einmal andere Probleme. Premierministerin Theresa May ist schwer angeschlagen. Nach der desaströsen Unterhauswahl gilt ihr Krisenmanagement nach dem Brand im Grenfell-Hochhaus in London als unterirdisch und gefühlskalt.
Jetzt also auch noch der Auftakt der Brexit-Verhandlungen. Der Brexit-Sprecher von Labour, Keir Starmer, ließ gestern kein gutes Haar an Theresa May. "Die Premierministerin hat einen völligen Schlamassel angerichtet. Sie hat vom Wähler kein Mandat erhalten, im Ausland hat sie keine Autorität mehr. Ihr Verhalten hat uns in die denkbar schlechteste Ausgangslage gebracht."
Angebot, Status der EU-Bürger zu garantieren
Brexit-Minister David Davis, der die britische Delegation leitet, will vielleicht gerade deswegen gutes Wetter bei der EU machen. London bietet an, einseitig die Rechte der drei Millionen bereits hier lebenden EU-Bürger zu garantieren. Bisher lautete die Sprachregelung: Das machen wir erst dann, wenn die EU die Rechte der eine Million Briten sichert, die zur Zeit in Spanien, Frankreich und anderen EU-Staaten leben.
Anders sieht es bei der Schlussrechnung aus: Schatzkanzler Philip Hammond wies gestern eine Schlussrechnung in Höhe von 60 oder 100 Milliarden Euro weit von sich. "Ich erkenne diese Summen in keiner Weise an. Ich habe schon lange kein solch ausgemachtes Getue um eine Sache erlebt." Dann aber fügt Hammond hinzu: "Alles, was mit Geldzahlungen zu tun hat, wird ab morgen erörtert werden."
Hardliner drohen mit Misstrauensvotum
Die "Financial Times" nannte am Wochenende als Kompromiss eine Summe von 40 Milliarden Euro – auch das würde London brüsk zurückweisen und die Verhandlungen platzen lassen. "Für Großbritannien wäre ein Abbruch der Verhandlungen äußerst schlecht. Aber es gibt etwas noch Schlechteres: Einen Deal, der uns absichtlich bestrafen will, der uns das Blut aus den Wirtschaftsadern saugen will."
In der konservativen Partei gibt es nicht wenige, die lieber überhaupt nicht mit der EU verhandeln, sondern gleich die Tür zuknallen wollen. Führende britische Wirtschaftsunternehmer haben am Wochenende noch einmal ausdrücklich vor diesem Szenario gewarnt.
Die Briten würden am liebsten heute schon über einen neuen Handelsvertrag mit der EU verhandeln. Das hat London nicht durchsetzen können. Erst der Ausstieg, dann geht's weiter, heißt die Devise. Die Hardliner in Theresa Mays Partei drohen jedenfalls schon mit einem Misstrauensvotum, wenn sie auch nur einen Zentimeter nachgibt.