324 zu 298 - die Mehrheit für die Regierung von Theresa May hat noch einmal Stand gehalten. Das klingt nach einem Erfolg für die Premierministerin, aber er hat seinen Preis. Im Angesicht einer drohenden parlamentarischen Niederlage unterbreitete May den Kritikern, die gegen einen harten Brexit-Kurs sind, ein Angebot. Das Parlament soll am Ende der Verhandlungen mit der EU das entscheidende Wort haben. Aber wie genau, darüber herrscht Rätselraten in Westminster, auch bei Brexit-Hardliner Andrew Bridgen.
"Ich weiß nur aus zweiter Hand, was die potenziellen Rebellen glauben, bekommen zu haben. Wenn sie tatsächlich ein Veto über den Deal mit der EU am Ende bekommen, dann unterläuft das doch nur unsere Verhandlungsposition."
Beschwichtigungen und Zugeständnisse
Die Brexit-Befürworter misstrauen den pro-EU-Abgeordneten in den eigenen Reihen, in Wahrheit den Brexit zurückdrehen zu wollen. Den ganzen Nachmittag versuchten die Whips, die Fraktionseinpeitscher der Tories, die eigene Mehrheit zu retten - mit Beschwichtigungen und am Ende einem Zugeständnis, dessen Dimension noch nicht klar ist.
Drohen am Jahresende Neuwahlen? Wird es sogar ein zweites Referendum geben? Ein Mitglied der Regierung, der Justizstaatssekretär Phillip Lee, war Minuten vor der Debatte zurückgetreten. Er könne den harten Brexit-Kurs nicht mehr mittragen. "Es ist von fundamentaler Bedeutung, dass das Parlament das Schlussabkommen mit der EU beeinflussen kann. Eine Pseudo-Abstimmung zwischen schlecht und noch schlechter ist keine sinnvolle Wahl."
May hat Zeit gewonnen
Auch Brexit-Minister David Davis warf sich in die Bresche. Letzte Woche hatte er Premierministerin Theresa May mit seinem Rücktritt gedroht, weil ihm der Kurs seiner Chefin zu weich ist. "Sie wollen, dass das Parlament ein Diktat auf die Regierung bei seinen internationalen Verhandlungen mit der EU ausübt. Das ist verfassungsrechtlich absurd, es schwächt unsere Verhandlungsposition."
Zwei Jahre nach dem Referendum wird auf der Insel mit aller Härte um den richtigen Brexit-Kurs gerungen - im Extremfall bis hin zu Morddrohungen, von denen die EU-Befürworterin und Tory-Politikerin Anna Soubry berichtete. "Eine Abgeordnete von uns musste auf einer öffentlichen Veranstaltung von sechs bewaffneten Polizisten undercover beschützt werden. Das ist aus unserem Land geworden, das muss aufhören."
Es wird erst einmal weiter abgestimmt, unter anderem über die Zugehörigkeit zur Zollunion. Auch hier scheint May noch einmal Zeit zu gewinnen. Die Pro-EU-Rebellen warten auf einen besseren Zeitpunkt, heißt es – zum Beispiel schon in wenigen Wochen.