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Thomas Cook
Der christliche Reiseleiter

Reisen organisieren als christliche Tat: Ein Baptist legte vor fast 180 Jahren den Grundstein des Reiseunternehmens Thomas Cook. Eigentlich wollte er die Engländer durch Pauschalreisen vom Alkohol abbringen. Doch dann entdeckte er sein Talent – und sein Herz für arme Reisewillige.

Von Ada von der Decken |
Ein Porträt von Thomas Cook
Der Baptist und Reiseunternehmer Thomas Cook (imago/United Archives International)
Die Ursprünge des Reiseunternehmens Thomas Cook liegen fast 180 Jahre zurück. Der erste Trip war ein Tagesausflug und führte mitten in England gerade einmal 20 Kilometer weit:
"Er erwarb etwa 500 Bahnfahrkarten und verkaufte sie für einen Schilling pro Stück. So konnte Thomas Cook etwa fünfhundert Menschen zu einer Kundgebung der Abstinenz-Bewegung mitnehmen. Sie fuhren am 5. Juli 1841 von Loughborough nach Leicester mit dem Zug - die Reise erlangte Berühmtheit. Der Ausflug war ein großer Erfolg. Da nahm alles seinen Anfang."
Spross einer englischen Baptistenfamilie
Der Historiker Eric Zuelow von der University of New England hat zu den Anfängen des modernen Tourismus geforscht. Dazu gehört auch Thomas Cook, sagt Zuelow am Telefon:
"It's really hard to understand Cook without understanding, where he was coming from in terms of religion."
Cook trieb seine Religion an. Er kam aus einer englischen Baptistenfamilie, sein Großvater hatte im ausgehenden 18. Jahrhundert eine neue Baptisten-Strömung mitbegründet. Der Großvater galt als überaus talentierter Priester, als mitreißender Endzeitprediger.
"A great preacher, a real fire and brimstone Hellfire kind of guy."
Einsatz gegen Alkohol-Konsum
Enkel Thomas Cook versuchte zwar in die Fußstapfen seines Großvaters zu treten, zeigte sich aber als Baptistenpriester und Missionar talentfrei. Nach erfolglosen Bemühungen als Wanderprediger suchte er eine neue Bestimmung: Er setzte sich ein gegen Alkoholkonsum, in der Abstinenz-Bewegung - ganz im Sinne der Baptisten. So kam es dann auch zu dem Ausflug zur Kundgebung in Leicester.
Plakat-Werbung von Thomas Cook: Ein toller Ausflug: 5-Tages-Trip nach West-England, Sonderzüge, 18. Juni 1850
Thomas-Cook-Werbung aus dem Jahr 1850 (imago stock&people / United Archives)
Angespornt von dem Erfolg verkaufte Cook die ersten All-Inclusive-Pakete für Reisen nach Schottland - mit Zug und Schiff, ausgerichtet vor allem für Bürgerliche, denen allerdings die wenigen Schlafkabinen und wenigen Toiletten zu schaffen machten. Thomas Cooks Abstinenz-Botschaft drang zu den entnervten Reisenden nicht mehr durch. In Schottland angekommen verlangten die meisten erstmal einen Drink.
"Das lief anfangs also nicht Besonders gut. Aber Thomas Cook versuchte es weiter und das Schottlandgeschäft wuchs. Er verzichtete schließlich auf die Abstinenz-Elemente und konzentrierte sich auf die Reise."
Reisen für Arbeiter, Bürger und Frauen
Seine Reisen wurden immer populärer. Cook nutze seine Fertigkeiten als Drucker - dieses Handwerk hatte er eigentlich gelernt, um baptistische Schriften verbreiten zu können - und machte seine Reisen bekannt.
"Da kommt wieder die religiöse Motivation in ihm zum Tragen: Thomas Cook vertrat die Auffassung, dass Reisen jedem zugänglich sein sollten. Er trat für eine Gleichberechtigung beim Reisen ein. Er hatte Angebote für Arbeiter, ebenso wie für Bürgerliche. Und er bot Reisen für Frauen an."
Alleinreisende Frauen gab es zu jener Zeit noch nicht. Thomas Cook sprach sie aber gezielt an, wollte ihnen das sichere Reisen ermöglichen. Manche nennen Thomas Cook sogar den Erfinder der Pauschalreisen. Das mag der Historiker Erik Zuelow nicht so stehen lassen, denn im viktorianischen England schossen zahlreiche Reiseunternehmen aus dem Boden. Aber etwas unterschied Cooks Firma von den anderen.
Religiös und geschäftstüchtig
"Er war sehr gut darin, seine Angebote bekannt zu machen. Er war gut darin, sie vielen Menschen zugänglich zu machen. Als zum Beispiel die Weltausstellung in London stattfand, brachte er unglaublich viele Menschen dorthin. Er unterbot die anderen Firmen. Ihm lag daran, auch Arbeiter zur Weltausstellung zu bringen. Das erwies sich auch als ein kluger Geschäftszug."
Thomas Cook blieb seinen religiösen Wurzeln zeit seines Lebens treu. Baptisten und Missionare erhielten bei seinen Reisen immer einen ermäßigten Preis. Bei den organisierten Touren standen Besuche von Kirchen immer an erster Stelle. Als sein Sohn John Mason Cook später das Geschäft übernahm und ausbaute, trat alles Religiöse in den Hintergrund. Es ging ums Business.