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Thüringen
Verfassungsschutz prüft Beobachtung der AfD

Machtübernahmefantasien des AfD-Politikers Björn Höcke, eine fehlende Distanzierung der Partei von solchen Aussagen und eine Radikalisierung der AfD - Gründe für den Verfassungsschutz in Thüringen, die Beobachtung der Partei zu prüfen. Die Reaktionen darauf könnten unterschiedlicher nicht sein.

Von Henry Bernhard |
    Der Fraktionsvorsitzende der AfD im Thüringer Landtag, Björn Höcke
    Björn Höcke sei nach Angaben des Thüringer Verfassungsschutzes nicht der einzige, aber ein wichtiger Grund, warum man sich entschieden habe, die Beobachtung der AfD zu prüfen (Imago/ Steve Bauerschmidt)
    Thüringens Innenminister Georg Maier fasste in wenigen Worten zusammen, warum der Thüringer Verfassungsschutz nun voranprescht und prüft, ob der Landesverband der AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden soll.
    "Wir haben natürlich mit Herrn Höcke einen besonders exponierten ideologischen Vordenker, um nicht zu sagen: einen ideologischen Scharfmacher."
    Verklausulierte Gewaltaufrufe und Machtübernahmefantasien
    Björn Höcke ist nicht der einzige, aber ein wichtiger Grund, warum der Landes-Verfassungsschutz-Präsident Stephan Kramer sich entschlossen hat, nicht auf ein gemeinsames Vorgehen der Verfassungsschutz-Ämter der Länder und des Bundes zu warten.
    Höcke rufe - wenn auch mitunter sprachlich verklausuliert - zur Gewalt auf, äußere Machtübernahmefantasien und drohe, das Gewaltmonopol des Staates zu unterwandern.
    "Höcke ging wieder ans Mikro und sagte, manchmal müsse man 'das Recht in die eigenen Hände nehmen'; die Polizei sei von ihren Führern verlassen worden, man müsse sie darin unterstützen, das Recht umzusetzen. Schon zuvor hatte Herr Höcke die Bundespolizei aufgefordert, ihren Vorgesetzten nicht mehr zu folgen, mit der Drohung, dass sie nach der 'Machtübernahme des Volkes' zur Rechenschaft gezogen würden."
    In seinem vor einigen Wochen veröffentlichten Buch fantasiere Höcke vom Ende der Demokratie und von der Zukunft einer Präsidialdemokratie oder Diktatur mit Notstandsgesetzen.
    Höhere Hürden für die Beobachtung einer Einzelperson
    Den Islam wolle er bis zum Bosporus zurückdrängen, um dann mit ihm zu kooperieren - wie bereits im Dritten Reich.
    So zitierte der Verfassungsschutz-Präsident Kramer Björn Höcke. Nazi-Jargon sei unverkennbar. Dabei stellte Kramer klar, dass die rechtlichen Hürden für die Beobachtung einer Einzelperson in Thüringen noch höher liegen als für die Beobachtung einer Partei.
    "Dann, wenn ihr Bestreben auf die Anwendung von Gewalt ausgerichtet ist. Diese besondere Einschränkung ist dem Umstand geschuldet, dass von Einzelpersonen in der Regel eine weniger große Gefahr für die Verfassung ausgeht als von Personen-Zusammenschlüssen."
    Björn Höcke ist so auch nicht das Objekt der Prüfung auf mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen, sondern der Landesverband seiner Partei, der er vorsteht.
    Keine Distanzierung und Radikalisierung
    Doch können die Äußerungen einzelner Mitglieder nach gängiger Rechtsprechung nicht automatisch der Partei als Ganzen angelastet werden. Hier argumentiert nun Kramer: Dadurch, dass es keinerlei Distanzierungen aus der Partei von Höckes rechtsextremen Äußerungen gebe, müsse sie sich dessen Äußerungen als Ganzes zurechnen lassen. Dies gelte vor allem, seitdem das Landesschiedsgericht den vom Bundesvorstand beantragten Parteiausschluss Höckes abgelehnt hat. Eine "Wesensverwandtschaft Höckes mit dem Nationalsozialismus" sei nicht erkennbar, so das Schiedsgericht. Der Landesverband stellte sich wiederholt hinter Höcke und dessen Äußerungen.
    "Fazit: Mit dieser Entscheidung hat ein innerparteilich legitimiertes und berufenes Gremium der AfD in Thüringen die Position von Herrn Höcke für mit der Partei und ihrem Programm vereinbar erklärt und - wie wir glauben - sich damit auch selbst zugerechnet."
    Als weiteren Grund, eine Beobachtung der Thüringer AfD zu prüfen, nannte Kramer die Radikalisierung der Partei gerade in den letzten Wochen: Den Schulterschluss mit PEGIDA, das Zusammengehen mit Rechtsextremen und Neonazis in Chemnitz. Zwar habe man sich vorab pro forma von Extremisten distanziert, sie aber dennoch unkommentiert in der selbst organisierten Demonstration mitmarschieren lassen.
    Gemischte Reaktionen
    Der Thüringer Verfassungsschutz will nun in den kommenden Wochen prüfen, ob er angesichts der offen zugänglichen Quellen eine nachrichtendienstliche Beobachtung der AfD Thüringen für nötig erachtet. Er mache dies öffentlich, damit auch die Partei sich dazu positionieren könne.
    In einer ersten Stellungnahme erklärte die AfD, dass die Landesregierung den Verfassungsschutz politisch instrumentalisiere. Weitere Schritte wolle man prüfen.
    Die anderen im Thüringer Landtag vertretenen Parteien reagierten differenziert: Lautstarke Zustimmung von der SPD, der auch Innenminister und Verfassungsschutz-Chef angehören, verhaltene Zustimmung von Grünen und CDU, Ablehnung von der Linken, die den Verfassungsschutz am liebsten abschaffen würde.