Vor Helgoland meint es der Wettergott gut mit der "Aade". Das schneeweiße Holzboot dümpelt gemächlich über die träge Nordsee. Die Mittagssonne lugt zaghaft durch die Wolken. Im Westen liegt die rote Felseninsel mit ihren grünen Grasmatten zum Greifen nah. Das zwölfeinhalb Meter lange Fischerboot wurde speziell für den täglichen Forschungseinsatz umgerüstet.
"Mal sehen, was hier drin ist? Ja, da ist auch Plankton bei."
Der Fischereibiologe Arne Malzahn hat mit einem engmaschigen, kegelförmigen Planktonnetz eine Probe aus dem Wasser geschöpft und in einen großen weißen Plastikeimer geschüttet. Winzige braune und graugrüne Punkte in klarem Wasser - spektakulär sieht das nicht aus. Doch der Biologe weiß es zu deuten:
"Hauptsächlich kleine Krebse, die als Nahrungsgrundlage für Heringe oder Sprotten, aber auch für eigentlich alle Fischlarven dienen. Solche Beprobungen werden drei Mal die Woche durchgeführt, damit man Langzeittrends auch beobachten kann, auch in der Planktonentwicklung. Eine ähnliche Beprobung gibt es auch fürs Phytoplankton, also für kleine einzellige Algen, die frei in der Wassersäule umhertreiben, die in der Zwischenzeit seit 1962 läuft."
"Mal sehen, was hier drin ist? Ja, da ist auch Plankton bei."
Der Fischereibiologe Arne Malzahn hat mit einem engmaschigen, kegelförmigen Planktonnetz eine Probe aus dem Wasser geschöpft und in einen großen weißen Plastikeimer geschüttet. Winzige braune und graugrüne Punkte in klarem Wasser - spektakulär sieht das nicht aus. Doch der Biologe weiß es zu deuten:
"Hauptsächlich kleine Krebse, die als Nahrungsgrundlage für Heringe oder Sprotten, aber auch für eigentlich alle Fischlarven dienen. Solche Beprobungen werden drei Mal die Woche durchgeführt, damit man Langzeittrends auch beobachten kann, auch in der Planktonentwicklung. Eine ähnliche Beprobung gibt es auch fürs Phytoplankton, also für kleine einzellige Algen, die frei in der Wassersäule umhertreiben, die in der Zwischenzeit seit 1962 läuft."
Die Probe wird später im Labor des Alfred-Wegener-Instituts auf Helgoland untersucht. Die kleinen Krebstierchen sind Nahrung für die Larven von Speisefischen wie dem Kabeljau - vorausgesetzt, es entwickeln sich genügend davon, zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Geschieht dies nicht, weil zum Beispiel das Wasser zu warm ist, verhungern die Larven und der Nachwuchs bleibt aus. Dies scheint ein wichtiger Grund dafür zu sein, warum der Kabeljau aus der südlichen Nordsee weitgehend verschwunden ist - das Wasser ist zu warm geworden:
"Ja, das ist richtig. Der Kabeljau ist aber nicht die einzige Art, die sich aus dem Gebiet zurückgezogen hat im Rahmen der Erwärmung. Das stellen wir auch zum Beispiel für den Seelachs fest oder für den Blauen Wittling, der eine kommerziell extrem wichtige Art für die Nordseefischerei ist. Der wird für Fischmehl und Fischöl verwendet. Diese Arten ziehen sich alle nach Norden zurück. Es gibt eine Untersuchung zu 60 Fischarten in der Nordsee und da wurde festgestellt, dass die Hälfte aller Arten, die in der Nordsee vorkommen, oder die in dieser Untersuchung waren, sozusagen vor dem warmen Wasser geflüchtet sind."
"Ja, das ist richtig. Der Kabeljau ist aber nicht die einzige Art, die sich aus dem Gebiet zurückgezogen hat im Rahmen der Erwärmung. Das stellen wir auch zum Beispiel für den Seelachs fest oder für den Blauen Wittling, der eine kommerziell extrem wichtige Art für die Nordseefischerei ist. Der wird für Fischmehl und Fischöl verwendet. Diese Arten ziehen sich alle nach Norden zurück. Es gibt eine Untersuchung zu 60 Fischarten in der Nordsee und da wurde festgestellt, dass die Hälfte aller Arten, die in der Nordsee vorkommen, oder die in dieser Untersuchung waren, sozusagen vor dem warmen Wasser geflüchtet sind."
Einwanderung mediterraner Arten in die Nordsee
Kälteliebende Klimaflüchtlinge ziehen sich aus der südlichen Nordsee zurück nach Norden. Dafür wandern mediterrane Arten ein. Sardinen und Sardellen, Meeräschen und Wolfsbarsche, Rotbarben und Streifenbarben, Tintenfische, Thunfische und viele andere mehr. Die Frage ist, ob diese Meeresbewohner aus vorwiegend wärmeren Gefilden den Fortzug kälteliebender Speisefische kompensieren können? Und wie sich dieser tiefgreifende Wandel auf die künftige Vergabe der Fangquoten auswirken wird? Dieses System, davon ist der Fischereibiologe Gerd Kraus überzeugt, müsse jetzt von Grund auf reformiert werden:
"Die Verteilung der Quoten in Europa basiert auf einem historischen Schlüssel, der in den siebziger, achtziger Jahren festgelegt wurde. Mittlerweile haben sich ja gerade durch die klimatischen Bedingungen die Verbreitungsgebiete vieler Fischarten geändert. Und man müsste jetzt tatsächlich berücksichtigen, dass neue Länder mit in die Quotenverteilung aufgenommen werden müssen aus den Gewässern, wo vorher die Fische gar nicht unterwegs waren."
"Die Verteilung der Quoten in Europa basiert auf einem historischen Schlüssel, der in den siebziger, achtziger Jahren festgelegt wurde. Mittlerweile haben sich ja gerade durch die klimatischen Bedingungen die Verbreitungsgebiete vieler Fischarten geändert. Und man müsste jetzt tatsächlich berücksichtigen, dass neue Länder mit in die Quotenverteilung aufgenommen werden müssen aus den Gewässern, wo vorher die Fische gar nicht unterwegs waren."
Gerd Kraus leitet das Thünen-Institut für Seefischerei in Bremerhaven. Das Fischerei-Management im Nordatlantik und seinen Randmeeren wie der Nordsee jetzt neu auszuhandeln, sei unerlässlich - und dies nicht nur wegen des Klimawandels!
"Das war politisch immer eine sehr, sehr schwierige Gemengelage, die man versucht hat zu vermeiden. Und jetzt kommt der Brexit! In dem Moment, wo UK aus dem europäischen Quotenverteilungssystem ausbricht, ist Europa in der Pflicht, die Verteilung der Fangquoten neu auszuhandeln. Denn es fallen sehr interessante Fangoptionen für europäische Flotten in den Gewässern des Vereinigten Königreiches zukünftig aus möglicherweise. Und insofern ist der Brexit jetzt sozusagen der Stein, der das Quotenverteilungssystem ins Rollen bringt, was aus unserer biologischen Sicht heraus gut ist, denn die Verteilung der Fischbestände haben sich massiv geändert und es wird eigentlich Zeit, dass man das System noch mal neu aufrollt."
Und das wird dann auch die deutsche Hochseefischerei betreffen. Die ist im Vergleich zur britischen oder norwegischen Flotte relativ klein, gleichwohl sehr lukrativ. Und zu den Hauptfanggebieten zählen ausgerechnet schottische Gewässer. Gerd Kraus:
"Achtzig Prozent der Heringsfänge in der Nordsee werden in den Gewässern des Vereinigten Königreiches getätigt; sechzig Prozent der Makrelenfänge stammen aus den Gewässern. Und das sind also schon wirklich Dimensionen, die die Fischer in anderen Regionen nicht mehr kompensieren können. Und es sind gerade diese Schwarmfischarten, die in der Hochseefischerei sehr intensiv genutzt werden und die dann mehr oder weniger komplett wegfallen könnten."
"Das war politisch immer eine sehr, sehr schwierige Gemengelage, die man versucht hat zu vermeiden. Und jetzt kommt der Brexit! In dem Moment, wo UK aus dem europäischen Quotenverteilungssystem ausbricht, ist Europa in der Pflicht, die Verteilung der Fangquoten neu auszuhandeln. Denn es fallen sehr interessante Fangoptionen für europäische Flotten in den Gewässern des Vereinigten Königreiches zukünftig aus möglicherweise. Und insofern ist der Brexit jetzt sozusagen der Stein, der das Quotenverteilungssystem ins Rollen bringt, was aus unserer biologischen Sicht heraus gut ist, denn die Verteilung der Fischbestände haben sich massiv geändert und es wird eigentlich Zeit, dass man das System noch mal neu aufrollt."
Und das wird dann auch die deutsche Hochseefischerei betreffen. Die ist im Vergleich zur britischen oder norwegischen Flotte relativ klein, gleichwohl sehr lukrativ. Und zu den Hauptfanggebieten zählen ausgerechnet schottische Gewässer. Gerd Kraus:
"Achtzig Prozent der Heringsfänge in der Nordsee werden in den Gewässern des Vereinigten Königreiches getätigt; sechzig Prozent der Makrelenfänge stammen aus den Gewässern. Und das sind also schon wirklich Dimensionen, die die Fischer in anderen Regionen nicht mehr kompensieren können. Und es sind gerade diese Schwarmfischarten, die in der Hochseefischerei sehr intensiv genutzt werden und die dann mehr oder weniger komplett wegfallen könnten."
Immer weniger Makrelen in der Nordsee
Zumal auch Makrelen und Heringe zu den Klimaflüchtlingen zählen. Vor allem die Makrele in der Nordsee hat sich von den Beutezügen der Fischer in den 1970er Jahren nicht mehr erholen können. Es gibt zwar noch Makrelen in der Nordsee, vor allem nördlich von Schottland, doch ziehen die großen Schwärme im Sommer mittlerweile in die kalten Gewässer vor Island und Grönland.
Widersprüchlich ist die Lage beim Hering in der Nordsee. Obwohl der Bestand seit über zwanzig Jahren im grünen Bereich ist, es ihm also relativ gut geht, wachsen in den meisten Jahren nur noch wenige Jungheringe heran. Dies könnte nach Ansicht von Christopher Zimmermann durchaus eine Folge des Klimawandels sein:
"Wir nehmen an, dass es eine direkte Abhängigkeit mit dem Klima gibt. Also irgendein Parameter wie Wassertemperatur oder Wasserdichte hat einen Einfluss auf die Nahrung der Jungtiere. Und die Jungtiere, die in üblicher Anzahl aus den Eiern schlüpfen, verhungern dann offensichtlich oder erreichen nicht den Status, den Stand der erwachsenen Tiere."
Christopher Zimmermann leitet das Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock. Während Jungheringe in ihren klassischen Kinderstuben vor der deutschen und dänischen Küste wiederholt hungern müssen, beobachtet der Fischereiforscher verstärkt Sardinen und Sardellen, die vor allem über den englischen Kanal in die Nordsee einwandern. Es sei davon auszugehen, dass dieser seit vielen Jahren beobachtete Trend anhalten wird:
"Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass wir einen Fleck südlich Helgolands haben, wo wir regelmäßig große Sardellen finden, die sogar laichreif sind, sich da also offensichtlich vermehren. Also, es ist zu erwarten, dass eher südliche Arten - und zu denen zählen Sardinen und Sardellen eindeutig - ihre Verbreitungsgrenze weiter nach Norden verschieben, und die eher Kälte liebenden Arten, zu denen auch der Hering gehört, die südliche Verbreitungsgrenze auch nach Norden verschieben. Das wäre absolut zu erwarten."
Christopher Zimmermann leitet das Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock. Während Jungheringe in ihren klassischen Kinderstuben vor der deutschen und dänischen Küste wiederholt hungern müssen, beobachtet der Fischereiforscher verstärkt Sardinen und Sardellen, die vor allem über den englischen Kanal in die Nordsee einwandern. Es sei davon auszugehen, dass dieser seit vielen Jahren beobachtete Trend anhalten wird:
"Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass wir einen Fleck südlich Helgolands haben, wo wir regelmäßig große Sardellen finden, die sogar laichreif sind, sich da also offensichtlich vermehren. Also, es ist zu erwarten, dass eher südliche Arten - und zu denen zählen Sardinen und Sardellen eindeutig - ihre Verbreitungsgrenze weiter nach Norden verschieben, und die eher Kälte liebenden Arten, zu denen auch der Hering gehört, die südliche Verbreitungsgrenze auch nach Norden verschieben. Das wäre absolut zu erwarten."
Inzwischen werden in der südlichen Nordsee Sardinen und Sardellen bereits gezielt befischt, zudem finden sie sich immer häufiger als Beifang in den Netzen der Krabbenfischer - ebenso wie Tintenfische, die Kalmare:
"Verschiedene Kalmar-Arten sind auch in der Nordsee in den letzten Jahren deutlich mehr geworden. Wir haben eigentlich bei fast allen Kalmar-Arten, die überhaupt in dieser Region verbreitet sind, deutliche Zunahmen über die letzten zehn Jahre zu verzeichnen und gerade das letzte Jahr - das ist vielleicht mal so ein bisschen anekdotisch mal angemerkt - da haben wir also wirklich im Wattenmeer, in der flachen Nordsee, in der südlichen Nordsee richtig, voll ausgewachsene große Kalmare gefangen, und die werden so in ausgewachsener Größe schon 15, 20 Zentimeter lang. Und das sind die, die dann die Calamariringe bilden, wenn man sie fängt und entsprechend vermarktet.
"Verschiedene Kalmar-Arten sind auch in der Nordsee in den letzten Jahren deutlich mehr geworden. Wir haben eigentlich bei fast allen Kalmar-Arten, die überhaupt in dieser Region verbreitet sind, deutliche Zunahmen über die letzten zehn Jahre zu verzeichnen und gerade das letzte Jahr - das ist vielleicht mal so ein bisschen anekdotisch mal angemerkt - da haben wir also wirklich im Wattenmeer, in der flachen Nordsee, in der südlichen Nordsee richtig, voll ausgewachsene große Kalmare gefangen, und die werden so in ausgewachsener Größe schon 15, 20 Zentimeter lang. Und das sind die, die dann die Calamariringe bilden, wenn man sie fängt und entsprechend vermarktet.
Mediterrane Barbenarten als neue Vermarktungsperspektiven
Neue Perspektiven zur Vermarktung an der Nordseeküste bilden auch mediterrane Barbenarten, vor allem die etwa dreißig Zentimeter langen Streifenbarben und Rotbarben:
"Gerade die Streifenbarbe hat sich in der Nordsee mittlerweile auch fest etabliert; Streifenbarbe kennt man aus der mediterranen Küche; wirklich ein sehr sehr schmackhafter Speisefisch. Und wir haben Anfang der 1990er Jahre die ersten Nachweise in der Nordsee gehabt, und wir haben mittlerweile eine Verbreitung, die sich über die gesamten Küstenregionen der Nordsee erstreckt. Insbesondere die Küste des Vereinigten Königreichs, weil sie die steinigen Küsten vor Schottland besonders lieben. Und das ist ein sehr geeigneter Lebensraum. Aber wir finden sie auch direkt bei uns im Wattenmeer mittlerweile über die ganze Nordsee verbreitet."
All diese eigentlich in südlichen Gefilden beheimateten Meeresbewohner waren in der südlichen Nordsee immer wieder nur als sporadische Gäste anzutreffen. Um sich jedoch hier dauerhaft zu etablieren, reicht wärmeres Wasser allein nicht aus.
"Der wichtigste Punkt eigentlich für die ökologischen Folgen des Klimawandels ist nicht die generelle Erhöhung der Temperatur, sondern wichtig ist vor allen Dingen der Ausfall, der für diese Region der südöstlichen Nordsee früher eigentlich typischen, extrem kalten Winter. "
"Gerade die Streifenbarbe hat sich in der Nordsee mittlerweile auch fest etabliert; Streifenbarbe kennt man aus der mediterranen Küche; wirklich ein sehr sehr schmackhafter Speisefisch. Und wir haben Anfang der 1990er Jahre die ersten Nachweise in der Nordsee gehabt, und wir haben mittlerweile eine Verbreitung, die sich über die gesamten Küstenregionen der Nordsee erstreckt. Insbesondere die Küste des Vereinigten Königreichs, weil sie die steinigen Küsten vor Schottland besonders lieben. Und das ist ein sehr geeigneter Lebensraum. Aber wir finden sie auch direkt bei uns im Wattenmeer mittlerweile über die ganze Nordsee verbreitet."
All diese eigentlich in südlichen Gefilden beheimateten Meeresbewohner waren in der südlichen Nordsee immer wieder nur als sporadische Gäste anzutreffen. Um sich jedoch hier dauerhaft zu etablieren, reicht wärmeres Wasser allein nicht aus.
"Der wichtigste Punkt eigentlich für die ökologischen Folgen des Klimawandels ist nicht die generelle Erhöhung der Temperatur, sondern wichtig ist vor allen Dingen der Ausfall, der für diese Region der südöstlichen Nordsee früher eigentlich typischen, extrem kalten Winter. "
Der Meeresökologe Heinz-Dieter Franke hat am Alfred-Wegener-Institut auf Helgoland über viele Jahrzehnte hinweg den Klimawandel in der südlichen Nordsee dokumentiert.
"Wir haben eigentlich bis in die 40er Jahre, 1940er Jahre, hinein so etwa alle neun bis zehn Jahre einen Eiswinter gehabt, wo um die Insel herum das Meerwasser gefror, wenn die Wassertemperatur minus 1,4 Grad etwa betrug. Letztmalig, dass solch ein Eis hier um Helgoland beobachtet wurde, war 1963 der kontinentale Einfluss. Diese kalten Winter fallen hier aus. Und es waren vor allem diese kalten Winter, die bisher dafür gesorgt haben, dass viele eher südliche Arten aus dem Gebiet fern gehalten wurden."
Südliche Arten aus mediterranen Gefilden sind nicht die Sache von John Much, zumindest heute nicht. Der Zwei-Meter Hüne ist am frühen Morgen von seiner Fangfahrt in der Ostsee zurückgekehrt und steht jetzt an der Pier in Heiligenhafen. Auf seiner Stella Polaris ist Aufräumen angesagt. Sein Fang liegt längst unter Eis im Kühl-Lkw, Flundern und Schollen vor allem, aber auch Dorsche. Diesem Edelfisch geht es rund um Fehmarn noch ganz gut. Der sehr große 2016er Jahrgang trägt bislang die Fischerei. Doch ein Ende ist abzusehen, die Folgejahrgänge seien wieder schlechter, sagen die Forscher. Für John Much nichts Neues:
"Aus meiner dreißigjährigen Erfahrung kann ich Ihnen sagen, das ist schon immer so gewesen: Es gibt gute Jahrgänge, es gibt sehr gute Jahrgänge, es gibt grottenschlechte Jahrgänge. Problem ist natürlich schon ein bisschen, dass sich durch den sich andeutenden Klimawandel da einiges geändert hat. Das merken wir also auch schon."
Vor allem die Fangzeiten haben sich für John Much geändert. Früher konnte er bereits im Herbst auf Dorschfang gehen. Jetzt muss er warten und hoffen, dass es zumindest ab Januar, Februar endlich kälter wird:
"Der Fisch, der ist auch sehr vom Wetter oder von den Temperaturen abhängig. Das heißt, wenn das kalt wird, dann geht er ins tiefe Wasser, wird dann für uns fangbar. Und im Moment ist es halt noch sehr warm. Also, das was man früher hatte, vor zwanzig Jahren noch so im Oktober schon mal den ersten Schnee oder so, da sind wir weit davon entfernt. Und das war für den immer so ein Zeichen, dann ins tiefe Wasser zu gehen; und der verharrt im Moment so ein bisschen unter der Küste, weil es halt noch sehr warm ist. Also, hat ja kein Kalender der Fisch. Also der richtet sich dann eher so nach den Temperaturen und das merkt man schon. Die Winter in den letzten zwanzig Jahren, die sind schon sehr mild."
Thunfisch bald wieder in großen Mengen in der Nordsee?
John Much fischt auch in der Nordsee, geht dort zum Beispiel auf Krabben und hat dabei auch Sardinen und kleine Tintenfische als Beifang in den Netzen. Und er tuckert auch in die satten Fanggründe im Kattegat, also zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden - da gibt es noch Kabeljau satt.
"Also, man kann sehen, wie er sich in den letzten zwanzig Jahren immer Stück für Stück weiter in den Norden zurückgezogen hat. Also, wenn Sie vor Norwegen fischen, da gibt's noch Kabeljau genug. Und je weiter Sie nach Süden kommen, desto weniger wird es, bis fast gar nichts mehr. Dafür haben Sie mittlerweile in der südlichen Nordsee Mittelmeerarten: Sardinen kommen, Thunfisch ist schon wieder gesichtet worden, ansonsten sind halt viele Meerbarben, Rotbarben und solche Geschichten, das was man früher gar nicht hatte. Das wird halt immer mehr. Also, die nehmen sozusagen den Platz jetzt für den Kabeljau ein."
Gleiches gilt für den Thunfisch, der jedoch streng genommen ein Rückkehrer ist. Noch in den 1950er Jahren haben deutsche Fischer in großen Mengen Thunfisch aus der Nordsee gezogen, und es mehren sich Anzeichen, dass dies bald wieder der Fall sein könnte.
"Thunfisch ist auch schon wieder gesichtet worden. Wir haben auch schon von der Deutschen BLE, das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung, also die für die Quotenverteilung zuständig sind, die haben uns auch schon darauf aufmerksam gemacht. Wir mögen doch bitte, wenn wir denn Thunfisch fangen, den möglichst auch anlanden und anmelden. Falls es dann irgendwann mal zur Quotierung kommt, dass Deutschland auch den Finger heben kann und kann sagen: Wir haben auch Thunfisch gefangen, wir möchten gerne auch Thunfischquote haben."
"Also, man kann sehen, wie er sich in den letzten zwanzig Jahren immer Stück für Stück weiter in den Norden zurückgezogen hat. Also, wenn Sie vor Norwegen fischen, da gibt's noch Kabeljau genug. Und je weiter Sie nach Süden kommen, desto weniger wird es, bis fast gar nichts mehr. Dafür haben Sie mittlerweile in der südlichen Nordsee Mittelmeerarten: Sardinen kommen, Thunfisch ist schon wieder gesichtet worden, ansonsten sind halt viele Meerbarben, Rotbarben und solche Geschichten, das was man früher gar nicht hatte. Das wird halt immer mehr. Also, die nehmen sozusagen den Platz jetzt für den Kabeljau ein."
Gleiches gilt für den Thunfisch, der jedoch streng genommen ein Rückkehrer ist. Noch in den 1950er Jahren haben deutsche Fischer in großen Mengen Thunfisch aus der Nordsee gezogen, und es mehren sich Anzeichen, dass dies bald wieder der Fall sein könnte.
"Thunfisch ist auch schon wieder gesichtet worden. Wir haben auch schon von der Deutschen BLE, das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung, also die für die Quotenverteilung zuständig sind, die haben uns auch schon darauf aufmerksam gemacht. Wir mögen doch bitte, wenn wir denn Thunfisch fangen, den möglichst auch anlanden und anmelden. Falls es dann irgendwann mal zur Quotierung kommt, dass Deutschland auch den Finger heben kann und kann sagen: Wir haben auch Thunfisch gefangen, wir möchten gerne auch Thunfischquote haben."
Am Thünen-Institut für Seefischerei in Bremerhaven registriert Fischereibiologe Gerd Kraus das Comeback des Thunfischs mit großem Interesse, zumal es genau jene Art ist, für die bei Auktionen auf Fischmärkten Höchstpreise gezahlt werden.
"Der Blauflossenthun, das ist tatsächlich derjenige, der in Japan der teure Thunfisch für das Sushi ist. Und man findet ihn jetzt zunehmend hauptsächlich in der nördlichen Nordsee, also in der tiefen Norwegischen Rinne wird der zusehends angetroffen und erste Nationen überlegen, Fischerei auf diese Art zu etablieren. Im Moment sind es nur Beifänge in anderen Fischereien. Das heißt, wir wissen aber auch noch nicht so genau in welchen Mengen sind diese Fische jetzt dort vor Ort?"
Es zappeln zwar meist nur einzelne Thunfische in den Netzen, aber dafür ausgewachsene Tiere von bis zu zwei Metern Länge. Warum der Rote Thun - wie er wegen seines Fleisches auch genannt wird - zurückgekehrt ist, wird noch untersucht. Bekannt sind die historischen Wanderwege. Aus dem Mittelmeer zieht er durch die Straße von Gibraltar in den Atlantik, dann Richtung Norden, mit dem Golfstrom an den Britischen Inseln vorbei vor die norwegische Küste und in die Nordsee. Offenbar scheint die Fischerei im Mittelmeer weniger intensiv zu sein als noch vor ein paar Jahren. Gerd Kraus:
"Ein geringerer Fischereidruck hat dazu geführt. Insbesondere auch die Fischerei an der nordafrikanischen Küste im Mittelmeer. Das ist der gleiche Bestand, ist aufgrund der politischen Entwicklungen dort geringer ausgefallen in den letzten Jahren. So hat das insgesamt zu einer Situation geführt, wo der Fischereidruck insgesamt niedriger geworden ist, und das führt zu einer Erholung zusammen mit günstigen Umweltbedingungen."
Bisher gibt es in der Nordsee noch keine Fangquoten für Blauflossenthune, Sardinen, Sardellen und all die anderen mediterranen Zuwanderer, insofern dürfe jeder erst mal fischen, was er will und kann, sagt Christopher Zimmermann vom Thünen-Institut für Ostseefischerei:
"Theoretisch kann jede Nation, die möchte, mit den zugelassenen Fangeräten fischen, was immer sie möchte und das auch anlanden und vermarkten. Das heißt, jeder, inklusive die Spanier zum Beispiel, die keine Fischereirechte sonst in der Nordsee haben auf quotierte Arten, könnten diesen Arten nachstellen. Das ist theoretisch denkbar, wobei natürlich die deutsche Fischerei das gleiche Recht hätte an dieser neuen Fischerei zu partizipieren wie die südlichen europäischen Mitgliedsländer. Da gäbe es also keinen Vorrang für die Spanier und die Franzosen, nur weil sie immer schon südliche Fischarten gefischt hätten. Es gibt nur eben auch keinen Vorrang für die Dänen und Schotten und Deutschen, nur weil sie zufällig an diesem Gebiet wohnen."
"Der Blauflossenthun, das ist tatsächlich derjenige, der in Japan der teure Thunfisch für das Sushi ist. Und man findet ihn jetzt zunehmend hauptsächlich in der nördlichen Nordsee, also in der tiefen Norwegischen Rinne wird der zusehends angetroffen und erste Nationen überlegen, Fischerei auf diese Art zu etablieren. Im Moment sind es nur Beifänge in anderen Fischereien. Das heißt, wir wissen aber auch noch nicht so genau in welchen Mengen sind diese Fische jetzt dort vor Ort?"
Es zappeln zwar meist nur einzelne Thunfische in den Netzen, aber dafür ausgewachsene Tiere von bis zu zwei Metern Länge. Warum der Rote Thun - wie er wegen seines Fleisches auch genannt wird - zurückgekehrt ist, wird noch untersucht. Bekannt sind die historischen Wanderwege. Aus dem Mittelmeer zieht er durch die Straße von Gibraltar in den Atlantik, dann Richtung Norden, mit dem Golfstrom an den Britischen Inseln vorbei vor die norwegische Küste und in die Nordsee. Offenbar scheint die Fischerei im Mittelmeer weniger intensiv zu sein als noch vor ein paar Jahren. Gerd Kraus:
"Ein geringerer Fischereidruck hat dazu geführt. Insbesondere auch die Fischerei an der nordafrikanischen Küste im Mittelmeer. Das ist der gleiche Bestand, ist aufgrund der politischen Entwicklungen dort geringer ausgefallen in den letzten Jahren. So hat das insgesamt zu einer Situation geführt, wo der Fischereidruck insgesamt niedriger geworden ist, und das führt zu einer Erholung zusammen mit günstigen Umweltbedingungen."
Bisher gibt es in der Nordsee noch keine Fangquoten für Blauflossenthune, Sardinen, Sardellen und all die anderen mediterranen Zuwanderer, insofern dürfe jeder erst mal fischen, was er will und kann, sagt Christopher Zimmermann vom Thünen-Institut für Ostseefischerei:
"Theoretisch kann jede Nation, die möchte, mit den zugelassenen Fangeräten fischen, was immer sie möchte und das auch anlanden und vermarkten. Das heißt, jeder, inklusive die Spanier zum Beispiel, die keine Fischereirechte sonst in der Nordsee haben auf quotierte Arten, könnten diesen Arten nachstellen. Das ist theoretisch denkbar, wobei natürlich die deutsche Fischerei das gleiche Recht hätte an dieser neuen Fischerei zu partizipieren wie die südlichen europäischen Mitgliedsländer. Da gäbe es also keinen Vorrang für die Spanier und die Franzosen, nur weil sie immer schon südliche Fischarten gefischt hätten. Es gibt nur eben auch keinen Vorrang für die Dänen und Schotten und Deutschen, nur weil sie zufällig an diesem Gebiet wohnen."
Strenge Regulierung für Blauflossenthun gefordert
Dies wird sich jedoch spätestens dann ändern, wenn es darum geht, die Fangquoten festzulegen. Gerade der Fang des äußerst begehrten Blauflossenthuns müsse streng reguliert werden, damit seine Rückkehr auch von Dauer ist. Gerd Kraus vom Thünen-Institut für Seefischerei in Bremerhaven:
"Die Fangquoten werden verteilt anhand der dokumentierten Fänge. Das heißt, man schaut sich an, welche Nationen haben überhaupt diese Tiere gefangen, wenn neue Fangquoten etabliert werden. Und die relative Verteilung dient dann als Maß für die Zuteilung von Fangquoten an die Nationen. Das heißt, wer nicht aufschreibt, dokumentiert nicht, dass er Thunfisch gefangen hat. Dann bekommt er von dem kommenden Kuchen auch nichts ab."
Als Folge des Brexits muss dieser Kuchen ohnehin neu aufgeteilt werden. Die Europäische Union wird sich dabei mit vielen Drittstaaten an den Verhandlungstisch setzen müssen. Mit Island zum Beispiel, wenn es um die fortgezogenen Makrelen im Nordwestatlantik geht. Und mit Norwegen und Großbritannien, wenn die Nordsee das Thema ist. Gerd Kraus.
"Wenn man sich mal anschaut wie groß der verbleibende EU-Anteil an der Nordsee ist, wenn man Norwegen und UK. abzieht, dann ist das ganz schön gering. Das heißt, die Verhandlungsposition von Europa in neuen Fischereiverhandlungen mit neuen Drittstaaten, die ist extrem schwach. So, dann kommen wir zum springenden Punkt: UK ist aber auf den europäischen Markt angewiesen."
Dies vor allem deshalb, weil die Briten den vielen Fisch, den sie künftig in Eigenregie in heimischen Gewässern fangen, gar nicht vollständig verarbeiten könnten. Es fehlen Konservenfabriken und Veredlungsbetriebe. Und die stehen vor allem auf dem Kontinent.
"Die andere Sache ist aber natürlich, dass sie den Fisch auch nicht selber essen können. Sie müssen ihn irgendwo verkaufen. Und Europa nimmt ein Großteil der Fischprodukte aus U.K. auf. Das heißt, UK. ist auf den europäischen Markt angewiesen und wird auch auf den europäischen Markt weiterhin angewiesen bleiben. Und das ist sozusagen der Verhandlungshebel, den Europa hat, wenn es jetzt um das neue Aushandeln der Fangrechte zwischen dem Vereinigten Königreich und Europa geht."
Thunfisch statt Kabeljau, Sardinen und Sardellen statt Hering und Makrele. Bleibt die Frage, ob sich die Nordseefischer als Gewinner des Klimawandels fühlen dürfen? - Keinesfalls, urteilen die Fischereiforscher. Die Fänge der Neuankömmlinge seien noch zu sporadisch, um etwa die klimabedingten Verluste auch nur annähernd auszugleichen. An Sardinen und Sardellen zum Beispiel fangen die Fischer in der südlichen Nordsee im Jahr gerade mal 50 Tonnen. Verglichen mit den noch knapp 400.000 Tonnen Nordsee-Hering ist das kaum von Bedeutung.
Die Aade tuckert zwischen Düne und Felseninsel zurück in den kleinen Hafen von Helgoland. An Bord sind viele Wasserproben. Die Forscher haben die Erkenntnis gewonnen, dass der Klimawandel die Nordsee längst erfasst hat. Ein besonders markantes Zeichen dafür ist nach Ansicht von Arne Malzahn der "Loup de mer", der Wolfsbarsch, ein klassischer Edelfisch von besonderer Güte, etwa in der französischen Küche.
"Der Wolfsbarsch ist auch ein sehr hochwertiger Speisefisch, und den Wolfsbarsch finden wir an der deutschen Küste auch gehäuft. Also, in der Zwischenzeit gibt es eine vitale Angelfischerei zumindest schon mal auf den Wolfsbarsch. Auch das ist eine Sache, die sich wahrscheinlich entwickeln wird."
"Die Fangquoten werden verteilt anhand der dokumentierten Fänge. Das heißt, man schaut sich an, welche Nationen haben überhaupt diese Tiere gefangen, wenn neue Fangquoten etabliert werden. Und die relative Verteilung dient dann als Maß für die Zuteilung von Fangquoten an die Nationen. Das heißt, wer nicht aufschreibt, dokumentiert nicht, dass er Thunfisch gefangen hat. Dann bekommt er von dem kommenden Kuchen auch nichts ab."
Als Folge des Brexits muss dieser Kuchen ohnehin neu aufgeteilt werden. Die Europäische Union wird sich dabei mit vielen Drittstaaten an den Verhandlungstisch setzen müssen. Mit Island zum Beispiel, wenn es um die fortgezogenen Makrelen im Nordwestatlantik geht. Und mit Norwegen und Großbritannien, wenn die Nordsee das Thema ist. Gerd Kraus.
"Wenn man sich mal anschaut wie groß der verbleibende EU-Anteil an der Nordsee ist, wenn man Norwegen und UK. abzieht, dann ist das ganz schön gering. Das heißt, die Verhandlungsposition von Europa in neuen Fischereiverhandlungen mit neuen Drittstaaten, die ist extrem schwach. So, dann kommen wir zum springenden Punkt: UK ist aber auf den europäischen Markt angewiesen."
Dies vor allem deshalb, weil die Briten den vielen Fisch, den sie künftig in Eigenregie in heimischen Gewässern fangen, gar nicht vollständig verarbeiten könnten. Es fehlen Konservenfabriken und Veredlungsbetriebe. Und die stehen vor allem auf dem Kontinent.
"Die andere Sache ist aber natürlich, dass sie den Fisch auch nicht selber essen können. Sie müssen ihn irgendwo verkaufen. Und Europa nimmt ein Großteil der Fischprodukte aus U.K. auf. Das heißt, UK. ist auf den europäischen Markt angewiesen und wird auch auf den europäischen Markt weiterhin angewiesen bleiben. Und das ist sozusagen der Verhandlungshebel, den Europa hat, wenn es jetzt um das neue Aushandeln der Fangrechte zwischen dem Vereinigten Königreich und Europa geht."
Thunfisch statt Kabeljau, Sardinen und Sardellen statt Hering und Makrele. Bleibt die Frage, ob sich die Nordseefischer als Gewinner des Klimawandels fühlen dürfen? - Keinesfalls, urteilen die Fischereiforscher. Die Fänge der Neuankömmlinge seien noch zu sporadisch, um etwa die klimabedingten Verluste auch nur annähernd auszugleichen. An Sardinen und Sardellen zum Beispiel fangen die Fischer in der südlichen Nordsee im Jahr gerade mal 50 Tonnen. Verglichen mit den noch knapp 400.000 Tonnen Nordsee-Hering ist das kaum von Bedeutung.
Die Aade tuckert zwischen Düne und Felseninsel zurück in den kleinen Hafen von Helgoland. An Bord sind viele Wasserproben. Die Forscher haben die Erkenntnis gewonnen, dass der Klimawandel die Nordsee längst erfasst hat. Ein besonders markantes Zeichen dafür ist nach Ansicht von Arne Malzahn der "Loup de mer", der Wolfsbarsch, ein klassischer Edelfisch von besonderer Güte, etwa in der französischen Küche.
"Der Wolfsbarsch ist auch ein sehr hochwertiger Speisefisch, und den Wolfsbarsch finden wir an der deutschen Küste auch gehäuft. Also, in der Zwischenzeit gibt es eine vitale Angelfischerei zumindest schon mal auf den Wolfsbarsch. Auch das ist eine Sache, die sich wahrscheinlich entwickeln wird."