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Tiefe Einblicke durch die ''Röhre''

Technik. - In den vergangenen Jahrzehnten gewann die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) ein immer breiteres Spektrum an Anwendungen. Während röntgenologische Verfahren vor allem harte Strukturen wie Knochen und Gelenke detailliert abbilden, ermöglicht die MRT differenzierte Einblicke in Weichteile und Organe und kann selbst Vorgänge darin – etwa aktive Hirnareale – verfolgen. Heute ist die MRT als nicht invasives, diagnostisches Verfahren fester Bestandteil der Radiologieabteilung fast jeder Klinik hierzulande.

Von Frank Grotelüschen |
    Sie müssen sich jetzt bitte einmal auf den Tisch legen, mit dem Kopf nach oben auf das Kissen, mit den Füßen nach unten.

    Das UKE, das Universitätskrankenhaus Eppendorf in Hamburg. Eine Untersuchung steht bevor, und Assistenzärztin Ulrike Wedegärtner erklärt ihrem Patienten, was auf ihn zukommt.

    Dann gebe ich Ihnen noch diese Kopfhörer. Wenn das Gerät gleich läuft, dann ist das relativ laut, dass Sie die Lautstärke nicht so merken. Und über den Kopfhörer können Sie auch Musik hören.

    Die beiden stehen vor einem mannshohen Klotz mit einer Öffnung – eine enge Röhre, in die der Patient auf der Liege gleich hinein muss.

    Und als zweites bekommen Sie diese Klingel in die Hand. Das ist eine Notfallklingel. Wenn Sie Platzangst haben, müssen Sie klingeln. Dann kommen wir sofort rein und fahren Sie raus und fragen, was los ist.

    Die Hightech-Röhre ist ein Kernspintomograph, auch Magnetresonanztomograph genannt. Er erlaubt einen dreidimensionalen Blick in das Innere des Körpers. Und zwar äußerst schonend, ohne jede Belastung durch Röntgenstrahlung. Das Gerät basiert auf einem besonderen physikalischen Phänomen, der kernmagnetischen Resonanz. Der Name allein sagt schon einiges: Es geht um Atomkerne, um Magnetismus und um ein Resonanzphänomen, erklärt Assistenzarzt Alexander Stork.

    Der Körper besteht ja zu einem großen Prozentsatz aus Wasser. In diesem Wasser sind Wasserstoff-Protonen. Wasserstoff-Protonen drehen sich um die eigene Achse und fungieren deshalb als kleine Stabmagneten. Wenn ich meinen Körper in ein äußeres Magnetfeld lege, dann richten sich diese kleinen Stabmagneten in Richtung dieses äußeren Magnetfeldes aus.

    Das Herzstück des Tomographen ist ein starker Magnet, sagt Stork. Um die Protonen ausrichten zu können, muss der Magnet möglichst dicht am Patienten sein - deshalb die enge Röhre. Dann schickt die Maschine einen kurzen Radiowellenimpuls in den Körper. Ähnlich wie ein kleiner Schubs den Spielzeugkreisel herumeiern lässt, stupst der Radioimpuls die Protonen an und bringt sie zum Torkeln. Ein Resonanzeffekt, wie der Fachmann sagt.

    Und wenn ich diesen Impuls wieder wegnehme, schwingen die Wasserstoff-Protonen zurück. Ich kann dann messen, wie schnell die Dinger zurück schwingen und kann bestimmte Kontrastunterschiede zwischen den einzelnen Geweben herausarbeiten.

    Im Grunde misst das Gerät die Flüssigkeitsverteilung im Körper. Und da das Wasser in den verschiedenen Organen unterschiedlich verteilt ist, lassen sich die Organe auf dem Bild des Magnetresonanztomographen mehr oder minder deutlich voneinander unterscheiden. Verwechseln sollte man ihn übrigens nicht mit dem Computertomographen. Der hat zwar auch eine Röhre, funktioniert aber mit Röntgenstrahlen, nimmt also dreidimensionale Röntgenbilder aus dem Körperinneren auf.

    Die Tür geht zu, die Vorbereitungen sind beendet. Der Patient liegt in der Röhre, Kopfhörer auf, Musik ist an. Im Kontrollraum nebenan setzen sich die Ärzte an den Computer. Die Untersuchung kann beginnen. Professor Gerrit Krupski tippt in die Tasten, und auf dem Schirm erscheint ein Schwarzweiß-Bild. Es zeigt den Ellenbogen, zerlegt in lauter Schichten.

    Man erzeugt einen Stapel von einzelnen Schichten. Und die kann man sozusagen durchscrollen, indem man einfach entweder mit einer Maus oder mit der Tastatur einfach durchklickt und sich die Bilder hintereinander anguckt.

    Fett, Muskel und Knochen sind kaum zu sehen, um so genauer dafür die Körperteile, die viel Wasser enthalten.

    Es wird eigentlich alles dunkel bis auf Flüssigkeit. Und je mehr Flüssigkeit irgendwo ist, desto heller leuchtet das. Und dementsprechend kann man Veränderungen, Frakturen, Tumoren, die per se immer viel Flüssigkeit enthalten, sehr sensitiv erkennen.

    Ein kurzer Blick genügt, und Krupski erkennt:

    Der junge Mann hat nichts.

    Gute Nachrichten also. Doch angenehm war sie für unseren Patienten nicht gerade, die Kernspintomographie.

    Man muss sagen, wenn man drin liegt, ist es sehr, sehr laut. Man liegt in so einer engen Röhre drin. Das ist sicherlich für einige belastend, wenn sie unter Platzangst leiden. Für mich war das erträglich. Alles in allem ist es durchaus aushaltbar.