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Tiermast in den USA
Unappetitliche Massenschweinehaltung

Der US-Konzern Smithfield Foods ist der größte Schweinezüchter der Welt. Gerade hat er sich mit dem chinesischen Konkurrenten Shuanghui zusammengetan. Umweltschützer und Anwohner fürchten, dass das dreckige Geschäft unter dem Megakonzern noch schmutziger werden könnte.

Von Miriam Braun | 16.12.2013
    "Ich bin Larry Baldwin. Wir sind in New Bern, North Carolina, am Flughafen. Wir fliegen gleich über das Schweineland. Also wir werden eine Menge industrielle Zuchtanlagen sehen."
    Wenige Minuten später ist die Maschine in der Luft. Larry Baldwin überwacht im Auftrag einer Umweltorganisation die Qualität der Gewässer in der Gegend.
    Unter uns liegt "Hog-Country", wie Baldwin sagt, das Schweineland, die hügelige Landschaft North Carolinas. Andere sagen auch Smithfield Country, denn die meisten der industriellen Mastanlagen, die es hier gibt, produzieren für den US-Schweinefleisch-Konzern Smithfield Foods. Violett-pink schimmernde Seen stechen heraus aus der grünen Idylle - teilweise so groß wie Fußballfelder. Jauchelagunen, gefüllt mit Kot und Urin von Tausenden von Schweinen, die nebenan in den lang gestreckten Gebäuden der Agrarfabriken gemästet werden. Soweit das Auge reicht, blitzen deren Dächer in der Sonne. In jeder Grube so viel stinkende Fäkalien wie die einer gesamten Kleinstadt, sagt Larry Baldwin:
    "Wir entsorgen Fäkalien und Urin in riesigen Jaucheseen. Dann besprühen wir das Land damit und nennen es Dünger, obwohl es das gar nicht ist. Aber es ist ok: Wenn man ein Konzern ist wie Smithfield, darf man Wasser und Gemeinden verseuchen. Die Gesundheit der Menschen. Und Smithfield kommt damit davon. Das sollte verboten sein!"
    Ist es aber nicht, sondern in North Carolina Alltag in der industriellen Schweinemast, sagen Umweltschützer. Mit einem Jahresumsatz von 13 Milliarden Dollar ist Smithfield nicht nur der größte Schweinezüchter in North Carolina, sondern auch der ganzen Welt. Im Jahr schlachten sie so viele wie in Deutschland insgesamt gehalten werden. 58.000 Einwohner leben in Duplin County, diesem Bezirk in North Carolina - und rund zwei Millionen Schweine. Elsie Herring ist Anwohnerin. Eine der Schweinefabriken ist direkt neben ihrem Haus gebaut worden:
    "Den ganzen Tag, die ganze Nacht, 24 Stunden lang: Keiner kann dem Gestank entfliehen. Wir müssen mit dem Güllenebel, der rüberzieht auf unser Grundstück, klarkommen. Nicht zu vergessen das Ungeziefer: Stechmücken und Fliegen. Man hat wirklich keine Freiheit mehr, überall hin verfolgt einen der Gestank."
    Güllelagunen erlaubt
    Die Güllelagunen sind per Gesetz zulässig, auch dürfen die Fäkalien über Bewässerungsanlagen auf den Grundstücken der Betriebe verteilt werden, solange sie dort bleiben. Aber das ist schwer zu kontrollieren. Der rüberziehende Nebel ist für Herring allgegenwärtig, sie hat sich der Bürgerinitiative "Reach" angeschlossen. Auf einer Karte haben sie die Zuchtanlagen mit roten Punkten gekennzeichnet, viele kleben übereinander. Nicht alle diese Betriebe, aber viele arbeiten im Auftrag für Smithfield Foods.
    Hinter meterhohen Zäunen werden die Tiere zu Tausenden in Ställen ohne Fenster gehalten. Auch die Gülle-Lagunen selbst bergen Gefahren. Don Webb:
    "Ein Bauer hat mich abgeholt, weil er mir was zeigen sollte. Wir sind die Straße runter gefahren und ich schrie nur ‚stop, stop‘. Der ganze Straßengraben war vollgelaufen mit Fäkalien und Urin."
    Wieso die Fäkalien im Straßengraben gelandet waren, wurde nie geklärt. Don Webb hat versucht, den Vorfall den Umweltbehörden zu melden. Passiert sei daraufhin nicht viel. Anfang September ist der Großteil von Smithfield Foods vom chinesischen Konzern Shuanghui übernommen worden. Die Menschen in North Carolina fürchten, dass ihre Beschwerden damit bald noch weniger Gehör finden. Elsie Herring:
    "Nun, wir wissen, wie die Bedingungen momentan aussehen, sauber ist das hier nicht. Und die Chinesen sind nicht bekannt für ihre Umweltfreundlichkeit. Für uns wird sich wohl nun erst recht nichts verbessern."
    Smithfield Foods hat es - trotz mehrmaliger Anfrage - vorgezogen, keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abzugeben. Smithfield verbirgt sich hinter Dutzenden Marken und Tochtergesellschaften. Über eine Beteiligung sind seine Produkte auch unter den Marken Aoste oder Fiorucci in den europäischen Kühltheken zu finden.