Laut Arzneimittelgesetz dürfen Antibiotika nur zur Behandlung von kranken Tieren eingesetzt werden, nicht aber zur Wachstumsförderung oder zur Prophylaxe. Doch die Praxis sieht anders aus. In Mastbetrieben ist es durchaus üblich, nicht einzelne kranke Tiere zu behandeln, sondern gleich den ganzen Bestand.
Insgesamt haben im Jahr 2012 Tierärzte etwa 1600 Tonnen Antibiotika verabreicht. Ein novelliertes Arzneimittelgesetz, das am 1. April in Kraft tritt, soll den Einsatz von Antibiotika in Mastbetrieben minimieren. Neu dabei ist, dass die zuständige Veterinärbehörde genau darüber wachen soll, wie viele Behandlungen pro Betrieb anfallen. Ist ein bestimmtes Maß überschritten, muss der Tierhalter zusammen mit dem Tierarzt ein Konzept erarbeiten, um den Antibiotikaverbrauch zu senken. Falls der Tierhalter den Anordnungen nicht folgt, kann die Behörde den Betrieb sogar schließen. Das neue Gesetz fordert von den Veterinärbehörden ein hohes Maß an Fachkompetenz, erklärt Hans- Joachim Götz, Präsident des Verbandes der praktizierenden Tierärzte.
"Also man muss sehr schnell sehen, ist es eine Infektion, die von außen herein getragen wurde oder welches sind die Ursachen für die Infektion. Hygienemängel oder ist es ein Infektionsgeschehen, das flächendeckend oder regional um sich greift. Damit man die Situation in dem Betrieb dann auch richtig beurteilt und nicht einfach sagt, der verbraucht viel, also ist er ganz Schlechter. "
Die Behörde muss beurteilen, ob es an Personal fehlt, ob Hygienemaßnahmen erforderlich sind oder ob lediglich die Tierfütterung umgestellt werden muss.
"Die Behörde ist durch das Gesetz in die Pflicht genommen, und da haben wir ein bisschen die Befürchtung, dass man das fachlich nicht richtig macht und einfach Maßnahmen vorschreibt, die vom Betrieb nicht zu erfüllen sind oder die auch gar nicht notwendig wären, einfach, um etwas getan zu haben, das ist das Problem. "
Grundsätzlich sei die Gesetzesnovelle ein Schritt in die richtige Richtung, erklärt Hans-Joachim Götz. So könnten die Tierhalter künftig anhand der bundesweiten Kennzahlen die Situation in ihrem Betrieb selber besser einschätzen. Positiv sei auch, dass Ferkel und Kälber nach dem Absetzen von der Mutter sowie Hühner und Puten nach dem Schlupf unter die Meldepflicht fallen. Weniger Antibiotika in der Tiermast einsetzen und die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen minimieren, das sind die Ziele des neuen Arzneimittelgesetzes. Es sind vor allem die hochwirksamen sogenannten Reserve-Antibiotika, die bei der Bildung von Resistenzen eine Rolle spielen. Sie greifen, wenn Standardantibiotika nicht mehr wirken. Solche Antibiotika der dritten und vierten Generation würden in der Tiermast zu weniger als einem Prozent eingesetzt, erklärt der Präsident des Bundesverbandes der praktizierenden Tierärzte.
"Es geht halt darum, das Verschreibungsverhalten so zu verbessern, dass wir diese Antibiotika möglichst selten einsetzen und dass wir hier eben keine Auswirkungen auf die Humanmedizin haben. "
Studien, wie etwa durch das Wissenschaftliche Institut der AOK würden widerlegen, dass das hohe Maß an Resistenzen in der Humanmedizin direkt mit dem Antibiotikaeinsatz in der Massentierhaltung zusammenhängt. So sei fast jedes zweite Antibiotikum, das Humanmediziner in Deutschland verordnen, ein Reserveantibiotikum.