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TikTok-Boykott
K-Pop-Fans gegen Trump

Donald Trump musste seine erste Wahlkampfveranstaltung vor vielen leeren Plätzen abhalten. Auch weil K-Pop-Fans auf TikTok dazu aufgerufen hatten, nicht hinzugehen. Eine Aktion, die viel damit zu tun hat, wie K-Pop-Fans ticken - aber auch mit der Geschichte der USA, erklärte die Journalistin Anh Tran im Dlf.

Anh Tran im Gespräch mit Susanne Luerweg |
Donald Trump schaut traurig nach unten.
Geknickt fährt Donald Trump zurück von seinem schlecht besuchten Wahlkampfauftakt in Tulsa, Oklahoma (Imago / ZUMA Wire)
Donald Trumps Erwartungen waren groß: über eine Millionen Reservierungen für seine erste Wahlkampfveranstaltung am Samstag in Tulsa, Oklahama. Doch die Fernsehbilder zeigten am Ende viele leere blaue Plastikschalensitze. Und das kann womöglich mit kurzen Videos auf dem sozialen Netzwerk TikTok wie diesem hier zu tun haben:
Mobilisiert hatten unter anderem K-Pop-Fans, die bereits in der Vergangenheit mit politischen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht hatten.
Tulsa und "Juneteenth"
Stein des Anstosses war Trumps Entscheidungen für Ort und Zeit der Veranstaltung. Ursprünglich war diese nämlich auf den 19. Juni gelegt - auch als "Juneteenth" bezeichnet - auf das Datum, an dem in den USA das Ende der Sklaverei gefeiert wird. Und dann auch noch in Tulsa, der Ort, wo 1921 ein großes Massaker stattfand, bei dem ein weißer Lynchmob Schätzungen des Bundesstaates Oklahama zu Folge bis zu 300 Afroamerikanerinnen und -amerikaner ermordete.
Gerade bei der schwarzen Bevölkerung gab es also viel Unmut und Protest, als Donald Trump genau auf dieses Wochenende seine erste Massenkundgebung im Wahlkampf legte. Als dann Trumps Wahlkampfteam bekannt gab, dass man sich unter Angabe einer Telefonnummer kostenlos für diese Veranstaltung registrieren könne, begann die Mobilisierung gegen die Veranstaltung über TikTok – maßgeblich mithilfe der international vernetzten K-Pop-Fanszene.
Campaigning auf TikTok
"Politische Kampagnenarbeit auf TikTok funktioniert ein bisschen anders, als man es bisher vielleicht aus Wahlkämpfen kennt", erklärt die Journalistin Anh Tran, – alle Inhalte sind hier in ein unterhaltsames Kostüm gekleidet. Die K-Pop-Fans posteten beispielsweise Tanzvideos mit ihrer Lieblingsmusik und im Hintergrund zeigen sie ihr Ticket für die Wahlkampfveranstaltung. Oder sie erklären nebenbei, wie man sich richtig registriert.
Ein besonders wichtiger Faktor, der die Aktion begünstigt hat: die hohe Onlinevernetzung der Fanszene. Denn K-Pop-Fans verstehen sich sonst vor allem als Botschafterinnen und Botschafter ihrer Stars. Sie sind sozusagen erfahren darin, auf Inhalte aufmerksam zu machen. Sie zeichnen sich, wie Kulturwissenschaftler und Korea-Experte Sung Un Gang in einem früheren Gespräch im Dlf sagte, "durch die kollektive Identität und auch kollektive Aktionskultur aus. Das heißt, sie haben einen sehr starken Identifikationsfaktor untereinander." Diese Erfahrung nutzen sie nun auch immer häufiger für politische Inhalte. Sung Un Gang spricht hierbei auch von "kollektiver Aktionspolitik".
Das ganze Gespräch mit Sung Un Gang finde Sie hier: Aktion gegen Rassismus K-Pop-Fans unterstützen Black Lives Matter
Seit wann ist K-Pop politisch?
Wer sich jetzt vielleicht fragt, wie die K-Pop-Szene sich so plötzlich politisiert hat - so plötzlich ist das gar nicht und wer K-Pop hört, kann natürlich auch politisch sein. In der Vergangenheit ging es da unter anderem um die Aufarbeitung koreanischer Geschichte und Politik - oder eben aktuell auch um #blacklivesmatter und der Untergrabung des #whitelivesmatter mit K-Pop-Musik-Videos.
Das seien im Prinzip, so Anh Tran, Solidarisierungsaktionen einer Generation, die die Mechanismen von sozialen Netzwerken wie Instagram oder TikTok kennt und nutzt, die aber auch nicht unbeteiligt auf aktuelles Weltgeschehen schauen möchte. Die K-Pop-Fans nutzen ihre Medienkompetenzen und Vernetzung für neue, friedliche Protestformen im Kampf um Sichtbarkeit. Denn Donald Trump wusste, dass er mit dieser Veranstaltung - an diesem Datum, an diesem Ort - Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde. Aber was er nicht wusste: dass Aktivistinnen und Aktivisten ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen würden - öffentlich, für alle einsehbar in den sozialen Medien.
Leere Stühle und inaktive Googlevoice-Nummern
Der Schaden, den er durch die Kampagne erlitten hat, sei erstmal natürlich der Imageschaden durch die Macht der Bilder, so Anh Tran - Bilder von leeren Sitzreihen. Vorher hatte Trump mögliche Protestierende noch gewarnt, dass in Tusla, wie er sie nennt, "Anarchisten" und "Plünderer" anders behandelt würden als in New York oder Minneapolis. Mit der Variante "Stell dir vor, es ist Protest und keiner geht hin" habe er wohl nicht gerechnet.
Was langfristig Trumps Wahlkampf aber noch empfindlicher treffen könnte, sei ein Datenproblem. Denn: Warum bietet man eine kostenlose Registrierung für eine Wahlkampfveranstaltung an? Damit man die Daten von Sympathisantinnen und Sympathisanten sammeln kann – also potenzielle Spenderinnen und Spender erreicht. Dieser erhoffte Datensatz sei nun unbrauchbar, weil Zehntausende inaktive Googlevoice-Nummern angegeben haben.
Trumps Wahlkampfteam hat allerdings bereits angekündigt, diese Daten dafür zu nutzen, dass so eine Aktion nicht nochmal stattfinden kann. Wer also seine echte Telefonnummer angegeben hat, steht nun unter Beobachtung.