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TIMMS-Studie
Deutsche Grundschüler nur Mittelmaß

Alle vier Jahre testet die TIMSS-Studie bundesweit 4.000 Viertklässler in Mathematik und den Naturwissenschaften. Laut den in Berlin präsentierten Ergebnissen rangiert Deutschland im internationalen Vergleich im Mittelfeld. Einer der Gründe: noch immer bestimmt die soziale Herkunft das Bildungsniveau.

Von Christiane Habermalz |
    Zwei Grundschülerinnen wischen die Tafel blank.
    Im Vergleich mit Dänemark, England Litauen oder Russland sind deutsche Grundschüler in Mathe und Naturwissenschaften eher Mittelmaß. (picture alliance / dpa)
    Mathe? Geht so. Trotz einer Vielzahl von Schulreformen in den letzten Jahren sind deutsche Grundschüler in ihren Mathematik-Leistungen seit 2007 leicht abgerutscht, auf europäischer Ebene erreichen sie weiterhin nur das Mittelfeld. Und auch für die Naturwissenschaften bekommen sie allenfalls die Note 3. Das sind die Ergebnisse der TIMSS-Studie 2015, die heute in Berlin vorgestellt wurden. Deutschland habe in Mathematik 522 Punkte erreicht, das sei keine große Veränderung zu 2007, erläutert Bildungsforscher und Studienleiter Wilfried Bos von der TU Dortmund.
    "Wir lagen aber 2007 noch im oberen Leistungsdrittel noch im oberen Leistungsdrittel, an der Grenze zum oberen Leistungsviertel und waren auf Augenhöhe mit der OECD und der EU. Und jetzt sind wir nicht mehr auf Augenhöhe mit der OECD und der EU, sondern sind signifikant darunter. Wir sind ungefähr da wo Pisa im Jahr 2000 war."
    Was der PISA-Test für die 15-Jährigen, ist die TIMSS-Studie für die Grundschüler. Alle vier Jahre werden unter der Federführung der TU Dortmund bundesweit 4.000 Viertklässler in Mathematik und den Naturwissenschaften getestet. Weltweit haben diesmal rund 50 Länder teilgenommen. Das Absacken im internationalen Ranking bei gleichbleibenden Leistungen der Grundschüler liege laut Bos daran, dass andere Länder offenbar sehr viel erfolgreicher an ihren Bildungsstellschrauben gedreht haben und an Deutschland vorbeigezogen seien.
    "Das sind nicht nur die asiatischen Länder mit konfuzianischer Tradition, sondern das sind gute europäische Nachbarländer: Dänemark, Litauen, Finnland, England, Belgien, Norwegen, Irland, die liegen alle signifikant über uns und die haben alle auch deutlich zugelegt."
    Leistungsniveau konnte gehalten werden
    Immerhin muss man Deutschland zugutehalten, dass sich die Zusammensetzung der Schülerschaft leicht verändert hat. Gab es 2007 noch 3,4 Prozent Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf, so war diese Zahl schon 2011 auf 5,9 angestiegen. Die Zahl der Kinder, deren beide Eltern Migrationshintergrund haben, ist von 17,2 auf 22,4 Prozent gestiegen.
    Vor diesem Hintergrund sei es sogar eine anerkennenswerte Leistung, dass das Leistungsniveau gehalten werden konnte, sagte Bos. Doch kritisch sind und bleiben die Zahlen am unteren und oberen Rand. Danach beherrscht ein Viertel der deutschen Schülerinnen und Schüler in der vierten Klasse gerader einmal die Grundrechenarten. Die oberste Leistungsgruppe ist mit lediglich 7,6 Prozent in Deutschland erschreckend klein. Zum Vergleich: In Singapur erreichen über 36 Prozent der Schüler das oberste Kompetenzniveau, in Russland 20 Prozent.
    Russland konnte zudem seinen Anteil an extrem schwachen Schülern seit 2007 von 18 Prozent auf 9 Prozent halbieren. Und wieder wurde Deutschland ins Stammbuch geschrieben, dass die soziale Herkunft zu stark den Bildungserfolg bestimme. Der Leistungsunterschied zwischen Kindern aus oberen Schichten und unteren Schichten liegt danach im Schnitt bei etwa einem Schuljahr. Bei den Schullaufbahnempfehlungen schlägt die soziale Herkunft mit dem Faktor 3,6 zu Buche.
    "Das würde heißen, mein Kind im Vergleich zu einem Facharbeiterkind hätte die 3,6-fache Chance die Gymnasialpräferenz zu bekommen. Kontrollieren wir Kinder mit gleicher Intelligenz, dann hätte mein Kind noch immer die 3,17-fache Chance die Gymnasialpräferenz zu bekommen."
    Bislang vor allem Förderung von schwachen Schülern
    Man werde die Studie intensiv auswerten, kündigte Bremens Kultursenatorin Claudia Bogedan und Präsidentin der Kultusministerkonferenz an.
    "Ergebnisse, die sicherlich jetzt kein Grund für überschwängliche Euphorie sind, aber mit Sicherheit auch kein Grund, um in Sack und Asche zu gehen. Ich glaube, Deutschland hat sich auf einem stabilen Niveau gehalten und das unter schwieriger gewordenen Kontextbedingungen."
    Die Studie zeige, dass wir sowohl am unteren als auch am oberen Ende des Leistungsspektrums ansetzen müssen, erklärte Bogedan. Der Vorsitzende des Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, kritisierte, dass in den vergangenen Jahren möglicherweise zu einseitig auf die Förderung schwacher Schüler geschaut worden sei.
    "Der Fokus war darauf gerichtet, bitte bringt die Mehrzahl der Schüler über die Mindeststandards drüber. Das war das Ziel, und es ist ein bisschen aus dem Blick geraten, dass wir auch sehr sehr leistungsstarke Schüler haben, denen wir zu wenig Futter geben."
    Das gestern vorgestellte Bund-Länderprogramm mit einem Volumen von 125 Millionen Euro für die Förderung leistungsstarker Schüler sei in dieser Hinsicht ein wichtiger Schritt, gehe jedoch noch nicht weit genug.