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Tinder und Facebook
Australier droht Haft wegen Belästigung in sozialen Netzwerken

Ein 25-jähriger Australier, der das Tinder-Profil einer jungen Frau auf Facebook mit Beleidigungen, Drohungen und sexuellen Belästigungen kommentiert hat, könnte zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden. Er hat sich für schuldig erklärt. Gegner von Online-Belästigung sehen das als Meilenstein.

20.06.2016
    Ein Smartphone mit dem Logo der Dating-App Tinder
    Ein Tinder-Screenshot einer jungen Frau wurde zur Zielfläche von Schmähkommentaren. (dpa/ picture-alliance/ Franziska Kraufmann)
    Einer der harmloseren Kommentare des nun Beschuldigten lautete, dass man Frauen niemals mit Rechten hätte ausstatten dürfen. Bei dem ursprünglichen Facebook-Eintrag handelte es sich um einen Screenshot des Profils einer ebenfalls 25-Jährigen bei der Dating-App Tinder. Im August vergangenen Jahres hatte ein Freund des Beschuldigten, der nicht belangt wurde, den Screenshot bei Facebook geteilt, der auch eine sexuell eindeutige Zeile des Songs "Only" der Sängerin Nicki Minaj und des Rappers Drake enthielt. Der Post wurde vielfach geteilt und mit zahlreichen beleidigenden Kommentaren versehen.
    Kommentare mit angedrohten Vergewaltigungen
    Als die Freunde der abgebildeten 25-Jährigen sie verteidigten, schrieb der nun vor Gericht Stehende mehr als 50 Kommentare, darunter Vergewaltigungsdrohungen und Schmähkommentare über Feministinnen. Der Polizei hatte er gesagt, er sei betrunken gewesen und habe nicht gewusst, dass das, was er tat, ein Verbrechen sei. Der 25-Jährige hatte zunächst auf nicht schuldig plädiert, dies aber am ersten Verhandlungstag geändert. Das Urteil wird im Juli fallen, dem Mann drohen bis zu drei Jahre Haft.
    Die Gruppe um die beleidigte Tinder-Nutzerin und ihre Freunde gründete daraufhin eine Interessenvertretung "Sexual Violence Won't be Silenced", also "Sexuelle Gewalt wird nicht verschwiegen", um gegen sexuelle Belästigung, die online stattfindet, vorzugehen.
    Dass der Beschuldigte sich jetzt zu seiner Schuld bekannt habe, ist laut der Gruppe ein "Präzedenzfall" im australischen Recht, der besagt, dass solches Verhalten inakzeptabel sei. Der Sieg heute sei ein Signal für Frauen, dass sie sich nicht mit Online-Belästigung abfinden müssen, dass es Schritte und Kanäle gebe, die sie nutzen können und dass das Gesetz auf ihrer Seite sei.
    Der 25-Jährige wird beschuldigt, einen Netzdienstleister benutzt zu haben, um zu bedrohen, belästigen und zu beleidigen. Das Gesetz, auf das das Gericht zurückgriff, war vor mehr als 20 Jahren geschrieben worden, als es noch kein Facebook oder Tinder gab. Bisher wurden nach diesem Gesetz in Australien nur Menschen für solche Vergehen belangt, die diese übers Telefon oder als Textnachricht begangen haben.
    (vic/tj)