"Was führt dich zu uns?"
"Ich bekomme momentan BAföG und hab jetzt eine konkrete Frage, weil ich was erben werde."
BAföG-Beratung an der HU-Berlin. Asta-Mitglied Anna Ilgert berät eine Studentin mit einem Luxusproblem. Die Studentin wird demnächst eine hohe Summe erben - und weiß nicht, ob sie für das kommende Semester noch einen BAföG-Antrag stellen soll. Zwar ist sie sicher, dass spätestens in einem Jahr wohl nicht mehr BAföG-berechtigt sein wird, momentan herrscht auf dem Konto allerdings noch Ebbe.
"Es geht ja darum, dass die Vermögensgrenze möglicherweise überschritten wird. Das wären 7.500 Euro. Würde die denn überschritten?"
"Ja auf jeden Fall."
Probleme beim Überschreiten der Regelstudienzeit
Solche Fälle sind bei der Regionalmanagement-Studentin, die sich seit drei Jahren im Asta der Uni engagiert, eher selten. Der Klassiker ist ein anderer: Die Studierenden kommen mit der Regelstudienzeit nicht hin. Vor allem bei den sechssemestrigen Bachelorstudiengängen, die an der HU die Standard sind, überziehen viele.
"Viele Studierende brauchen zwei, manchmal sogar nur ein Semester mehr, also wirklich nicht lange, um ihr Studium zu beenden. Schaffen es dann auch, alles fertig zu machen, aber nicht genau in der Regelstudienzeit. Idealerweise - so eine Regelstudienzeit plus ein Semester fänden wir fair."
Derzeit fallen die Studierenden nach Überschreiten der Regelstudienzeit automatisch aus der Förderung raus. Außer sie machen Ausnahmeregelungen geltend. Das könnte eine Krankheit sein, Elternschaft oder - was sehr oft vorkommt - "studienorganisatorische Gründe", etwa eine Klausur, die ohne eigenes Verschulden erst ein Semester später geschrieben werden kann.
"Was man auf jeden Fall auf dem Schirm haben sollte, ist, dass es einen Leistungsnachweis gibt nach dem vierten Semester. Da will das BAföG-Amt zum ersten Mal wissen, hey wie sieht‘s denn aus, wie weit bist du? Wenn man den nicht bekommt von der Uni, dann kriegt man auch kein BAföG mehr. Deswegen, wenn man Verzögerungsgründe hat: immer Nachweise sammeln, Belege sammeln."
Anträge rechtzeitig stellen
Die Beantragung an sich - ob in Papierform oder online - hält Anna Ilgert für absolut machbar. Wichtig sei vor allem: die Anträge rechtzeitig stellen.
"Folgeanträge sollten spätestens bis zum 31.7., zwei Monate vor Semesterbeginn eingereicht sein, um eine pünktliche Förderung zum Oktober hin zu gewährleisten. So lange der Antrag nicht vollständig vorliegt, kann er nicht bearbeitet werden, solange gibt’s kein Geld. Gerade im Wechsel zum fünften Semester kann mal eine Förderlücke von bis zu drei Monaten auf jeden Fall entstehen."
Das Hauptproblem beim BAföG sei aber ein anderes. Es reiche nicht wirklich, um davon zu leben. Vor allem die Wohnpauschale von 250 Euro sei zu niedrig, meint Anna Ilgert.
"Was in Anbetracht dessen, dass Mieten in nahezu allen deutschen Großstädten teilweise ins Absurde gestiegen sind, führt dazu, dass 250 Euro einfach nicht reichen, um die Miete zu bezahlen. Aber auch dadurch, dass etwa Krankenkassenbeiträge gestiegen sind, die auch nicht mehr voll abgedeckt werden durchs BAföG, erst recht nicht, wenn man über 30 ist. Da muss man den erhöhten Freiwilligenbeitrag bezahlen, der bei 180 Euro liegt. Nur 80 werden übernommen und da bleibt dann nicht mehr viel zum Leben."
Studentenwerk: "Elternfreibeträge zu niedrig"
Ebenfalls zu niedrig seien die Freibeträge beim Einkommen der Eltern, sagt Achim Meyer auf der Heide, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. Die Bundesregierung habe die Eltern-Freibeträge - derzeit bei 1.715 Euro - bei der letzten BAföG-Reform 2016 nur marginal erhöht.
"Die Anpassung 2016 der Freibeträge und der Bedarfssätze hat nicht dazu geführt, dass die Zahl der Geförderten gestiegen wäre. Sondern sie hat nur den Rückgang der Geförderten abgeschwächt. Es ist weiter zurückgegangen. Das deutet ja darauf hin, dass insbesondere die Freibeträge nicht ausreichen. Das muss angegangen, um das Studium denjenigen zu ermöglichen, die wirklich auf das BAföG angewiesen sind."
Derzeit beziehen nur noch 18 Prozent der Studierenden Bafög. Zu Hochzeiten - vor knapp zehn Jahren - waren es dagegen mal 25 Prozent. Statt alle paar Jahre die Sätze politisch willkürlich zu erhöhen, sollte das BAföG automatisch an die Einkommens- und Preisentwicklung angepasst werden. Das sei einfacher und gerechter, findet Meyer auf der Heide. Auch da liegt er mit Studentenvertreterin Anna Ilgert auf einer Linie.
"Das BAföG ist das beste Instrument. Aber es bedarf einer Verstetigung, es regelmäßig anzupassen, damit die Studierenden regelmäßig in den Genuss der Förderung kommen - und dann auch mehr Geförderte davon profitieren. Es ist natürlich klar, es hängt immer davon ab, wie die Einkommensverhältnisse der Eltern sind."