Für den TSV Bad Königshofen ging im Frühling ein Traum in Erfüllung. Der kleine Club aus Franken um Nachwuchsnationalspieler Kilian Ort schaffte den Aufstieg in die Tischtennis-Bundesliga (TTBL). "Klar, es ist ein großes Abenteuer. Wir haben eine sehr junge Mannschaft. Ich bin da mit 21 Jahren der Oldie in der Mannschaft."
Um den Abstieg fürchten muss Bad Königshofen in der Debütsaison nicht, denn zwei Plätze in der TTBL bleiben leer. Ohnehin freut sich Liga-Geschäftsführer Nico Stehle schlicht darüber, dass sich überhaupt ein Aufsteiger gefunden hat. "Dementsprechend sind wir schon einer mehr geworden und dieses Jahr schlagen wir mit zehn Teams auf."
Kaum eine Mannschaft will überhaupt aufsteigen, immerhin wagt Bad Königshofen dieses Jahr den Sprung. 2016 noch, damals auch Zweitliga-Meister, verzichteten die Franken. Das ist nichts Ungewöhnliches. Es ist die mehr Regel als Ausnahme. Prominentes Beispiel: der TTC Jülich. Mehr als 30 Jahre Bundesliga, Stars wie Jörg Roßkopf im Team, dann der Abstieg 2010. Seitdem lässt sich der Sprung nach oben nicht mehr realisieren.
Finanz-Risiko Bundesliga
"Der Wunsch ist eigentlich immer da", sagt Vereinspräsident Michael Küven. Schon mehrfach ist der Wiederaufstieg sportlich gelungen, an den Finanzen scheitert es aber. Aus der Jülicher Wirtschaft lässt sich schlicht zu wenig Geld akquirieren und im Zweifel ist dem Verein das Risiko dann zu groß: "Wir haben insgesamt mit Amateuren und Jugendmannschaften 13 Teams dahinter stehen. Ein Abenteuer TTBL würde ich als Präsident nie zu Lasten der Jugend und der Amateurabteilung machen."
Dabei klingt die Summe, die der TTC Jülich noch zusammenbekommen müsste, gar nicht immens: "60.000-80.000 Euro, die wir brauchen, um wettbewerbsfähig zu sein. Wettbewerbsfähig heißt für mich nicht, im oberen Tabellendrittel zu spielen, sondern mitspielen können."
Gebühren an die Liga, Kosten für den Bundesliga-Standard an der Halle und Spielergehälter machen den Mehrbedarf aus. "Wir haben keine TV-Verträge wie im Fußball, wo die Attraktivität sich steigert, wenn man eine Klasse höher spielt oder gerade von der 2. in die 1. Liga aufsteigt", erklärt TTBL-Geschäftsführer Stehle.
Gefälle bleibt immens
Deshalb gibt es immer wieder Reformen. Zum Beispiel die Einführung einer eingleisigen zweiten Liga im Jahr 2014. Dadurch ist dort das sportliche Niveau zwar gestiegen. Es spielen auch deutlich mehr Profis als vorher in Liga zwei. Weil aber viele Zweitligisten auf Nachwuchsspieler setzen, bleibt das Gefälle immens.
Problematisch für viele Zweitligisten ist auch das neue Spielsystem in der TTBL. An einem Tisch geht es inzwischen nur noch bis zum dritten Punkt. Das macht die Spiele schneller, zeitlich besser eingrenzbar und soll vor allem die Attraktivität steigern. "Wir müssen dem Zuschauer eben attraktiven Sport, der definitiv in der TTBL geboten wird – wir sind Europas stärkste Liga – ein Event bieten, wie es andere Sportarten auch vormachen. Wir müssen einfach die Tischtennis-Fans mehr dazu bewegen, in die Hallen zu kommen."
An dieses Ziel der TTBL-Geschäftsführung macht Vereinspräsident Küven ein großes Fragezeichen. In Jülich seien heute genauso viele Zuschauer in der Halle wie zu Erstligazeiten und die verkürzten Spiele seien unattraktiv. "Wenn Sie da mit einer richtig starken Nummer eins antreten, der macht ihnen zwei von drei Punkten. Dann ist das Spiel zu Ende. Dann schaffen sie es als unterlegener Verein nicht mehr aufzuholen."
Kein messbarer WM-Effekt
Zwar sind alle Bemühungen um eine möglichst attraktive Bundesliga richtig, aber ins Fernsehen um jeden Preis: "Wir dürfen uns nicht zum Sklaven der Medien machen."
Keine Regeländerungen oder Events auf Kosten der Zuschauer. Einig sind sich alle in dem Punkt, dass die zu Ende gegangene Heim-WM in Düsseldorf ein voller Erfolg war, die aber zu keinem nachhaltig messbaren Effekt in der Bundesliga geführt hat. Kein Hype wie nach dem WM-Titel von Roßkopf und Fetzner 1989 in Dortmund, stellt Geschäftsführer Stehle fest.
"Es wär natürlich schön gewesen, wären wir noch erfolgreicher gewesen und hätten wir vielleicht einen deutschen Weltmeister gehabt. Andererseits muss man aber auch sagen, bin ich aber enttäuscht über die mediale Berichterstattung. Da hätte ich mir mehr Übertragungen gerade von den Öffentlich-Rechtlichen gewünscht."
Volle Terminkalender
Es ist das bekannte Problem, viele Sportarten brauchen die mediale Aufmerksamkeit für die Entwicklung. Der Attraktivität der Liga helfen würden sicher auch mehr Weltklassespieler und Stars. Der enge Terminkalender durch Liga-, Pokal- und Champions League-Spiele macht das aber für viele Spieler unmöglich wie für Deutschlands Nummer eins, Dimitrij Ovtcharov: "Die Spielanzahl ist einfach so unglaublich hoch mit 35 Spielen. Das mit meinem weiteren Terminkalender, chinesische Superliga, der neuen Serie in Hongkong und den ganzen Einladungsturnieren zu kombinieren, das schaffe ich nicht. Da bin ich keinen Tag mehr zu Hause."
Einer allerdings schlägt nach wie vor in der Bundesliga auf, wenn auch nicht in jedem Spiel. Timo Boll, der frühere Weltranglistenerste. Und so hoffen Kilian Ort und Bundesliga-Neuling Bad Königshofen auf ein Heimspiel gegen den Rekordeuropameister: "Wir hoffen, dass der Timo kommt und sich mal Franken anschaut."
Ob er kommt, ist aber fraglich. Denn auch innerhalb der Bundesliga ist das Gefälle extrem groß. Timo Boll und Borussia Düsseldorf sind auch in diesem Jahr wieder der große Favorit. Es wäre Meistertitel Nummer 30.