19 neue Wirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen für Medikamente sind 2012 in Deutschland auf den Markt gekommen. Mithilfe der Universität Bremen hat die Techniker Krankenkasse die Präparate bewertet und ist insgesamt zu ernüchternden Ergebnissen gekommen.
Zwölfmal vergaben die Wissenschaftler eine rote Ampel: Das bedeutet: Das Arzneimittel bietet keinen therapeutischen Fortschritt, ist weder neu noch wirtschaftlich oder nützlich. Neun der untersuchten Präparate waren für die Krebstherapie entwickelt worden, sagt Gerd Glaeske von der Uni Bremen:
"Und darunter ist auch ein sehr Gutes. Also beim malignen Melanom zum Beispiel - Zellboroff heißt dieses Arzneimittel -, da finden wir eben viele positive Aspekte, das haben wir auch durchaus mit Grün bewertet."
Obwohl es laut TK kein Zufall ist, dass gerade für die Krebstherapie mehr geforscht wird, als für andere Krankheiten. Für derartige Medikamente ließen sich nämlich höhere Preise erzielen:
"Weil es gerade in der Krebsbehandlung unfein ist, über Preise zu sprechen. Krebspatienten sind natürlich tatsächlich notwendigerweise zu behandeln, und wenn es auch um relativ kurze Zuwächse von Überlebenszeiten geht, dann ist es vielleicht für die einzelnen Patientinnen und Patienten dennoch ein Vorteil."
Einsparpotenzial bei eingeführten Medikamenten
Das vier Jahre alte Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) sollte eigentlich dafür sorgen, dass Medikamente, die in den Markt kommen, wirklich nützlich und finanzierbar sind. Für die gesetzlichen Krankenversicherungen sollte das Einsparungen von zwei bis vier Milliarden Euro jährlich bringen. Gerade mal 320 Millionen waren es aber 2014.
Jens Baas von der Techniker Krankenkasse fordert deshalb, auch Medikamente, die bereits auf dem Markt sind, neu zu bewerten, die bewerteten Medikamente und nicht teurere dann tatsächlich zu verordnen und die Möglichkeit, mit den Pharmafirmen ausgehandelte Preise geheim zu halten:
"Für die Pharmaindustrie ist es ein Problem, denn wenn die Preise nicht geheim sind, dann dienen sie als Referenz für Preise in der ganzen Welt. Und da haben die natürlich keine Lust zu, wenn in Deutschland der Preis niedrig ist, sich in der ganzen Welt den Preis zu verderben."
Kaum Anreize für weniger rentable Medikamente
Darüber hinaus müsse es für die Arzneimittelherstelle Anreize geben, auch in den Bereichen zu forschen, wo es Bedarf gibt, aber in denen die Rendite womöglich nicht so hoch ist, so Baas. Bestes Beispiel Antibiotika:
"Wir haben ein zunehmendes Problem, dass Antibiotikaresistenzen auftreten, die bisherigen Antibiotika nicht mehr funktionieren, in unserem ganzen Report ist jetzt ein einziges Antibiotikum dabei, was aber aus einer Gruppe kommt, die nicht neu ist, also das Problem überhaupt gar nicht löst. Also hier haben wir das Problem, dass an der falschen Ecke geforscht wird."
Ein Zusatzproblem ist, dass die Pharmafirmen vermehr Medikamente für seltene Krankheiten mit einem beschleunigten Zulassungsverfahren in den Markt drücken. 15 bis 30 neue Wirkstoffe für Medikamente werden in Deutschland jedes Jahr neu zugelassen.