Der Mord an Jo Cox – jetzt wird nach rechtsradikalen Hintergründen gefahndet. So titelt heute Morgen die Tageszeitung "Daily Mail". Der tatverdächtige Thomas Mair habe der Politikerin vor der Bürgersprechstunde aufgelauert, in seinem Haus seien Neonazi-Schriften gefunden worden. Ähnlich lauten die Recherchen der BBC.
"Ein politisches Verbrechen also möglicherweise, mit einer rechtsradikalen Ideologie dahinter. Außerdem soll der Tatverdächtige psychisch krank gewesen sein."
Innehalten in Westminster. Für zwei Minuten herrscht gestern Schweigen. Kerzen und Blumen werden in London für die ermordete Labour-Abgeordnete Jo Cox niedergelegt. Trauer und Gedenken gibt es natürlich auch am Ort des Geschehens, in Birstall, einer Kleinstadt südwestlich von Leeds in Nordengland.
In der Kirche wird gebetet und werden Lieder gesungen für die 41-jährige Mutter von zwei Kindern, die sich nach nur einem Jahr als Abgeordnete viel Respekt verschafft hatte.
"Sie war für uns Bürger zu sprechen, sie war so freundlich."
"Es war so ein unmenschlicher Akt."
Die Brutalität der Tat macht viele immer noch fassungslos. Ein 77-jähriger Mann wollte Cox helfen und wurde selbst schwerverletzt.
Bedrohung von Abgeordneten
Der Wahlkampf für das Referendum nächste Woche Donnerstag ist ausgesetzt. Statt Streit um die Mitgliedschaft in der EU herrscht Eintracht. Premierminister David Cameron und Labour-Chef Jeremy Corbyn, die politisch Welten trennen, kamen gestern nach Birstall, um dem Opfer ihre Reverenz zu erweisen.
"Das Parlament hat eine seiner besten und leidenschaftlichsten Streiter verloren", würdigte Cameron die Tote. "Sie demonstrierte, dass Politik Dienst für andere ist."
"Jo war eine ungewöhnliche, wunderbare und sehr talentierte Frau", sagte Corbyn. Mit Anfang 40 wurde sie von uns genommen. Sie hatte uns so viel zu geben."
Eine wichtige Frage lautet: Wie gefährdet sind Politiker in Großbritannien? Der konservative Europaabgeordnete Saj Karim, ein Muslim pakistanischer Herkunft, berichtet, er erhalte Todesdrohungen, die jetzt von der Polizei untersucht würden. Stephen Timms, Tory-Abgeordneter, erhielt schon vor sechs Monaten Drohungen.
"Die Polizei riet mir zu einem Metalldetektor für meine Bürgersprechstunde. Das würde die Sprechstunde ziemlich unangenehm wirken lassen."
"Wir sitzen nicht hinter Glasscheiben, wenn wir uns mit den Menschen im Wahlkreis treffen. Ausgenommen einige Minister fahren wir auch nicht in gepanzerten Autos herum. Wir bewegen uns frei unter den Bürgern. Das müssen wir tun, wenn wir ihnen zuhören wollen."
Großbritannien trauert, niemand kann sich die Tat erklären. Für Montag ist eine Sondersitzung des Unterhauses in Westminster angesetzt.