Lateinunterricht an einem Kölner Gymnasium. Viele Schüler entscheiden sich für das Fach, weil das Latinum für eine ganze Reihe von Studienfächern derzeit noch Voraussetzung ist. Bis vor Kurzem erlebte das Fach einen richtigen Boom: Die Zahl der Lateinschüler wuchs und erreichte 2012 mit 800.000 einen Höchststand. Diskutiert wird über das Fach aber auch schon seit Jahrzehnten, weiß Nikolaus Mantel, Vorsitzender des Altphilologenverbandes NRW und Lateinlehrer.
"Ich bin nun seit 1980 im Schuldienst und ich hab eigentlich immer nur erlebt, dass über Latein diskutiert worden ist, das hat ja schon in den 70er Jahren angefangen,"
Doch die nun in NRW geplante Lockerung der Latinums-Pflicht für Lehramts-Studierende ist für Mantel das reinste Horrorszenario. Kein Latinum mehr für das Lehramt in modernen Sprachen. Das große Latinum nur noch für angehende Latein- und Griechischlehrer. Für Mantel ist die Debatte um das Latinum vor allem eine ideologische.
Die Grünen haben sich positioniert
Die Grünen haben sich schon vor 30 Jahren damit positioniert, dass sie einen Kongress veranstaltet haben: Latinum in Latrinam und ich hab bei Frau Löhrmann ein bisschen das Gefühl, dass sie in dieser Zeit geistig stecken geblieben ist
Für Altphilologen wie Nikolaus Mantel ist Latein die Wurzel der modernen Sprachen, fördert logisches Denken und Konzentration. Der Verband der Altphilologen habe versucht, der Ministerin seine Position zu verdeutlichen, erzählt Nikolaus Mantel.
"Das Gespräch ist nicht freundlich verlaufen, wir haben noch mal darauf hingewiesen, warum wir der Meinung sind, dass man auf Latein eigentlich auf gar keinen Fall verzichten kann und Frau Löhrmann ist dann mit der Kritik gekommen, dass wir Leute sozusagen ausgrenzen wollen, die nun mal das Pech oder das Glück gehabt haben, Latein nicht gelernt zu haben, also wir wollten eigentlich auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft hinaus."
Wurzel der modernen Sprachen
Den Stein ins Rollen brachte ursprünglich nicht die Ministerin, sondern der Asta der Ruhr-Uni Bochum. Der forderte 2013 vom Land die Abschaffung der Latinums-Pflicht und startete eine Online-Petition. Viele Studierende, die das Latinum während des Studiums machen müssten, würden die Regelstudienzeit überschreiten und dann ohne BAföG dastehen - so ihre Klage.
Manche würden deshalb sogar das Studium abbrechen. Das Problem kennt auch Karin Kleppin, Professorin für Sprachlehrforschung an der Uni Bochum. Sie sieht im Latinum keinen Vorteil für das Lehramtsstudium. Was das Lernen von Fremdsprachen angehe, da nütze jede andere gelernte Fremdsprache genauso viel wie Latein.
"Man kann sicherlich, wenn man eine Fremdsprache so gelernt hat, dass man die auch bewusst gelernt hat, also nicht unbedingt Regeln lernen und dann die Regeln anwenden, sondern wirklich Regeln identifizieren, analysieren können, selbst entdecken, dann hat man sicherlich einen Nutzen auch für die nächste Fremdsprache, aber es muss auf gar keinen Fall eine besondere Sprache sein, sondern es kann jede andere moderne Fremdsprache sein."
Lateinpflicht für Lehramtsstudenten ist festgeschrieben
Die Lateinpflicht für Lehramtsstudenten ist im Lehrerausbildungsgesetz festgeschrieben, das muss nun überarbeitet - und dann auch noch vom Landtag verabschiedet werden. Wann das so weit sein wird, könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, heißt es aus dem Schulministerium: Das Gesetz befinde sich derzeit noch in der Abstimmung.
Die Latein-Debatte ist also noch nicht vorbei. Und für die Wissenschaftlerin gilt:
"In dem Moment, wo mir wirklich jemand klar machen könnte, das sind die Kompetenzen, die wir mit diesem Latinum hier ausbilden und genau diese Kompetenzen sind aus den und den Gründen wichtig – ich glaub, dann kann man wieder darüber reden. Aber einfach nur zu sagen: Latein ist die Wurzel oder Latein bildet Sprachbewusstheit aus, das ist zu wenig."