Die Festgenommenen sind landesbekannte Kriminelle und mutmaßliche Auftragskiller, die Beweise gegen sie sind erdrückend. Trotzdem hat der Mord-Prozess noch nicht einmal begonnen. Das ist extrem frustrierend, findet Emanuel Delia, denn nur die Angeklagten wüssten, wer sie beauftragt hat.
Der politische Blogger hat gerade ein Buch über den Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia veröffentlicht. "Die Anwälte der drei haben alles getan, um das Verfahren zu verzögern: Mit Verfassungsklagen wegen Verstößen gegen die Menschenrechte, mit Anträgen gegen die Beweislage, gegen die Haftbedingungen. Das wurde alles abgelehnt, aber sie machen immer so weiter. Wozu dient das?"
"Als sie starb hatte sie 47 Verleumdungsklagen gegen sich"
Wer hatte ein Motiv? Die meisten Gegner hatte Daphne Caruana Galizia in der maltesischen Regierung. Dutzende Recherchen handelten von politischer Korruption, Bestechung, illegalen Firmen in Übersee – veröffentlicht als Panama Papers.
Je mehr Caruana Galizia darüber schrieb, desto heftiger wurde der Gegenwind, sagt ihre Schwester Corinne Vella.
"Es gab eine Eskalation der Feinseligkeiten in den Monaten vor Daphnes Tod. Als sie starb, hatte sie 47 Verleumdungsklagen gegen sich. Mehr als 70 Prozent davon kamen von Regierungsbeamten und ihren Geschäftspartnern. Es sah aus wie eine organisierte Zermürbungstaktik und am Ende schien das Attentat fast unausweichlich zu sein."
Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung
Vier Delegationen der Europäischen Union besuchten die Inseln nach dem Mord. Sie beklagten offene Feindseligkeit gegen die Journalistin über ihren Tod hinaus und den Unwillen der Regierung, gegen die Hintermänner zu ermitteln.
Rasch wurden Forderungen nach einer unabhängigen und öffentlichen Untersuchung laut. Mit Fragen wie: Hätten Polizei und Justiz die Journalistin besser schützen müssen? Hat die Regierung schon vor ihrem Tod zu Attacken auf sie ermutigt, oder sie sogar selbst ausgeführt? Ein klares Ja – auf alle Fragen – sagt Blogger Emanuel Delia.
"Daphne hatte lange Jahre der Einschüchterung hinter sich – und die kamen durch Regierungsmedien – das zeigt deutlich die staatliche Verantwortung. Sie wurde strafrechtlich verfolgt, wegen Steuerhinterziehung – völlig zu Unrecht. In einem Fall hat ein Minister ihre Konten eingefroren und machte ihr damit das Leben extrem schwer – ohne Kreditkarte oder Scheckbuch."
Untersuchung in Malta erst nach langem Drängen
Die maltesische Regierung verharmloste ihre Rolle und lehnte eine Untersuchung dazu ab. Nach vielen Gesprächen ohne Resultate verlor man in Straßburg die Geduld. Die parlamentarische Versammlung des Europarates ordnete die geforderte unabhängige und öffentliche Untersuchung an und setzte dafür eine Frist von drei Monaten. Wenige Tage vor Ablauf des Ultimatums gab Premier Joseph Muscat Ende September nach.
Die nächsten Monate sollen nun ein klares Licht auf mögliche Verfehlungen der maltesischen Regierung im Umgang mit Daphne Caruana Galizia werfen und auf die Gefährdung der Pressefreiheit in Malta. Das hoffen vor allem auch die Angehörigen, auch ihre Schwester Corinne Vella.
"Natürlich wollen wir Gerechtigkeit für Daphne. Aber wir brauchen die Untersuchung auch für das Land. Malta muss lernen, wie man Journalisten schützt. Eine Journalistin wurde schon umgebracht und wir dürfen nicht noch weitere Journalisten in Lebensgefahr bringen. Journalismus darf kein Todesurteil sein!"
Mahnwache für Daphne Caruana Galizia
Drei Männer sollen die Untersuchung in Malta leiten. Doch zwei von ihnen haben enge Verbindungen mit der Regierung, die ja zugleich Gegenstand der Untersuchung ist.
Heute wollen sich in Valletta tausende Bürger vor dem Gericht versammeln, als Mahnwache für Daphne Caruana Galizia und für die Pressefreiheit. Sie haben versprochen, so lange zu demonstrieren, bis der Gerechtigkeit Genüge getan ist. Bis dahin ist es noch ein langer Weg.