Im würdevollen Gewand eines Kapellmeisters präsentierte sich Michael Praetorius 1605 auf einem Kupferstichmedaillon. Es schmückte eine seiner ersten Druckveröffentlichungen, einen Band mit geistlichen Kompositionen unter dem Titel "Musae Sioniae" – "Zions Musen".
Mit Mitte 30 gehörte er damals schon mehr als ein Jahrzehnt zur Hofkapelle des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel, die er seit 1604 leitete. Es wurde seine Lebensstellung.
"Unser allerseits gnädiger Fürst und Herr unterhält mich allhier so gnädig und wohl, dass ich es meine Lebetage nicht besser begehre", schrieb er 1608 über seinen ersten Dienstherren und Gönner, Herzog Heinrich Julius.
Zunächst ein Theologie-Studium
Zwischen 1571 und 72 im thüringischen Creuzburg als Sohn eines Pfarrers und Luther-Schülers geboren, studierte Praetorius zunächst Theologie in Frankfurt an der Oder. Aber bald übernahm er dort ein Organistenamt. Und in den nächsten Jahrzehnten profilierte er sich nicht nur als Komponist, sondern auch als Autor des "Syntagma Musicum", einer umfangreichen Abhandlung über die Musik seiner Zeit.
Barbara Wiermann von der "Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden": "Michael Praetorius war eine zentrale Persönlichkeit des Übergangs vom Zeitalter der Renaissance zum Barock. Er hat durch seine Traktate eine theoretische Fundierung für die Musik des Frühbarock gelegt. Er hat den aktuellen Entwicklungsstand des Instrumentenbaus festgehalten … Und er hat seine Zeitgenossen mit der europäischen Musik, also mit der englischen, französischen und italienischen Musik bekannt gemacht."
Praetorius selbst lernte diese Musik vor allem durch Druckausgaben kennen. Und er lotete ihre Möglichkeiten in seinen eigenen Werken systematisch aus. Barbara Wiermann: "Er wollte seinen Zeitgenossen aufzeigen, was alles möglich ist. Er hat unterschiedlichste Gattungen erprobt, er hat deutsche und lateinische Texte komponiert. Er hat unterschiedliche Besetzungen erprobt, er hat Geistliches und Weltliches gemacht. Es hat für mich einen enzyklopädischen Gedanken."
Bei aller Vielfalt galt sein besonderes Augenmerk dem geistlichen Genre. "Ist die Musica an ihr selbst mehr für ein geistlich als irdisch Wesen zu halten. Dahero [sie] in der Menschen Hertzen eine innerliche Andacht des Geistes erwecket."
Nicht nur für die großen Hofkapellen, auch für kleinere Kantoreien schrieb Praetorius eine Fülle an gottesdienstlicher Musik. Sie reicht von schlichten Choralbearbeitungen bis zu großbesetzten Konzerten, mit ihrem kontrastreichen Wechselspiel zwischen Singstimmen und Instrumenten. Die reichen klanglichen Möglichkeiten dieses mehrchörigen Stils beschreibt er in seinen Schriften dezidiert, und er liefert in seinen Kompositionen viele Beispiele dafür.
An Fürstenhöfen ein gern gesehener Gast
Wiermann: "Er war nicht nur ein Musiker, sondern wirklich ein Gelehrter. Und er war außerdem ein Organisator, nicht nur darin, dass er eben eine Hofkapelle super leiten konnte, große Festivitäten ausgestalten konnte, sondern dieser Aspekt des Organisators ist auch ganz wichtig, wenn man bedenkt, was es heißt, so viele Werke zu publizieren. Er hat Sachen mit vielen, vielen Stimmbüchern, also wirklich komplizierte Musik, neue Musik in den Druck gebracht. Das ist enorm."
Michael Praetorius wirkte weit über den Wolfenbütteler Hof hinaus. Er war an vielen Fürstenhöfen ein gern gesehener Gast, vor allem am kursächsischen Hof in Dresden. Aber das ehrgeizige Arbeitspensum hinterließ seine Spuren. Mit nicht einmal 50 Jahren erkrankte er schwer und starb am 15. Februar 1621.
Seine Schriften sind bis heute eine grundlegende Quelle für die Aufführungspraxis frühbarocker Musik, seine Kompositionen bereichern nach wie vor das kirchenmusikalische Leben.