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"Todtengräber" oder "Fürstenknecht"
Martin Luther in der DDR

Die Staatsführung der DDR hatte ein zwiespältiges, manchmal widersprüchliches Verhältnis zum Reformator. Erst war er der Totengräber der Nation, der in direkter Linie zu Hitler führte. Dann wurde Martin Luther unter Erich Honecker zum Hoffnungsträger, er sollte internationales Renommee und Devisen bringen. Wurde er so zum Sargnagel der DDR?

Von Martin Bub |
    Denkmal des Reformators Martin Luther (1483-1546) vor dem Rathaus auf dem Marktplatz von Wittenberg (Sachsen-Anhalt), aufgenommen am 03.08.2016.
    Marktplatz von Wittenberg 2016 (picture-alliance / dpa / Jan-Peter Kasper)
    Ein Foto aus dem Jahr 1983 zeigt das Denkmal Martin Luthers auf dem Marktplatz von Wittenberg. Dahinter prangt vor einer roten Fahne ein Porträt Erich Honeckers.
    Von Anfang an hatte die Staatsführung der DDR ein zwiespältiges, manchmal widersprüchliches Verhältnis zum Reformator. Das reicht weit zurück - auch auf den Publizisten Ludwig Börne von 1836:
    "Die Reformation war die Schwindsucht, an der die deutsche Einheit starb und Luther war ihr Todtengräber".
    Daran knüpfte Alexander Abusch an: in seinem Buch "Der Irrweg einer Nation". Der Schriftsteller und spätere DDR-Kulturminister schrieb es 1945 im mexikanischen Exil. Auch Abusch bezeichnete Luther als Totengräber der Nation. Er vertrat die so genannte "Misere–Konzeption". Demnach verlief ein direkter Weg von Luther zu Hitler. Die deutsche Geschichte als eine "einzig fortlaufende Misere" – den Begriff hatte bereits 1893 der kommunistische Vordenker Friedrich Engels geprägt.
    Diesen Gedanken führten DDR-Kulturpolitiker wie Alexander Abusch weiter. Luther wurde so zur Verkörperung der Gegenrevolution und zum Inbegriff reaktionärer Haltungen. Mit diesem Urteil befanden sich die DDR-Denker in guter, alter kommunistischer Gesellschaft, sagt der evangelische Theologe und Kirchenhistoriker Peter Maser:
    "Der Begriff Fürstenknecht fällt zum ersten Mal bei den Klassikern des Marxismus – Leninismus. Als Fürstenknecht war Luther von Anfang an auf der Bühne. Das war ein Erbe der alten kommunistischen Geschichtsbetrachtung. Das wurde übernommen und wurde dann in der DDR weiter geführt, zunächst durchaus in radikaler Überspitzung."
    'Fürstenknecht' Luther versus 'Revolutionär' Müntzer
    In den Schulbüchern wurde ein Schwarz–Weiß–Bild gezeichnet. Auf der einen Seite: Luther als der Fürstenknecht. Auf der anderen Seite: Thomas Müntzer, der sich an die Spitze der Bauern stellt und für die Befreiung der Armen kämpft. Luther in der frühen DDR - daran erinnert sich Dieter Bub, der Autor dieser Sendung:
    "Anfang der 50er-Jahre bin ich in Halle konfirmiert worden. Wir waren zehn Kinder: Vierzehn-, Fünfzehnjährige. In der mächtigen Pauluskirche war es bitterkalt. Eine mutige Entscheidung meiner Großeltern, mich dort hinzuschicken. In dieser Zeit wurden die Mitglieder der Jungen Gemeinde in der DDR verfolgt und zum Teil von der Schule verwiesen. Ich kann mich nicht erinnern, dass Luther im Konfirmandenunterricht erwähnt wurde. Der Name Martin Luther spielte dagegen im Geschichtsunterricht der Thomas-Müntzer-Oberschule eine Rolle. Er galt als mieser Vasall der Herrschenden, der die Vernichtung der Bauern gefordert hatte, während Thomas Müntzer der Revolutionär war."
    Mitglieder des DDR-Jugendverbandes Freie Deutsche Jugend (FDJ) während einer Zeremonie im Ferienlager "Thomas Müntzer" am Kyffhäuser in Thüringen. Im Hintergrund ein großes Porträt des evangelischen Theologen und Reformators Thomas Müntzer
    Der Reformator Thomas Müntzer als Ikone der DDR Jugend (dpa / gerig)
    Berlin, Hauptstadt der DDR. 1950: Was die einen als Vereinigungsparteitag bezeichneten, war für andere die Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur SED. Wie auch immer. Sicher ist: Die DDR, das so genannte "Neue Deutschland" musste sich auf die Suche begeben – auf die Suche nach einer eigenen nationalen Identität.
    Streit um Geschichtsschreibung unter marxistischem Blickwinkel
    Als Reaktion darauf gründete die Akademie der Wissenschaften der DDR an den Universitäten in Ostberlin und Leipzig Institute für deutsche Geschichte. Marxistische Historiker wie Adolf Laube waren somit legitimiert zu forschen, ohne sich weiter auf die Geschichte der Arbeiterbewegung beschränken zu müssen. Adolf Laube erzählt:
    "Wir haben über Kaiser und Könige gearbeitet. Wir haben über Luther gearbeitet, wir haben über Friedrich II. gearbeitet, d.h. wir haben versucht, die ganze deutsche Geschichte in den Blick zu bekommen."
    Und unter marxistischem Blickwinkel zu interpretieren. Darüber gab es unter DDR–Historikern heftigen Streit. Etwa auf einer Tagung, bei der eine Ausstellung vorbereitet werden sollte zum Thema: "Luther und die Bauern". Dabei standen sich zwei Parteien unversöhnlich gegenüber: auf der einen Seite die Anhänger der Misere–Theorie, die von einer direkten Verbindung von Luther zu Hitler ausgingen. Auf der anderen Seite die Verfechter einer Interpretation, die Luther als "eine der großen fortschrittlichen Gestalten deutscher Geschichte" sahen und hervorhoben, er habe zur Herausbildung des Nationalbewusstseins" beigetragen.
    Der Streit eskalierte. Die Tagungsprotokolle wurden erst 30 Jahre später veröffentlicht. Es setzte sich jene Position durch, die für einen "positiven Zugang zu Luther" plädierte - vertreten auch vom Ostberliner Historiker Adolf Laube:
    "Wir sind immer mehr zu dem Ergebnis gekommen: Wenn man sich als Nation etablieren will, muss man sich mit dem gesamten Erbe befassen."
    Internationales Renommee durch Jubiläen
    Jubiläen spielten dabei eine besondere Rolle. Etwa 1960 der 400. Todestag von Philipp Melanchthon, neben Martin Luther die treibende Kraft der Reformation. Neue Forschungsergebnisse wurden auch anlässlich von Bachtagen und Händelfestspielen präsentiert, und dann vor allem 1967 zum 450. Jahrestag der Reformation. Im selben Jahr wurde die 900-Jahr-Feier der Wartburg begangen. Dabei wurde Luther eine besondere Rolle zugewiesen. Dieter Bub erinnert sich:
    "Nachdem ich mit dem Abitur über den Ostteil Berlins geflüchtet war, hatte Luther anschließend lange Zeit für mich keine besondere Bedeutung. Sein Name wurde selten erwähnt und war dennoch gegenwärtig."
    In einem Beschluss des Zentralkomitees der SED vom 15. März 1966 heißt es:
    "Die Deutsche Demokratische Republik ist Trägerin aller fortschrittlichen, demokratischen und revolutionären Traditionen des deutschen Volkes und macht sie für die Gegenwart nutzbar."
    Martin Luther habe einen revolutionären Prozess von nationaler Bedeutung ausgelöst. Das ZdK verwies auf die nationalen Gedenkstätten auf dem Gebiet der DDR: etwa in Wittenberg, Eisleben, Mansfeld und Erfurt. Diesen Standortvorteil hatte die kommunistische Partei bereits bei Goethe, Schiller, Bach oder Händel zu nutzen verstanden.
    Egal ob Schriftsteller, Komponisten oder Reformator – die DDR erhoffte sich internationales Renommee. Der zweite deutsche Staat wollte die Isolation überwinden, wollte als gleich berechtigtes Mitglied bei den Vereinten Nationen anerkannt werden - und auch als Partner bei internationalen Abkommen wie in Helsinki. Wie die Geschichtsforschung zu diesem Zweck instrumentalisiert wurde, daran erinnert sich der Kirchenhistoriker Peter Maser:
    "Das beginnt in den 60er-Jahren, dass man daran geht, ein neues Geschichtsbild zu entwerfen, die DDR als Nation mit einer Geschichte zu begreifen. Und da wird eine Persönlichkeit wie Luther durchaus interessant mit ihrer gesamtdeutschen und internationalen Ausstrahlung - genauso wie etwa Karl May, der dann eine merkwürdige Renaissance erlebt, nachdem er über Jahre verboten gewesen ist."
    Luther als Touristenattraktion und Devisenquelle
    Karl May wurde nun zum großen Humanisten umgedeutet, dessen Helden für die Rechte der Indianer kämpfen.
    Für diesen Sinneswandel gab es einen weiteren Grund.
    Büste von Karl May im Karl May Museum in Radebeul
    Büste von Karl May im Karl May Museum in Radebeul (dpa / picture alliance / Martin Förster)
    Das Museum in Radebeul wurde zur Touristenattraktion - genau wie das Goethehaus in Weimar, die Thomaskirche in Leipzig, das Augustinerkloster in Erfurt und die Wartburg in Eisenach. Diese Orte lockten westdeutsche und ausländische Besucher an. Die Kulturtouristen halfen, die klammen Devisenkassen aufzufüllen. Luthers Name brachte Ost und West zusammen.
    Zunehmend aber sah die SED-Führung die Stabilität der DDR durch Westbesucher gefährdet. Sie waren von der Staatssicherheit nur schwer zu kontrollieren. Hinzu kamen vielfältige Kontakte zwischen den Kirchen in beiden deutschen Staaten. Deshalb versuchte Ostberlin Anfang der siebziger Jahre zunehmend, Einfluss auf Bischöfe, Pfarrer und Gläubige zu nehmen. Das Konstrukt "Kirche im Sozialismus" war geboren. Die Folge: eine massive Unterwanderung der Kirchenleitungen und Gemeinden durch die Stasi. Christoph Demke, ehemaliger evangelischer Bischof in Magdeburg, hält diesen Weg bis heute für richtig:
    "Die Rede von 'Kirche im Sozialismus' bedeutete den Wunsch der Kirche zu sagen: Wir wandern in diese Gesellschaft ein. Wir gehören da rein und behaupten uns als Kirchen im Sozialismus. Das war ein Balanceakt. Er hatte vor allem zum Ziel, dass die Kirchenmitglieder, die nicht bei der Kirche tätig, sondern Laien waren, einen besseren Stand hatten."
    Luther-Spielfilm mit gewaltigem Pathos
    1983 wurde im Fernsehen der DDR ein fünfteiliger Spielfilm ausgestrahlt, mit dem niemand gerechnet hatte. Eine aufwändige Produktion über "Martin Luther". Eine zentrale Szene des Films: Luthers Auftritt vor dem Reichstag in Worms. Schauspieler Ulrich Thein als Martin Luther:
    "Mein Gewissen ist gefangen im Wort Gottes. Und ich kann und ich will auch nichts widerrufen, weil gegen das Gewissen zu handeln weder sicher noch heilsam ist. Ich kann nicht anders. Hier stehe ich. Gott helfe mir."
    Mit gewaltigem Pathos zeichnet der Schauspieler Ulrich Thein den Mann der Reformation als Bibelübersetzer – aber auch als Inbegriff des Teufels, wie er gegen den Theologen Thomas Müntzer und gegen die Bauern hetzt. Am Ende des cineastischen Großprojekts wird Luther zum Verkünder von Parolen. Die plakative Botschaft lautet: Die Verteidigungsbereitschaft muss gestärkt werden. Nach der DDR-Devise: "Der Frieden muss bewaffnet sein". Ulrich Thein als Luther:
    "Wer das Schwert nimmt, soll durchs Schwert umkommen. Der Wall wird verbreitert für ein neues Geschütz. Die Stadtmauer befestigt. So lange ich lebe, will ich Gott drum bitten, Deutschland soll durch Krieg keine Not haben. Es ist ein halbes Himmelreich – wo Friede ist."
    Es ist das pathetische Ende des Films. Es ist nicht die Geschichte vom Ende Luthers, von seinen letzten Lebensjahren, als er sich von Juden verfolgt fühlt.
    Luther sollte als großer Deutscher dargestellt werden, wie man ihn zuvor in der DDR noch nie gesehen hatte. Kirchenhistoriker Peter Maser:
    "Das, was sich 1983 im Lutherjahr, 500. Geburtstag Luthers, abspielte, war ausschließlich das Werk Erich Honeckers. Erich Honecker löste so etwas wie einen Putsch aus, indem er plötzlich und ohne eigentlich erkennbare Vorstufen diese Formulierung gebrauchte, die von Luther als einem der bedeutendsten Söhne des deutschen Volkes sprach."
    Erich Honecker, Generalsekretär des Zentralkomitees der SED, hatte angeordnet, den runden Luther-Geburtstag als nationalen Feiertag der DDR zu begehen. Die Partei- und Staatsführung werde sich an die Spitze dieser Feiern stellen. Peter Maser:
    "Es war eine Riesen-Irritation nach allen Seiten. Zunächst einmal der SED-Apparat, der völlig unvorbereitet war, der praktisch seine Schulbücher in den Papierkorb werfen konnte und neu lernen musste, wer Luther gewesen ist."
    Marxistische Historiker mussten durchs Land reisen, um die neue Sicht auf die deutsche Geschichte an der SED-Basis zu vermitteln, erinnert sich Adolf Laube:
    "Ich bin damals als Wanderprediger durch die Lande gezogen im In- und Ausland, und es war gerade in der DDR zum Teil schwierig, dieses Bild zu vermitteln."
    Honecker überraschte nicht nur seine Genossen. Sein Alleingang war ein Coup auch an anderer Stelle, sagt Peter Maser:
    "Irritiert waren natürlich auch die Kirchen, die darauf überhaupt nicht eingerichtet waren. Plötzlich, auf einmal sahen sie sich in große staatspolitische Aktionen eingebunden. Irritiert war zutiefst auch die westdeutsche Seite, die nicht darauf eingerichtet war, dass der sozialistische andere deutsche Staat nun die Dinge in die Hand nahm und nach vorne stürmte."
    Die Evangelische Kirche in der DDR bildete ein eigenes Luther-Komitee. Auch die Bundesrepublik reagierte: mit einer großen Ausstellung in Nürnberg. Auch wenn sich nicht jeder für Reformationsjubiläen interessiert, sie spiegeln seit 500 Jahren gesellschaftliche Entwicklungen wider. Luthers Biografie und Schriften waren stets Anlass zu unterschiedlichen Interpretationen. Adolf Laube:
    "Es gab ja sehr unterschiedliche Lutherbilder. Schauen sie sich doch das Luther-Jubiläum von 1917 an. Das Heldisch – Völkische. Die Koppelschlösser. "Gott mit uns" - war lutherisch, alles mit Berufung auf Luther. Luther war immer für die jeweils Herrschenden ein Aushängeschild."
    Auch die DDR-Diktatur unter Führung von Erich Honecker versuchte, von Luther zu profitieren. Er sollte ideologisch stabilisieren. Der SED-Chef hatte als Staatsmann gerade seine ersten großen Auslandsreisen nach Wien und Tokio absolviert. Vom Luther-Jubiläum erhoffte sich Honecker hohen Besuch. Etwa von protestantischen Königshäusern Skandinaviens.
    Luther als Sargnagel für Erich Honecker
    Er wurde enttäuscht. Die Monarchen aus Holland, Dänemark, Schweden und Norwegen blieben fern. Was Honecker blieb: der Ärger in der eigenen Partei. Adolf Laube:
    "Unmittelbar nach dem Ende des Luther-Jubiläums ist es ja offensichtlich einer der Sargnägel für Honecker gewesen, dass man ihm das Jubiläum als Fehler angekreidet hat, offensichtlich das Politbüro."
    Weitere Sargnägel: das Aufbegehren oppositioneller Gruppen, immer mehr Ausreiseanträge und Demonstrationen sowie die Erosion der Staaten Osteuropas. Was das DDR-Regime langfristig auch zu Fall brachte, war das Zugeständnis der SED, der Kirche Freiräume zu gewähren, die es vorher nicht gegeben hatte. In den Kirchengemeinden fanden Diskussionen und Konzerte statt - unter Beobachtung der Staatssicherheit. Kirchen wurden zu Freiräumen, zu Versammlungsräumen mit politischer Schlagkraft. Zu den so genannten Bluesmessen in der Ostberliner Samaritergemeinde zum Beispiel kamen tausende Besucher. Auf der einen Seite versuchte das Regime, die Kirchen im Griff zu behalten, so Peter Maser:
    "Auf der anderen Seite hatte die SED einen verhängnisvollen taktischen Fehler begangen: Sie hatte Kirchentage an sieben verschiedenen Orten in der DDR zugebilligt; und diese Kirchentage, die erreichten nun tatsächlich die Gemeinden, die Menschen. Da spielte Luther wieder eine gewisse Rolle. Vor allen Dingen aber kamen auf diesen Kirchentagen die Nöte und die Entwicklungen zur Sprache, die die alternde DDR zunehmend kennzeichneten. Diese Kirchentage waren es auch, bei denen letzten Endes das Bündnis zwischen Kirchen und den verschiedensten Gruppen und Gruppierungen entstand oder zumindest gefestigt wurde, die dann nachher in die friedliche Revolution hineinging."
    Die evangelische Kirche trug dazu bei, das SED-Regime zu schwächen. Das mündete in Unzufriedenheit, Massenprotesten und Öffnung der Grenzen.
    Das konnte das Ostberliner Kabarett "Die Distel" noch nicht ahnen, als seine Figur Kuddeldaddeldu 1983 ironisch verkündete:
    "Kuddeldaddeldu, immer schnieke und schmuck
    und passend jekleidet vom Kiel bis zum Tupp
    kommt heute Abend im Lutherlook.
    Ein Mönch, wie stolz das klingt:
    Denn Luther is unser schon immer jewesen
    schon wejen der Thesen,
    denn 95 auf einen Schlag
    hatten wir nicht mal zum 30. Jahrestag.
    Kurz mit Herrn Luther
    ist alles in Butter."
    (Ausschnitt Kabarett "Die Distel" 1983)
    Kabarett "Die Distel" am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin
    Kabarett "Die Distel" am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin (dpa/picture alliance/Manfred Krause)
    Niemand hätte 1983 gedacht, dass sich der ironische Kommentar der Ostberliner Kabarettisten sechs Jahre später ins Gegenteil verkehren sollte. Mit Herrn Luther war längst nicht alles in Butter.
    Honecker bereitete mit Luther den Boden für eine Saat, die erst später aufgehen sollte und in Form von Montagsdemonstrationen zur Blüte gelangte. Die Ernte: der Fall der Mauer, die Öffnung der Grenzen und schließlich die deutsche Einheit.
    Martin Luther hat vor 500 Jahren mit seinem Aufbegehren gegen den Katholizismus, mit seinen Thesen, veröffentlicht in Wittenberg, mit der Übersetzung der Bibel, kurzum: mit der Reformation nicht nur Deutschland, sondern Europa und die Welt verändert. Indirekt auch, indem er die DDR erschütterte.