Seit 1993 ist in Deutschland die Herstellung und Verwendung von Asbest verboten. Also, könnte man meinen, sind in Deutschland auch die durch Asbest verursachten Krankheiten passé - die Asbestose, also die Asbest-Staublunge, ebenso wie der asbestbedingte Lungen- und zum Rippenfellkrebs. Aber das Gegenteil ist der Fall. Asbesterkrankungen nehmen in Deutschland zu. So die allarmierende Aussage von Hans-Joachim Woitowitz auf dem Asbest-Kongress in Berlin. Er ist Professor für Arbeits- und Sozialmedizin an der Universität Gießen und ein international renommierter Experte für Asbest-Erkrankungen:
"Asbest ist und bleibt ein Thema. Das hängt zusammen mit der langen Inkubationszeit oder Latenzzeit der asbestverursachten Schäden. Nach unseren Erkenntnissen an vielen tausend Patientenschicksalen können wir sagen, dass im Mittel etwa 37 Jahre vergehen, bis dieser Schaden von unseren Kollegen in der Klinik dann diagnostiziert wird."
Die Folge: Die Zahl der Asbesterkrankungen steigt weiter steil an. In Deutschland werden voraussichtlich im Jahr 2015 die meisten Asbesterkrankungen ausbrechen. Erst von 2030 an werden die Erkrankungen abnehmen. Einen Vorteil hat allerdings diese Latenzzeit: Es besteht noch für viele zukünftige Patienten Hoffnung, dass die Mediziner rechtzeitig eine wirksame Therapie entwickelt haben. Denn daran mangelt es noch. Ein Beispiel: der durch Asbest verursachte Rippenfellkrebs. Operative Eingriffe haben zwar einzelnen Patienten geholfen. Aber aussagekräftige Studien gibt es hierfür ebenso wenig wie für die problematische, weil unpräzise Strahlentherapie. Bleibt die wissenschaftlich erforschte Chemotherapie, so Nicolas Schönfeld. Er ist Lungenspezialist am Berliner Helios Klinikum "Emiol von Behring":
"Dieser Zuwachs an Lebenszeit ist zwar im Mittel sehr kurz, nur drei Monate, aber die individuelle Schwankungsbreite der Wirksamkeit der Therapie ist so groß, dass es jetzt gerechtfertigt erscheint, jedem Patienten zumindest einen Therapieversuch guten Gewissens anzubieten. Denn er könnte ja zur Gruppe derjenigen gehören, die besonders gut darauf ansprechen und dann einen messbaren, auch für den Patienten spürbaren Vorteil an Symptomerleichterung und auch an Lebenszeit haben."
Im Gegensatz zur Therapie bereitet die Diagnose von Asbest-Krankheiten den Medizinern kein Kopfzerbrechen. Dies gilt, so Nicolas Schönfeld, insbesondere für den Rippenfellkrebs.
"Wir können heute fast jedem Patienten durch eine Untersuchung, die in örtlicher Betäubung in ungefähr zwanzig Minuten durchgeführt wird, sagen, ob eine solche Erkrankung vorliegt oder vielleicht eine andere. Rippenfellergüsse haben viele Ursachen, die man aber mit den angemessenen Methoden, die in Zentren vorgehalten werden, gut diagnostizieren kann."
Zwar lässt sich auch Lungenkrebs gut diagnostizieren. Allerdings ist hier oft unklar, ob der Kontakt mit Asbest oder das Rauchen auslösender Faktor war. Auch deshalb hat Deutschland ein Zentralregister eingerichtet. Es erfasst Menschen, die wissentlich längere Zeit mit Asbest in Kontakt waren. Sie werden regelmäßig angeschrieben und zur Vorsorgeuntersuchung eingeladen. Der Arbeitsmediziner Hans-Joachim Woitowitz hat hier allerdings ein Problem ausgemacht:
"Wenn nun so eine Untersuchung in meinetwegen dreijährigem Abstand erfolgt und heute die Untersuchung stattgefunden hat, die nächste wird in drei Jahren 2009 erfolgen, ein Anschreiben mit der Bitte, zur Untersuchung zu kommen, herausgeht, dann schreibt die Witwe: 'Meine Herren, was wollen Sie, mein Mann ist doch schon eineinhalb Jahre tot!'" "
In solchen Fällen müsste man eigentlich nachträglich feststellen, ob die betreffende Person an Asbest gestorben ist. Doch solch eine klärende Untersuchung gibt es nicht. Und das führt zu einer hohen Dunkelziffer.
"Asbest ist und bleibt ein Thema. Das hängt zusammen mit der langen Inkubationszeit oder Latenzzeit der asbestverursachten Schäden. Nach unseren Erkenntnissen an vielen tausend Patientenschicksalen können wir sagen, dass im Mittel etwa 37 Jahre vergehen, bis dieser Schaden von unseren Kollegen in der Klinik dann diagnostiziert wird."
Die Folge: Die Zahl der Asbesterkrankungen steigt weiter steil an. In Deutschland werden voraussichtlich im Jahr 2015 die meisten Asbesterkrankungen ausbrechen. Erst von 2030 an werden die Erkrankungen abnehmen. Einen Vorteil hat allerdings diese Latenzzeit: Es besteht noch für viele zukünftige Patienten Hoffnung, dass die Mediziner rechtzeitig eine wirksame Therapie entwickelt haben. Denn daran mangelt es noch. Ein Beispiel: der durch Asbest verursachte Rippenfellkrebs. Operative Eingriffe haben zwar einzelnen Patienten geholfen. Aber aussagekräftige Studien gibt es hierfür ebenso wenig wie für die problematische, weil unpräzise Strahlentherapie. Bleibt die wissenschaftlich erforschte Chemotherapie, so Nicolas Schönfeld. Er ist Lungenspezialist am Berliner Helios Klinikum "Emiol von Behring":
"Dieser Zuwachs an Lebenszeit ist zwar im Mittel sehr kurz, nur drei Monate, aber die individuelle Schwankungsbreite der Wirksamkeit der Therapie ist so groß, dass es jetzt gerechtfertigt erscheint, jedem Patienten zumindest einen Therapieversuch guten Gewissens anzubieten. Denn er könnte ja zur Gruppe derjenigen gehören, die besonders gut darauf ansprechen und dann einen messbaren, auch für den Patienten spürbaren Vorteil an Symptomerleichterung und auch an Lebenszeit haben."
Im Gegensatz zur Therapie bereitet die Diagnose von Asbest-Krankheiten den Medizinern kein Kopfzerbrechen. Dies gilt, so Nicolas Schönfeld, insbesondere für den Rippenfellkrebs.
"Wir können heute fast jedem Patienten durch eine Untersuchung, die in örtlicher Betäubung in ungefähr zwanzig Minuten durchgeführt wird, sagen, ob eine solche Erkrankung vorliegt oder vielleicht eine andere. Rippenfellergüsse haben viele Ursachen, die man aber mit den angemessenen Methoden, die in Zentren vorgehalten werden, gut diagnostizieren kann."
Zwar lässt sich auch Lungenkrebs gut diagnostizieren. Allerdings ist hier oft unklar, ob der Kontakt mit Asbest oder das Rauchen auslösender Faktor war. Auch deshalb hat Deutschland ein Zentralregister eingerichtet. Es erfasst Menschen, die wissentlich längere Zeit mit Asbest in Kontakt waren. Sie werden regelmäßig angeschrieben und zur Vorsorgeuntersuchung eingeladen. Der Arbeitsmediziner Hans-Joachim Woitowitz hat hier allerdings ein Problem ausgemacht:
"Wenn nun so eine Untersuchung in meinetwegen dreijährigem Abstand erfolgt und heute die Untersuchung stattgefunden hat, die nächste wird in drei Jahren 2009 erfolgen, ein Anschreiben mit der Bitte, zur Untersuchung zu kommen, herausgeht, dann schreibt die Witwe: 'Meine Herren, was wollen Sie, mein Mann ist doch schon eineinhalb Jahre tot!'" "
In solchen Fällen müsste man eigentlich nachträglich feststellen, ob die betreffende Person an Asbest gestorben ist. Doch solch eine klärende Untersuchung gibt es nicht. Und das führt zu einer hohen Dunkelziffer.