Das Hochland des Distrikts Ituri ist mit einer üppigen Natur gesegnet. Grüne Berge, Bäume und Felder, soweit das Auge reicht. Nur ein paar schmale Lehmstraßen durchziehen die Landschaft, die wenigen Autos, die hier vorbeikommen, gehören internationalen Hilfsorganisationen oder der Friedenstruppe MONUC. Noch hat der Krieg die Gegend nördlich der Provinzhauptstadt Bunia nicht erreicht. Gekämpft wird vorerst weiter im Süden.
Penetrant dröhnt ein Generator in die Stille der Natur: hinter dichtem Buschwerk verbirgt sich gleich neben der Straße eine kleine Abraumhalde für Gold. Der Generator liefert Strom für eine Wasserpumpe. Über einen rutschigen Trampelpfad gelangt man in das kleine Minental. Thobason Safari ist hier so etwas wie der Vorarbeiter.
"56 als erstes haben wir hier das Gestrüpp mit Macheten weggehackt, danach haben wir mit Spaten dieses Loch gegraben. Wir benutzen Eisenstangen, um den Boden aufzulockern und die Steine hier zu bewegen."
Mit verschränkten Armen thront Thobason auf einem schmalen rutschigen Vorsprung aus Erde und Kies, zwei Mitarbeiter haben sich zu ihm gesellt, zwanzig Zentimeter neben ihren Füßen fällt die Erde steil nach unten. Rund zehn Meter tiefer ein braunes Wasserloch, in dem die Pumpe dröhnt. Die Goldgräberhalde ist klein, das aufgebrochene Stück Erde hat etwa den Umfang einer Schulturnhalle.
"Wir versuchen so tief wie möglich zu graben, denn da unten finden wir die Goldadern. Das Gold ist von Sand umschlossen, wenn wir also auf Sand stoßen, ist das ein gutes Zeichen. Aber da unten steigt auch das Wasser auf, das müssen wir abpumpen, damit wir an den Sand kommen."
Etwa 50 Menschen arbeiten an dem aufgerissenen Hang, die meisten sind junge Männer oder Jugendliche mit schlammbespritzten Jeans und T-Shirts. Einige schippen Erde in rote Plastikschüsseln, andere balancieren sie auf dem Kopf zum Waschplatz gleich neben dem Wasserloch. Ein paar Frauen sitzen mit ihren Kindern im Gebüsch, eine stillt gerade ihr Baby.
Basembu Gastoy sitzt auf einem tiefer gelegenen Stück Lehmboden und hält eine Art Waschbrett in seinen Händen.
"Zum Schluss müssen wir das Gold vom Sand trennen. Wir lassen dabei Wasser über eine Holzrutsche laufen. Das Gold ist schwerer als Sand. Aber es ist dann oft noch verunreinigt, wir müssen es in den Plastikschüsseln weiter waschen."
Basembu Gastoy und die anderen Schürfer arbeiten auf eigene Rechnung, sie dürfen ein Drittel vom Verkaufserlös behalten. Den Rest bekommt der Minenbesitzer. Besitzer ist, wer das betreffende Stück Land bei der staatlichen Minengesellschaft angemeldet und eine Gebühr bezahlt hat. Im Kongo darf jeder nach Gold schürfen. In Ituri gibt es daher viele "wilde Goldminen" wie diese.
Das wird sich vielleicht bald ändern. Denn für das ertragreichste Goldfeld in Iutri, Kilomoto, hat sich vor ein paar Jahren die AngloGold Ashanti – Gruppe die Konzessionen gesichert. Nach Recherchen von Human Rights Watch hatte der Konzern dafür Geld an eine der marodierenden Milizen bezahlt.
Die Schürfer an der Straße nach Djugu müssen vorerst nicht befürchten, dass ihnen ein Konzern den Boden streitig macht. Thobason Safari greift in seine Tasche und zieht eine säuberlich gefaltete Dollarnote hervor, die er vorsichtig öffnet. Stolz zeigt er eine kleine Portion Goldstaub herum.
"Das sind Null Komma fünf Gramm, dafür bekomme ich etwa 25 Dollar von einem Unterhändler. Wir leben von dem Gold, wir kaufen davon auch unser Essen. Wie viel es insgesamt ist, können wir nicht sagen. Jeder nimmt seinen Anteil."
Es ist anzunehmen, dass die Ausbeute des kleinen Schürferkollektivs über Uganda auf dem Weltmarkt landet. Uganda hat eine gemeinsame Grenze mit Ituri und zählt zu den größten Goldexporteuren Afrikas, obwohl es im Land selbst kein Gold gibt. Jahrelang haben ugandische Warlords durch einen schwungvollen Handel mit wertvollen Rohstoffen aus dieser Region ihre Waffenkäufe finanziert. Strukturen, die weiter Bestand haben, weil Friedenstruppen und auch die kongolesische Regierung machtlos sind.
Georg Dörken ist verantwortlich für die Projekte der Deutschen Welthungerhilfe im Kongo. Seit Jahren ist die Organisation hier in der Nothilfe für Flüchtlinge aber auch im Wiederaufbau aktiv:
" Man kann sagen, dass die meisten Kämpfe in den Gebieten stattfinden, wo die Rohstoffe gerade einen Preisanstieg hatten. Das konnte man beim Goldpreis gut beobachten, beim Coltan, Coltan hat vor ein paar Jahren enormen Preisschub gehabt, man muss auch wissen, dass diese Rohstoffgebiete sehr stark umkämpft waren, von verschiedenen Ethnien erobert wurden, um sich damit Finanzmittel zu verschaffen für Waffenkäufe, um den Krieg fortführen zu können."
Der Distrikt Ituri wird sein Trauma nicht los. Gerade erst waren in weiten Teilen des Landes die Menschen in ihre Dörfer zurückgekehrt. Jetzt sind nach UN Schätzungen im Süden der Provinz fast 150.000 Flüchtlinge vor den brutalen Überfällen der neuen Miliz geflohen. Diese Miliz ist ein Sammelbecken für demobilisierte Kämpfer der unterschiedlichsten Rebellengruppen. Als sie vor ein paar Jahren ihre Waffen abgegeben haben, hatte man ihnen Geld und eine Ausbildung versprochen. Aber die meisten von ihnen sind leer ausgegangen. Jetzt nennen sie sich zynisch: "Volksfront für Gerechtigkeit im Kongo" und terrorisieren die Zivilbevölkerung.
In einem Vorort der Provinzhauptstadt Bunia: Bunia liegt in unmittelbarer Nähe der Gebiete, wo Regierungssoldaten jetzt wieder gegen die Milizen kämpfen. Weil in der Provinzhauptstadt 3.000 Blauhelmsoldaten stationiert sind, können sich die Menschen hier ein bisschen sicherer fühlen als anderswo.
Hier leben die Schwestern Kathrin und Solange mit ihrem kleinen Bruder Claude in einer strohgedeckten Lehmhütte. Die drei haben vor sechs Jahren einen Milizenüberfall im Busch überlebt. Damals bekämpften sich die Volksgruppen der Lendu und Hema. Ein Krieg um Rohstoffe und den Zugang zu Boden. Kathrin und ihre Familie gehören zum Stamm der Hema:
"Wir lebten damals in einem Dorf weiter im Süden. Morgens um vier haben wir Gewehrsalven und Granateinschläge gehört. Da sind wir mit meiner Mutter in den Busch gelaufen und haben uns versteckt. Aber dann haben die Lendu-Milizen uns gefunden. Sie haben uns mit Macheten angegriffen. Meiner Mutter haben sie beide Hände abgehackt. Meine große Schwester und zwei Brüder von uns waren tot."
Kathrin ist ein zierliches Mädchen mit blauem Rock und weißer Bluse – der kongolesischen Schuluniform. Ihr Gesicht ist entstellt. Eine Machete hat sie am rechten Auge getroffen, sie kann es nicht richtig öffnen, eine große Narbe verläuft quer über das Lid, die Nase, den Mund. Als sie überfallen wurde, war sie vier Jahre alt, ihr Bruder noch ein Baby. Sie und ihre Mutter hatten Glück, dass sie überhaupt gefunden und in ein Krankenhaus gebracht wurden.
"Es war nur ein Zufall, dass ich überlebt habe. Man hat mich zuerst für tot gehalten."
Penetrant dröhnt ein Generator in die Stille der Natur: hinter dichtem Buschwerk verbirgt sich gleich neben der Straße eine kleine Abraumhalde für Gold. Der Generator liefert Strom für eine Wasserpumpe. Über einen rutschigen Trampelpfad gelangt man in das kleine Minental. Thobason Safari ist hier so etwas wie der Vorarbeiter.
"56 als erstes haben wir hier das Gestrüpp mit Macheten weggehackt, danach haben wir mit Spaten dieses Loch gegraben. Wir benutzen Eisenstangen, um den Boden aufzulockern und die Steine hier zu bewegen."
Mit verschränkten Armen thront Thobason auf einem schmalen rutschigen Vorsprung aus Erde und Kies, zwei Mitarbeiter haben sich zu ihm gesellt, zwanzig Zentimeter neben ihren Füßen fällt die Erde steil nach unten. Rund zehn Meter tiefer ein braunes Wasserloch, in dem die Pumpe dröhnt. Die Goldgräberhalde ist klein, das aufgebrochene Stück Erde hat etwa den Umfang einer Schulturnhalle.
"Wir versuchen so tief wie möglich zu graben, denn da unten finden wir die Goldadern. Das Gold ist von Sand umschlossen, wenn wir also auf Sand stoßen, ist das ein gutes Zeichen. Aber da unten steigt auch das Wasser auf, das müssen wir abpumpen, damit wir an den Sand kommen."
Etwa 50 Menschen arbeiten an dem aufgerissenen Hang, die meisten sind junge Männer oder Jugendliche mit schlammbespritzten Jeans und T-Shirts. Einige schippen Erde in rote Plastikschüsseln, andere balancieren sie auf dem Kopf zum Waschplatz gleich neben dem Wasserloch. Ein paar Frauen sitzen mit ihren Kindern im Gebüsch, eine stillt gerade ihr Baby.
Basembu Gastoy sitzt auf einem tiefer gelegenen Stück Lehmboden und hält eine Art Waschbrett in seinen Händen.
"Zum Schluss müssen wir das Gold vom Sand trennen. Wir lassen dabei Wasser über eine Holzrutsche laufen. Das Gold ist schwerer als Sand. Aber es ist dann oft noch verunreinigt, wir müssen es in den Plastikschüsseln weiter waschen."
Basembu Gastoy und die anderen Schürfer arbeiten auf eigene Rechnung, sie dürfen ein Drittel vom Verkaufserlös behalten. Den Rest bekommt der Minenbesitzer. Besitzer ist, wer das betreffende Stück Land bei der staatlichen Minengesellschaft angemeldet und eine Gebühr bezahlt hat. Im Kongo darf jeder nach Gold schürfen. In Ituri gibt es daher viele "wilde Goldminen" wie diese.
Das wird sich vielleicht bald ändern. Denn für das ertragreichste Goldfeld in Iutri, Kilomoto, hat sich vor ein paar Jahren die AngloGold Ashanti – Gruppe die Konzessionen gesichert. Nach Recherchen von Human Rights Watch hatte der Konzern dafür Geld an eine der marodierenden Milizen bezahlt.
Die Schürfer an der Straße nach Djugu müssen vorerst nicht befürchten, dass ihnen ein Konzern den Boden streitig macht. Thobason Safari greift in seine Tasche und zieht eine säuberlich gefaltete Dollarnote hervor, die er vorsichtig öffnet. Stolz zeigt er eine kleine Portion Goldstaub herum.
"Das sind Null Komma fünf Gramm, dafür bekomme ich etwa 25 Dollar von einem Unterhändler. Wir leben von dem Gold, wir kaufen davon auch unser Essen. Wie viel es insgesamt ist, können wir nicht sagen. Jeder nimmt seinen Anteil."
Es ist anzunehmen, dass die Ausbeute des kleinen Schürferkollektivs über Uganda auf dem Weltmarkt landet. Uganda hat eine gemeinsame Grenze mit Ituri und zählt zu den größten Goldexporteuren Afrikas, obwohl es im Land selbst kein Gold gibt. Jahrelang haben ugandische Warlords durch einen schwungvollen Handel mit wertvollen Rohstoffen aus dieser Region ihre Waffenkäufe finanziert. Strukturen, die weiter Bestand haben, weil Friedenstruppen und auch die kongolesische Regierung machtlos sind.
Georg Dörken ist verantwortlich für die Projekte der Deutschen Welthungerhilfe im Kongo. Seit Jahren ist die Organisation hier in der Nothilfe für Flüchtlinge aber auch im Wiederaufbau aktiv:
" Man kann sagen, dass die meisten Kämpfe in den Gebieten stattfinden, wo die Rohstoffe gerade einen Preisanstieg hatten. Das konnte man beim Goldpreis gut beobachten, beim Coltan, Coltan hat vor ein paar Jahren enormen Preisschub gehabt, man muss auch wissen, dass diese Rohstoffgebiete sehr stark umkämpft waren, von verschiedenen Ethnien erobert wurden, um sich damit Finanzmittel zu verschaffen für Waffenkäufe, um den Krieg fortführen zu können."
Der Distrikt Ituri wird sein Trauma nicht los. Gerade erst waren in weiten Teilen des Landes die Menschen in ihre Dörfer zurückgekehrt. Jetzt sind nach UN Schätzungen im Süden der Provinz fast 150.000 Flüchtlinge vor den brutalen Überfällen der neuen Miliz geflohen. Diese Miliz ist ein Sammelbecken für demobilisierte Kämpfer der unterschiedlichsten Rebellengruppen. Als sie vor ein paar Jahren ihre Waffen abgegeben haben, hatte man ihnen Geld und eine Ausbildung versprochen. Aber die meisten von ihnen sind leer ausgegangen. Jetzt nennen sie sich zynisch: "Volksfront für Gerechtigkeit im Kongo" und terrorisieren die Zivilbevölkerung.
In einem Vorort der Provinzhauptstadt Bunia: Bunia liegt in unmittelbarer Nähe der Gebiete, wo Regierungssoldaten jetzt wieder gegen die Milizen kämpfen. Weil in der Provinzhauptstadt 3.000 Blauhelmsoldaten stationiert sind, können sich die Menschen hier ein bisschen sicherer fühlen als anderswo.
Hier leben die Schwestern Kathrin und Solange mit ihrem kleinen Bruder Claude in einer strohgedeckten Lehmhütte. Die drei haben vor sechs Jahren einen Milizenüberfall im Busch überlebt. Damals bekämpften sich die Volksgruppen der Lendu und Hema. Ein Krieg um Rohstoffe und den Zugang zu Boden. Kathrin und ihre Familie gehören zum Stamm der Hema:
"Wir lebten damals in einem Dorf weiter im Süden. Morgens um vier haben wir Gewehrsalven und Granateinschläge gehört. Da sind wir mit meiner Mutter in den Busch gelaufen und haben uns versteckt. Aber dann haben die Lendu-Milizen uns gefunden. Sie haben uns mit Macheten angegriffen. Meiner Mutter haben sie beide Hände abgehackt. Meine große Schwester und zwei Brüder von uns waren tot."
Kathrin ist ein zierliches Mädchen mit blauem Rock und weißer Bluse – der kongolesischen Schuluniform. Ihr Gesicht ist entstellt. Eine Machete hat sie am rechten Auge getroffen, sie kann es nicht richtig öffnen, eine große Narbe verläuft quer über das Lid, die Nase, den Mund. Als sie überfallen wurde, war sie vier Jahre alt, ihr Bruder noch ein Baby. Sie und ihre Mutter hatten Glück, dass sie überhaupt gefunden und in ein Krankenhaus gebracht wurden.
"Es war nur ein Zufall, dass ich überlebt habe. Man hat mich zuerst für tot gehalten."