Der US-Sondergesandte Brian Hook hat fast schon gereizt reagiert. Wer behaupte, die US-Administration habe keine Iran-Strategie, sei absichtlich blind, sagte Hook im Interview mit dem ARD-Studio in Washington. Er verteidigte einmal mehr die Wirtschaftssanktionen:
"Wir verweigern dem Regime Einnahmen, die es braucht, um den Nahen Osten zu destabilisieren. Gleichzeitig hielten wir die Tür für eine diplomatische Lösung offen. Irans Regime hat nicht nach einer diplomatischen Lösung gesucht, sondern versucht, mit militärischen Mitteln unsere Differenzen zu lösen."
Die Diskussion in den USA
In den USA wird nun diskutiert, ob die Trump-Administration maßvoll und strategisch auf diese Herausforderung reagiert hat. Dabei ist die Frage, ob die gezielte Tötung des Kommandeurs der Al-Kuds-Brigaden, Ghassem Soleimani überhaupt den US-Interesse in der Region dient.
Die Trump-Administration hat immer erklärt, sie wolle Irans Einfluss auf Staaten im Nahen Osten zurückdrängen. Aber gleichzeitig ist es das US-Militär, das mit dem Anschlag auf den iranischen Kommandeur in Bagdad die Souveränität des Irak verletzt und keine Rücksicht auf die Lage des Verbündeten nimmt.
Dieses Vakuum kann nur ein Land füllen: Iran
Als Reaktion könnte die Regierung in Bagdad sogar verlangen, dass die 5000 US-Soldaten, die für den Kampf gegen den sogenannten islamischen Staat im Irak stationiert waren, abziehen müssen. Deutschland diskutiert, die Ausbildungsmission im Irak ganz aufzugeben. Das Vakuum, dass als Folge von Washingtons Rücksichtlosigkeit entsteht, kann nur ein Land füllen: Iran.
Und wie will die Trump-Administration ihr erklärtes Ziel eines neuen Atomabkommens erreichen? Teheran will kommende Woche ankündigen, an welche Vorgaben des bisherigen Vertrags es sich seinerseits nicht länger halten wird.
In Washington gibt es keine Antworten auf diese Fragen. Stattdessen bietet US-Präsident Trump ein Gefühl von Genugtuung an, dem Gegner Iran einen mächtigen Schlag verpasst zu haben:
"Heute gedenken wir der Opfer von Soleimanis Gräueltaten. Und es spendet Trost, zu wissen, dass seine Herrschaft des Terrors vorüber ist."
Medien berichten von Verwunderung im Pentagon
Die Entscheidung für die gezielte Tötung des iranischen Generals fiel offenbar in Trumps Golf-Ressort Mar-a-Lago, in Florida. Verteidigungsminister Esper und Außenminister Pompeo sollen vergangenen Montag Trump mehrere militärische Optionen angeboten haben. Zuvor hatte die Miliz Kata'eb Hisbollah mit iranischer Unterstützung eine Militärbasis im Irak angegriffen und dabei einen Amerikaner getötet.
Trump befahl den Angriff auf Stellungen der Miliz in Irak und Syrien. Dabei kamen 25 Menschen ums Leben. Nach dem Protest vor der US-Botschaft in Irak, bei dem Steine flogen und Fenster zu Bruch gingen, entschied sich Trump außerdem für die folgenreichste Option: die gezielte Tötung des iranischen Kommandeurs und Drahtziehers Soleimani. Zur Verwunderung der Mitarbeiter im Verteidigungsministerium, wie "New York Times", "Washington Post" und "Los Angeles Times" übereinstimmend berichten.
Trump-Mitarbeiter: Müssen wir erklären, warum wir Dinge tun?
Der taktische Militärschlag wirft seitdem in Washington nur noch mehr Fragen auf. Setzt die Trump-Administration doch auf einen Regime-Wechsel in Teheran? Droht eine direkte Konfrontation? Was ist der Ausweg?
In einem Hintergrund-Gespräch mit Journalisten reagierte ein Vertreter der Trump-Administration scherzhaft: Jesus, do we have to explain why we do things – steht in der Mitschrift des Telefonats. "Müssen wir erklären, warum wir Dinge tun?"
Eine Antwort auf die Frage nach der Iran-Strategie hatte auch der Regierungsvertreter nicht.