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Tokio 2020
Neuer Ärger für die Olympiamacher

Der Corona-Notstand in Tokio wird jetzt noch auf drei weitere Regionen ausgeweitet. Zwar ist die Zahl der Neuansteckungen und die Sieben-Tage-Inzidenz niedrig, aber die Zeit läuft und die Stimmen nach einer Absage der Spiele werden immer lauter.

Von Kathrin Erdmann |
Eine Japanerin mit Mundschutz läuft an den Loos der Olympischen und Paralympischen Spielen in Tokio vorbei
Die Olympischen Spiele sollen trotz der Corona-Pandemie in Tokio stattfinden (picture alliance/dpa/Jiji Press | Toru Kawata)
Namhafte Epidemiologen und der Chef des Tokioter Ärzteverbandes haben es schon vor langer Zeit gesagt: Die Olympischen Spiele im Sommer in Tokio auszurichten sei den Bürgern gegenüber unverantwortlich. Nun hat die japanische Ärztegewerkschaft nachgelegt. Sie vertritt die Interessen der angestellten Ärzte.
"Tokio darf kein Coronavirus-Hotspot werden. Wir meinen, die Olympischen Spiele sollten jetzt nicht stattfinden", sagt Gewerkschaftsvertreter Naoto Ueyama auf einer Pressekonferenz. Die Ärzte arbeiteten vielerorts seit Monaten am Anschlag. Wenn jetzt mehrere tausend Menschen aus dem Ausland zu den Olympischen Spielen ins Land kämen, berge dies große Gefahren.

Die Regierung hält unbeirrt an den Plänen fest

"Es ist wichtig, dass wir uns jetzt zu Wort melden, denn wir sind verzweifelt und fragen uns, wie die Regierung ernsthaft das Virus bekämpfen und die Spiele abhalten will."
Olympic rings monument Photo shows an Olympic rings monument in Tokyo s Odaiba waterfront area on Feb. 11, 2021. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY
Vor Olympia - Virologen und Intellektuelle schlagen Alarm
In Japan steigen die Infektionszahlen seit Wochen verstärkt an. Die Olympia-Organisatoren betonen, Sicherheit habe oberste Priorität. Kritiker halten dagegen, dass die Spiele trotzdem ein Superspreading-Event werden könnten.
Doch die Regierung hält unbeirrt an ihren Plänen fest. Das Tokyo 2020-Organisationskomitee hat gerade eine Pressemitteilung über die aus ihrer Sicht erfolgreichen, jüngsten Testwettkämpfe veröffentlicht. Dass sich mancher Sportler dabei wie eingesperrt vorkam, wird freilich nicht erwähnt.

Erste Trainingslager in Japan abgesagt

Wie gering das Vertrauen in das bisherige Sicherheitskonzept der Olympiamacher ist, wurde erst in dieser Woche deutlich. Die USA und einige andere Länder sagten Trainingslager in Japan ab.
OK-Chefin Hashimoto, die inzwischen zwei Masken übereinander trägt, weiß auch erstaunlicherweise auch nichts Genaues.
"Das ist natürlich unglücklich für die Regionen, dies sich mehrere Jahre auf ihre Aufgabe als Gastgeberstädte und Trainingscamps vorbereitet haben. Für die Absagen soll es mehrere Gründe gegeben haben. Einerseits gab es Sicherheitsbedenken, aber auch die langwierige Einreise nach Japan spielte eine Rolle."

Petition gegen Olympia erreicht 350.000 Unterschriften

Derzeit dauert allein die Einreise zwischen vier und acht Stunden. Möglicherweise um die Wartezeit zu verkürzen, wird jedoch nicht etwa der administrative Aufwand verringert, sondern es sollen einfach weniger Ausländer kommen. Statt 180.000 Offizielle nur noch die Hälfte, hieß es gerade vom japanischen Organisationskomitee.
Die Uniformen der Freiwilligen für die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio.
Ausländische Helfer fühlen sich zurückgewiesen
Auch für die Spiele in Tokio waren Helfende aus der ganzen Welt eingeplant. Aber mit dem Ausschluss von ausländischen Zuschauern werden auch die ausländischen Helfer nicht mehr gebraucht.
Doch trotz dieser Ankündigungen: Die Mehrheit der Japaner lehnt die Spiele nach wie vor ab. Das zeigt auch die Petition für einen Stopp der Spiele von Kenji Utsunomiya. Der Anwalt hat innerhalb von zehn Tagen mehr als 350.000 Unterschriften gesammelt. Der erste Schwung wurde heute an die Stadt Tokio übergeben.

Warten auf Tokios Gouverneurin

Am Vormittag sagte er Utsunomiya auf einer Pressekonferenz.
"Durch diese Petition hat die öffentliche Meinung eine konkrete Form angenommen. Nun wird über eine Absage der Olympischen Spiele im Parlament und in den Medien offen debattiert. Ich finde diese Entwicklung gut. Die japanische Regierung, die Stadt Tokio und das Organisationskomitee können diese Entwicklungen nicht länger ignorieren."
Utsunomiya, der bereits drei Mal vergeblich versucht hat, Gouverneur von Tokio zu werden, geht auch nicht davon aus, dass Japan im Falle einer Absage allein Entschädigungszahlungen zu leisten hätte.
"Wenn japanische Seite wegen der Corona-Pandemie, sozusagen einer Katastrophe, um die Absage bittet, hat das IOC keine andere Wahl, als der Bitte nachzukommen. Wenn das IOC dann eine Entschädigung verlangen würde, würde es vom Rest der Welt geohrfeigt werden und infolgedessen als Organisation zusammenbrechen."
Seit Wochen halten sich hartnäckig Gerüchte, dass sich Tokios Gouverneurin Koike in Kürze öffentlich für eine Absage der Spiele aussprechen könnte. Sie warte nur noch auf den passenden Moment, heißt es. Anfang Juli beginnen in der Präfektur Tokio die Parlamentswahlen.