Marcus Budt ist einer der wenigen Forscher in Deutschland, die sich mit Druckluftspeichern beschäftigen. Er arbeitet am Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits-, und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen und verfolgte vor knapp 15 Jahren mit Interesse, die Vision des 2006 gegründeten US-Unternehmen General Compression: "Das klang nach einer tollen Idee. Das wurde auch noch ein paar Jahre von diesem Unternehmen verfolgt - so ungefähr bis ins Jahr 2010."
Kompressor statt Generator in der Gondel
Die Start-Up-Firma wollten Windenergieanlagen bauen, die statt eines Generators in ihrer Gondel einen Druckluftkompressor beherbergen sollten. Die Bewegung der Rotorblätter sollte diesen dann direkt antreiben. Doch bei der technischen Umsetzung gab es Schwierigkeiten. Die erste lag in der Konstruktion selbst. In modernen Windenergieanlagen herrscht ein hochkomplexes Zusammenspiel von Kräften, das genau auf den schweren Generator oben in der Gondel abgestimmt ist. Ohne ihn wirken völlig andere Kräfte und die komplette Anlage hätte anders konstruiert werden müssen. Das wäre technisch sehr aufwändig gewesen und hat sich wirtschaftlich einfach nicht gelohnt.
Das zweite Problem: Vom Gesamtwirkungsgrad her betrachtet, sei es sinnvoller, den elektrischen Strom, den das Windrad erzeugt, direkt ins Netz einzuspeisen, erklärt Marcus Budt: "Das weist insgesamt einfach eine höhere Effizienz auf, als die komplette Windenergie dann erst über einen Speicher und damit natürlich auch über Wirkungsgradverluste erst später in elektrischen Strom zu verwandeln." Denn bei jeder Art von Energieumwandlung geht zwangsläufig Energie verloren.
Druckluftspeicher unter der Erde bleiben spannend
Aber auch wenn aus der direkten Erzeugung von Druckluft mit Hilfe von Windrädern nichts geworden ist: Zum Speichern Erneuerbarer Energien bleibt Druckluft sehr interessant. Wie das funktionieren kann, wird in Deutschland zurzeit in zwei Forschungsprojekten untersucht. Eines davon läuft an einem der beiden weltweit einzigen existierenden Druckluftspeicher, im niedersächsischen Huntorf.
Zwischen Weiden und sumpfigen Äckern, einige Kilometer östlich von Oldenburg, erhebt sich ein fensterloser Backsteinbau mit einem dicken Schornstein. Uwe Krüger leitet hier die Produktion der Uniper Kraftwerke GmbH und führt über das Betriebsgelände der Druckluftspeicheranlage: "Wir befinden uns jetzt über einem Salzstock der in einer Teufe von etwa 500 Metern beginnt. Dort eingelassen sind zwei Druckluftkavernen mit einem Gesamtvolumen von 300.000 Kubikmetern. Und in diesen Kavernen wird Umgebungsluft, die wir ansaugen und verdichten, eingespeichert."
Die Effizienz der Anlage ist gering
Für den Betrieb der Verdichter nutzt die Anlage überschüssigen Strom aus dem Netz. Wird später wieder Strom gebraucht, lassen Uwe Kröger und seine Kollegen die verdichtete Luft aus den Kavernen strömen und treiben damit eine Turbine an. Die Schlüsselkomponenten der Druckluftspeicheranlage - Verdichter, Turbine und Generator - stehen im Maschinenhaus. Durch den riesigen Raum zieht sich ein rostrot angestrichener Maschinenstrang, an dessen Ende die silberne, zylinderförmige Turbine aufragt.
Die ganze Anlage stammt aus den 1970er Jahren und ist nicht sehr effizient: Mehr als die Hälfte der elektrischen Energie geht beim Speichern verloren. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Technischen Universität Clausthal untersuche man gerade, wie sich das ändern ließe, erklärt Uwe Krüger: "Wir untersuchen, ob der maximale Betriebsdruck der Kavernen von 70 bar auf etwa 110 bar angehoben werden kann, um noch mehr Druckluftenergie einspeichern zu können."
Neue Technik soll den Wirkungsgrad steigern
Außerdem könnten ein Abgaswärmetauscher und eine neue Turbine helfen, den Wirkungsgrad der Anlage von derzeit 46 auf 57 Prozent zu steigern. Das ist aber noch nicht alles. Ein Hauptgrund für den niedrigen Wirkungsgrad ist, dass sich die verdichtete Luft aus den Kavernen beim Herausströmen sehr stark abkühlt - ein Effekt, den man von Kühlsprays gegen Sportverletzungen kennt. Damit die Turbine nicht vereist, muss die einströmende Druckluft erhitzt werden. Das geschehe bislang mithilfe von Erdgas, sagt Ann-Kathrin Fries von der TU Clausthal: "Wir wollen innerhalb des Projektes vor allen Dingen die Anlage an die Energiewende anpassen. Und das hat im Wesentlichen zur Folge, dass wir die Einsatzflexibilität erhöhen wollen und die CO2-Emissionen reduzieren möchten. Und ein großer Faktor ist da natürlich das Erdgas, das wir verbrennen, und das wir im Laufe des Projektes substituieren wollen mit Wasserstoff."
Grüner Wasserstoff soll die expandierende Druckluft erhitzen
Die Forschenden untersuchen, ob in der bestehenden Brennkammer anstelle von Erdgas Wasserstoff verbrannt werden kann. Er soll direkt auf dem Betriebsgelände erzeugt und gespeichert werden, erklärt Ann-Kathrin Fries: "Wasserstoff kann man auch in Salzkavernen speichern. Das wird derzeit in Deutschland noch nicht gemacht, es gibt aber verschiedene Überlegungen und Forschungsvorhaben in die Richtung, dass wir den Wasserstoff dann auch in einer Salzkaverne speichern. Und der Wasserstoff würde dann zusätzlich auch als Stromspeicher dienen, da wir den Wasserstoff zu Zeiten, wo Überschussstrom im Netz vorhanden ist, dann erzeugen können, mit dem Elektrolyseur."
Werden alle diese Maßnahmen umgesetzt, könnte der Druckluftspeicher in Huntorf bald große Mengen Windenergie speichern. Und die ist gerade im Nordwesten Deutschlands heute schon reichlich vorhanden.