"Also Ernstfälle sind stetig, die werden natürlich nicht publiziert logischerweise. Wir schützen ja sehr sensible Sachen, Industrie-Sachen, da möchte keiner drüber sprechen. Fakt ist einfach: Es ist ein sehr sensibler, konservativer Bereich: ‚Sicherheit’."
Klaus-Michael Pasewald ist Geschäftsführer bei der Genius Entwicklungsgesellschaft in Brandenburg. Mehr will er sich nicht entlocken lassen über konkrete Einsätze der PyroBubbles, die das 20-Mann-Unternehmen entwickelt hat. Das liegt ein wenig in der Natur der Sache: Die kleinen Glaskugeln sind kein alltägliches Brandschutzmittel für normale Häuser. Sie eignen sich vielmehr für den Schutz von Industrieanlagen und deren Betreiber reden eben nicht gerne über Brände.
"'PyroBubbles' sind ein ganz normales Blähglas. Wir haben eine leichte Struktur draus gemacht. Also viele Hohlräume geschaffen. Das ist durch ein bestimmtes Blähmittel erfolgt. Und damit können wir Wärme- und Hitzeeinträge relativ lange entgegensetzen."
Schutz vor Kabelbränden
Die Kügelchen sehen in etwa aus wie Katzenstreu. Weil sie unterschiedlich groß sind, können sie sich relativ dicht über einen Brand legen.
"Die ersticken den Brand. Die nehmen auch viel Wärmeenergie auf. Ab 1000 Grad wird die Wärmeenergie in Schmelzenergie umgewandelt."
Das heißt: Die Kugeln schmelzen und bilden dann eine Art Glaskokon um das brennende Material. Anfangs dienten die Glaskügelchen hauptsächlich dem präventiven Brandschutz. In Kabeln verbaut, sorgen sie dafür, dass Kabelbrände sich nicht ausbreiten. In großen Trafo-Anlagen sind Auffangwannen mit dem Granulat ausgelegt, um notfalls brennendes Öl zu löschen. Inzwischen hat die Firma mit Partnern auch eine Pumpe entwickelt, die ein Gemischs aus Luft und Glaskügelchen verblasen und Feuer löschen kann. Eine solche Maschine steht derzeit etwa in einer sächsischen Industrieanlage bereit. Und dann gibt es noch eine neue Anwendung, die Klaus-Michael Pasewald vor einer Lagerhalle seiner Firma in Brandenburg präsentiert.
"Das ist ein Bengalo-Safe. Bei Fußballspielen oder großen Events kann man die Sachen reinstecken, zu, und Ende."
Mehr Sicherheit bei Fußballspielen und Veranstaltungen
Der Bengalo-Safe ist eine etwa koffergroße Metallbox, die mit den Glaskügelchen gefüllt ist. Und bei den "Sachen" handelt es sich – wie der Name schon sagt – um Bengalos, also Magnesiumfackeln, die Hooligans oder andere Krawallmacher auf Veranstaltungen anzünden und durch die Gegend werfen. Sie brennen auch unter Wasser. Klaus-Michael Pasewald zündet eine solche Fackel an.
"Wir lassen das mal ein bisschen verbrennen. Hier ist die Flamme circa 2500 Grad heiß, hier brennt Leichtmetall."
"Jetzt stecke ich das hier rein, mache zu, jetzt lassen wird das einen Moment abkühlen, dann zeige ich Ihnen, was da passiert."
Nach einigen Minuten öffnet er die Box und holt mit einem Spaten einen Klumpen aus geschmolzenen Glaskügelchen heraus. Gefahr gebannt. So könnte auch das Sicherheitspersonal bei Großveranstaltungen oder Fußballspielen geworfene Fackeln ohne viel Aufhebens entsorgen. Das System ist bereits im Einsatz.
"Wir haben zwei bei der Union, in Frankfurt zwei stehen, zwei oder drei Bundesligamannschaften damit versorgt. Umso mehr man in die dritte Liga geht, wird das interessanter."
Schutz von Auto-Akkus
Neben der Kiste für die Bengalos stehen noch weitere Metallboxen. Sie gehören zum System "LionGuard". Lion steht in diesem Fall nicht für Löwe, sondern Lithium-Ionen. In diesen Kisten kann man Akkus transportieren.
"Dann sehen Sie diese Mutter-Box, wo die reingelassen werden. Hier sehen sie diese zwölf Zentimeter, drüber kommen große Kissen gelegt, gefüllt mit PyroBubbles und dann werden die verschlossen und dann ist das in Ordnung. Hier können 340 Kilo mit."
Zehn Zentimeter sind die mit Glaskügelchen gefüllten Wände des Containers stark. Etwa 150 solcher Container seien derzeit im Einsatz, sagt Klaus-Michael Pasewald. Hauptsächlich die Autoindustrie nutzt sie, um ihre Akkus sicher zu transportieren. Warum da so viel Vorsicht geboten ist, zeigt ein Video, in dem ein Modul eines Auto-Akkus verbrennt.
"Von solch einem Modul einer Autobatterie sind zwischen acht und 25 verbaut in einem Auto. Die Kiste ist circa einen Meter hoch, dann sieht man, dass die Flammen so 2,5 bis 3 Meter schlagen. Jetzt zeigen wir den geschützten Versuch. Das ist der Container. Hier sehen Sie die Überdruckventile, die abblasen gleich. Mehr ist im Grunde nicht zu sehen. Das war es. Sehen Sie hier: 760 Grad waren drin gewesen, 69 waren unten und 45 auf den Außenwänden."
Auf diese Weise schützen die Glaskügelchen inzwischen nicht nur Industrieanlagen, sondern sorgen auch dafür, dass ein kleiner Brand in einem Akkumodul bei einem Transport nicht zu einer großen Gefahr für die ganze Landung wird.