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Tolle Idee - was wurde daraus?
Mit Laserstrahlen gegen Moskitos

Um Malaria und andere Tropenkrankheiten zu bekämpfen, wurde vor knapp zehn Jahren ein Prototyp vorgestellt, der Mücken mit Laserstrahlen unschädlich machen soll. Die Idee amerikanischer Forscher erwies sich aber als nicht marktreif - auch wegen ungeklärter ökologischer Folgeschäden.

Von Michael Stang |
Nahaufnahme eines Moskitos
Laserstrahlen, so die Idee US-amerikanischer Forscher, sollten ein Abwehrschirm gegen Moskitos sein (AFP / Ye Aung Thu)
Jedes Jahr erkranken weltweit mehr als 200 Millionen Menschen an Malaria. Dem aktuellen WHO-Malaria Bericht zufolge starben 2017 schätzungsweise 435.000 davon an der Tropenkrankheit.
Insektensprays oder Mückennetze schützen nur bedingt vor den Anopheles-Mücken, die Malaria übertragen. Bereits in den frühen 1980er-Jahren verfolgte der Astrophysiker Lowell Wood deshalb erstmals die Idee, die gefährlichen Stechmücken mithilfe von Laserstrahlen automatisch abzuschießen.
Seine kühne Vision blieb lange ein Gedankenspiel. Doch 2007 griff die Bill and Melinda Gates Stiftung die Idee auf und finanzierte das erste große Projekt: Die Firma Intellectual Ventures sollte einen Weg finden, Moskitos mithilfe von Lasern unschädlich zu machen. Firmengründer Nathan Myhrvold stellte 2010 den ersten Prototypen vor – im Rahmen eines TED-Talks, auf großer Bühne, wie es sich für einen ehemaligen Chief Technical Officer von Microsoft gehört.
"Wir haben das Gerät hier drüben. Anstelle eines tödlichen Lasers, der nur einen sehr kurzen Impuls abgibt, werden wir einen grünen Laserpointer nutzen, der für eine ziemlich lange Zeit auf dem Moskito bleibt; sonst kann man es nicht sehr gut sehen."
Mit einem Niedrigenergielaser gegen Mücken
Myhrvolds Mitarbeiter Eric Johanson, der den Prototypen unter anderem mit Bauteilen von der Plattform Ebay konstruiert hat, führt das Gerät vor: ein klobiges Ungetüm links auf der Bühne, rechts ein Glaskasten, in dem Moskitos herumschwirren.
"Lassen Sie mich Ihnen zeigen, wie es funktioniert. Hier können Sie sehen, dass die Insekten erfasst werden, während sie herumfliegen, was irgendwie lustig ist. Als nächstes können wir sie tatsächlich mit einem Laser anleuchten. Das ist ein Niedrig-Energie-Laser und wir können tatsächlich eine Flügelschlagfrequenz aufzeichnen."
Der Vortrag ist ein Erfolg, das Video wurde inzwischen fast 900.000-mal angeklickt. 2016, also sechs Jahre später, beschreiben die Entwickler im Fachblatt "Nature Scientific Reports" technische Details des Systems. Mithilfe von Laserpulsen kürzer als 25 Millisekunden sollen Malariamücken automatisch erfasst und abgeschossen werden. In der Studie heißt es, die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Laser-System der vielversprechendste Kandidat jener Methoden ist, die Moskitos in der Natur identifizieren, markieren und eliminieren können. Ein Video auf der Firmenseite demonstriert die Effizienz der Technik:
"Innerhalb einer Zehntelsekunde wird der Flügel dieses Moskitos so stark beschädigt, dass er sich nicht mehr fortpflanzen kann. Bei der Suche nach der richtigen Energiemenge sind die Laserstrahlen manchmal zu stark, was zu diesen dramatischen Szenen führt."
Die Flügel des Insekts zerstäuben und das Tier fällt tot zu Boden. 2017 hatte Intellectual Ventures den vierten Prototypen seines laserbasierten Moskito-Abwehrsystems entwickelt, der mittlerweile auch als photonischer Zaun bezeichnet wurde. Firmenangaben zufolge kann er Stechmücken in bis zu 30 Metern Entfernung und bis zu drei Meter über dem Boden vom Himmel holen.
Frage nach ökologischen Nebenwirkungen
Der automatisch schießende Zaun erwischt aber nicht nur Mücken, sondern auch Blattflöhe und Fruchtfliegen. Vor zwei Jahren war der erste Feldtest in Florida geplant. Dabei sollte geklärt werden, ob als Kollateralschaden auch Nützlinge wie Bienen den Laserstrahlen zum Opfer fallen. Die Ergebnisse dieses Versuchs wurden bisher allerdings nicht veröffentlicht. Mittlerweile herrscht Funkstille. Anfragen, wann das System auf den Markt kommt, blieben unbeantwortet. Der Leiter des Technikteams und Hauptautor der Scientific Reports-Studie, Arty Makagon, teilte nach mehrfachen Interviewanfragen für diesen Beitrag lediglich mit:
"Aktuell nehmen wir an keinen Medien-Events teils. Wenn es etwas mitzuteilen gibt, werden wir wieder mit den Medien zusammenarbeiten."
Das Ausmaß der ökologischen Nebenwirkungen bleibt damit ebenso unklar, wie die Frage, welche Gefahr das System für Menschen darstellt. Bei den Feldversuchen trugen die Beteiligten Schutzbrillen und wurden angehalten, nicht direkt in den Laserstrahl zu schauen.
Zweifel an der Markt- und Praxistauglichkeit
Wie praxistauglich kann solch ein Hightech-System sein? Und wo und unter welchen Umständen dürfte es überhaupt installiert werden? Weil diese Fragen völlig offen sind, bezweifeln Experten, dass ein bezahlbares und effektives Produkt jemals marktreif wird. Zu ihnen gehört auch Reinhart Poprawe, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik an der RWTH Aachen. In einer Mail schreibt er:
"Natürlich ist das möglich und die Moskitos können geortet und dann mit einem Pulslaser "entflügelt" werden. Abgesehen von der Tierquälerei, die damit verbunden ist, stellt sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Die Laser liegen bis auf weiteres bei sechsstelligen Euro-Beträgen. Ich kann nicht sehen, dass das ein Markt ist."
Erschwerend kommt noch hinzu, dass es in vielen Malaria-Gebieten keine zuverlässige Stromversorgung gibt, die für den Einsatz des Laser-Zaunes nötig ist. Bleibt also abzuwarten, ob sich die alte "Star Wars-"Idee vom Laserpuls, der Feinde vernichtet, auch wenn es sich nur um winzige Insekten handelt, umsetzen lässt. Bevor die Methode nicht sicher und günstig genug ist, wird der optische Schutzschild gegen Moskitos weiter ein Wunschtraum bleiben.