"Also, hier haben wir nun kleine Petrischalen, ungefähr fünf Zentimeter groß, die mit etwas Erde befüllt sind. Sie ist jetzt vollständig getrocknet. Deswegen müssen wir sie erst kurz anfeuchten. Auf dieser Erde habe ich den Pilz ausgebracht vor einem halben Jahr. Nun habe ich die Erde wieder reingeholt. Und jetzt untersuche ich, ob diese Pilzsporen immer noch vorhanden sind. Und wenn ja, ob sie auch noch infektiös sind." as X1 ist die Stammbezeichnung für diesen Pilz. W steht für Wald. Und das ist die Probe Nummer 2."
Es ist kein Sicherheitslabor, in dem Marion Wassermann ihre nächsten Versuche vorbereitet. Und doch hantiert die Biologin in diesem Moment mit einem tödlichen Erreger - nicht für den Menschen, aber für Zecken! Milbenartige Spinnentiere, die wir gar nicht gut leiden können. Denn weit verbreitete Arten wie der Gemeine Holzbock befallen auch den Menschen. Und wenn die Blutsauger zustechen, übertragen sie Viren und Bakterien. Das kann zu folgenschweren Erkrankungen führen, etwa zu Hirnhautentzündungen und Borreliose.
"Unser Ziel ist es, die Zecken mit diesem Pilz zu töten. Ein Aspekt davon ist natürlich auch: Wie lange bleibt dieser Pilz in der Natur vorhanden, wenn wir ihn ausbringen?"
Wenn Medikamente gegen die Hirnhautentzündungen fehlen und Borreliose oft unerkannt bleibt - warum dann nicht gegen den Überträger selbst vorgehen? Gegen die Zecken! Das ist die Idee! Geboren wurde sie am Institut für Parasitologie der Universität Hohenheim. Und zwar schon 2007: "Den Ansatz, den wir vor zehn Jahren hatten, den mussten wir verwerfen." Aber das Forschungsteam gab nicht auf!
"Wir haben sehr intensiv über Jahre hinweg geforscht und sind dann bei den / Pilzen quasi hängengeblieben." Ute Mackenstedt, Professorin für Parasitologie an der Universität Hohenheim. Die Biologin hielt am Anfang auch noch andere Organismen für geeignet: Fadenwürmer, die Zecken als Parasiten befallen, und kleine Erzwespen:
"Die legen Eier in diese Zecken hinein. Und bei der Entwicklung dieser Eier zu der nächsten Wespen-Generation werden die Zecken getötet."
Zecken mit Pilzen infizieren
Nur erwies es sich als zu schwierig, die Wespen zu züchten: "...und letztlich auch bei den Fadenwürmern: Das war nicht so effektiv. Und insofern haben wir dann diesen Pilz ausgewählt. Die spannende Frage war. Wie bringen wir jetzt diesen Pilz mit den Zecken zusammen?"
Diese Frage ist inzwischen beantwortet. Dank der Unterstützung von Biotechnologen der Fachhochschule Bielefeld. Sie entwickelten kleine Granulat-Kapseln als Behausung für die Pilze, die auch in der Natur vorkommen - nur nicht in ausreichender Anzahl und Dichte.
"Wenn Sie so wollen, sind das kleine Pilzbomben. Also, es ist 'ne tolle Idee! Man wirft so kleine Perlen, diese Pilzbomben, einfach in die Umgebung. Zusätzlich sind die noch unheimlich attraktiv für Zecken, das heißt die Zecken bewegen sich auf diese Pilzbomben zu."
Marion Wassermann erläutert, warum. Demnach enthalten die Hohlkörper nicht nur den Killer-Pilz, sondern auch noch lebende Hefezellen, die stoffwechselaktiv sind und Kohlendioxid freisetzen. Darauf reagieren Zecken: "Sie werden angelockt. Und somit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich dann mit diesem Pilz infizieren. Also, jedes Tier atmet, produziert CO2, und das ist anregend für Zecken. Und dort gehen sie hin."
Im Labor der Hohenheimer Arbeitsgruppe dagegen keine Zecke weit und breit! Dafür aber rund 60 Larven der Wachsmotte:
"Sehen ein bisschen aus wie Fliegenmaden. Nur große Fliegenmaden, Aber es sind Raupen."
Ein Produkt gegen Zecken in Planung
Marion Wassermann klaubt die Larven vorsichtig aus einem Glasgefäß und quartiert sie zu den Pilzen in den Petrischalen mit der Erde. Sie hofft, dass den Raupen nichts geschieht:
"Ich vermute sehr stark, dass bei diesem Versuch, den ich jetzt gleich starten werde, dieser Pilz, diese Wachsmotten-Raupen nicht infizieren wird. Mit diesem Bekämpfungsmittel gegen Zecken wollen wir ja spezifisch Zecken töten und nicht die nützlichen Insekten."
Ein wichtiges Kriterium, das die Hohenheimer Forscherinnen noch weiter überprüfen wollen. Für den Sommer sind dann erste größere Freilanduntersuchungen geplant. Sie werden zeigen, ob die Granulat-Perlen mit dem Pilz auch draußen in Gärten und Wäldern funktionieren. Im Labor dauerte es keine Woche, bis infizierte Holzböcke starben. Inzwischen sind auch zwei Industriepartner bei dem Projekt mit an Bord. Marion Wassermann ist optimistisch, dass es am Ende doch noch zum Erfolg führt - gut zehn Jahre, nachdem die Idee geboren wurde:
"In naher Zukunft soll wirklich ein Produkt auf den Markt kommen, was gegen Zecken eingesetzt werden kann. Ein leicht auszubringendes Präparat, das jeder Mensch anwenden kann, um zum Beispiel seinen eigenen Garten oder Waldspielplätze, Waldgrillplätze, wo Mensch und Zecke eher in Kontakt kommen können - dort die Zeckenpopulation zu reduzieren, so dass das Infektionsrisiko für den Menschen geringer wird."