Beton ist so praktisch, dass er längst zum Problem geworden ist: Dreieinhalb Milliarden Kubikmeter Beton wurden im letzten Jahr weltweit hergestellt. Das entspricht einem Betonwürfel mit der Kantenlänge von 1500 Metern.
"Wir können uns nicht mehr erlauben, nicht nachhaltig zu denken. Die Zeiten sind vorbei."
Das sagt Raymund Böing von HeidelbergCement, einem der weltweit führenden Anbieter für Beton-Zuschlagsstoffe. Neben der schlechten CO2-Bilanz bei der Betonherstellung treibt die Firmen allerdings ein anderes Problem um: Zwei Drittel ihres Produktes bestehen aus Sand und Kies - und diese Rohstoffe werden knapp. Laut Wolfgang Breit von der Technischen Universität Kaiserslautern liegt das nicht nur daran, dass derzeit in Deutschland sehr viel gebaut wird.
"Die Knappheit, die im Moment auftritt und spürbar wird, rührt daher, dass die Genehmigungsverfahren länger brauchen und keiner mehr eine entsprechende Kiesgrube oder Ähnliches freigeben möchte. Das ist mehr der Hintergrund und nicht, dass wir das Material nicht hätten."
Betonbruch nach Deutscher Industrienorm
Seit Jahren untersucht Wolfgang Breit sogenannten Recycling-Beton: Betonbruch, beispielsweise aus abgerissenen Gebäuden, wird dafür zu kleinen Körnern zermahlen, gewaschen und anschließend neuem Beton zugemischt. Eine Deutsche Industrienorm lässt den Einsatz seit 20 Jahren zu – und das fertige Material gilt seither als technisch gleichwertig zu Beton aus frischem Sand. Doch in den letzten Jahren entstanden nur vereinzelt Bauten aus Recycling-Beton. Der Bruchbeton wandert heute wie eh und je fast vollständig in den Straßenbau. Denn für Recycling-Beton müsste der alte Betonstein aufbereitet werden, erläutert Architekt Ulrich Schweig, der bei der Baufirma Züblin für nachhaltiges Bauen zuständig ist.
"Wir haben im Moment sehr wenige Recyclingunternehmen, die beispielsweise mit Waschanlagen in der Lage sind, diesen Beton aufzubereiten. Das ist ein Riesenproblem, da insbesondere in den Ballungsgebieten ein hoher Bedarf existiert. Es wäre notwendig, solche Messverfahren einzuführen, um dann unmittelbar vor Ort, beispielsweise in einem Ballungsraum wie Berlin, Abbruchrohstoffe wieder aufzubereiten und wieder zu verwenden."
Recycling-Beton nicht von der Planung vorgesehen
Gut jede zehnte Tonne Sand und Kies, die auf Baustellen verbraucht wird, ließe sich durch umweltfreundlichen Betonbruch ersetzen, sind Fachleute überzeugt. Und praktischerweise fällt das Material auch genau dort an, wo am meisten Bauwerke abgerissen werden - nämlich in den Städten. Dass Recycling-Beton dennoch nur selten verwendet wird, liege nicht an den Baufirmen, sagt Ulrich Schweig von Züblin, sondern an den Planern.
"Im Prinzip ist das eine ganz einfache Geschichte. Die Bauindustrie baut genau das, was die Bauherren ausschreiben. Das heißt, wenn von Seiten der Bauherrschaft oder von den planenden Architekten ein recycelter Beton nicht vorgesehen und nicht ausgeschrieben wird, dann wird natürlich die Bauindustrie auch kein Angebot abgeben. Wenn es nachgefragt wird, dann wird sich die Bauindustrie sicherlich überlegen, in welchem Umfang das Material verfügbar werden würde."
Anreize müssen von der Politik kommen
In der Schweiz wird mittlerweile sehr viel mit Recyclingbeton gebaut, weil es sich wegen der teuren LKW-Maut nicht rechnet, Bauschutt über große Distanzen aus den Städten hinauszufahren. Stattdessen wird er bei den Eidgenossen aufbereitet und vor Ort wiederverwendet. Das Beispiel zeigt: Damit die Bauwirtschaft auf Recycling-Beton setzt, muss die Politik einfach nur entsprechende Anreize setzen. So sieht das auch der Werkstoffforscher Wolfgang Breit von der TU Kaiserslautern.
"In den Niederlanden gibt es ein politisches Instrument: Dort ist es verboten, das Material im Straßenbau einzusetzen. Insofern wird der Massenstrom grundsätzlich in den Beton umgeleitet. Das wäre eine politische Entscheidung."