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Tolle Idee! Was wurde daraus?
Sommerwärme im Winter nutzen

Sonnenkollektoren auf dem Dach, die Warmwasser bereiten und die Heizung unterstützen – sie sind mittlerweile etabliert. Noch cleverer wäre es, wenn man die Solarwärme des Sommers bis in den Winter retten könnte, wenn man sie am besten gebrauchen kann. Die Technik ist auch schon da, es gibt nur ein Problem.

Von Frank Grotelüschen |
    Solarzellen auf einem Dach.
    Die von Solarzellen produzierte Energie bis in den Winter zu retten, fällt noch schwer (dpa / picture-alliance / Wolfram Steinberg)
    "In der Solartechnik haben wir den Traum, solare Strahlung des Sommers zu nutzen für die Wärme im Winter."
    Ansatzweise ist er bereits wahr geworden - der Traum von Fachleuten wie Henner Kerskes vom Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik der Uni Stuttgart. Und zwar funktioniert das so: Die Solarwärme wird nicht wie üblich in kleinen Behältern im Heizungskeller gespeichert, sondern in Riesentanks mit dem Volumen mehrerer Schwimmbecken. Denn je größer das Volumen eines Speichers, umso länger hält sich die Wärme.
    "In diesen Konzepten sind mehrere Gebäude zu einem Wärmenetz zusammengeschlossen. Da wird auf den Häuserdächern über Solarkollektoren im Sommer die Wärme gesammelt, in großen Speichern gelagert und im Winter für die Beheizung verwendet."
    Pionieranlagen entstand schon 1996
    Als Speicher können nicht nur Riesentanks dienen, sondern auch große abgedichtete Erdbecken, natürliche Grundwasserreservoirs oder unterirdische Gesteinsformationen. Mittlerweile sei die Technologie ausgereift, meint Kerskes. Doch kommt man mit der im Sommer gespeicherten Wärme tatsächlich über den ganzen Winter?
    "Das ist nicht das Auslegungsziel dieser Anlagen. Sie sind in der Regel ausgelegt, um einen ökonomischen Kompromiss zu finden für solare Deckungsanteile von etwa 50 bis 60 Prozent. Wir wollen einen guten Kompromiss zwischen Kosten und solarem Beitrag."
    In Deutschland gibt es rund 30 saisonale Wärmespeicher, schätzt Kerskes. Eine der Pionieranlagen entstand 1996 im Hamburg-Bramfeld. Dort versorgt ein 4.000-Kubikmeter-Wassertank eine Wohnsiedlung mit Nahwärme. Allerdings zeigte der Tank unerwartet hohe Wärmeverluste und wurde 2010 erneuert. Seitdem speichert er zusätzlich auch die Abwärme eines Müllheizkraftwerks. Solche Multifunktionsanlagen, die nicht nur von Solarkollektoren gespeist werden, sondern auch von anderen Quellen wie der Abwärme von Kraftwerken und Industrieanlagen, liegen im Trend: Die Speicher werden dadurch besser ausgelastet. Auf breiter Front durchgesetzt aber hat sich die Technik noch nicht, denn:
    "Letztendlich ist das eine Kostengeschichte. Diese Technologie muss konkurrieren mit der Wärmebereitstellung durch fossile Verbrennung. Und wir wissen, dass Gas und Öl derzeit extrem günstig sind."
    Wasser speichert zu wenig Energie
    Und: Die Riesenspeicher lassen sich längst nicht überall bauen - mal fehlt der Platz, mal ist der Baugrund ungeeignet, die Nachrüstung bei Altbauten rentiert sich meist nicht. Deshalb setzt die Fachwelt nun auf eine weitere Strategie: kleine Anlagen, die trotzdem Wärme über Monate speichern.
    "Sodass auch der einzelne Hausbesitzer die Möglichkeit hat, Wärme vom Sommer in den Winter zu speichern. Das ist die Vision."
    Nur: Mit Wasser als Speichermedium funktioniert das nicht. Seine Kapazität ist zu klein, die Verluste sind zu groß. Deshalb experimentieren die Experten mit anderen, effizienteren Speichermedien – Natronlauge etwa oder Phasenwechselmaterialien: Beim Schmelzen nehmen sie Wärme auf, die sie beim Erstarren wieder abgeben. Henner Kerskes dagegen versucht es mit sogenannten Zeolithen.
    "Das sind hochporöse Kügelchen. Die haben die Fähigkeit, Wasserdampf aufzunehmen, zu adsorbieren. Bei dieser Adsorption wird Wärme frei."
    Die Zeolith-Kügelchen sind weiß und messen ein paar Millimeter. Ihre Wirkung zeigt Kerskes mit einem Versuch auf seinem Schreibtisch.
    Trockene Kügelchen geben Energie im Winter ab
    "Ich habe ein paar trockene Zeolithe in ein Becherglas gefüllt. Jetzt spritze ich Wasser drauf. Dann werden wir sehen, was passiert. - Sie sehen die Dampfbildung. Diese Zeolithe werden so heiß, dass das Wasser verdampft. Sehen Sie, wie das hier kocht? Wir haben hier in diesem Behälterchen bestimmt 70, 80 Grad."
    Als Wärmespeicher funktioniert das so: Im Sommer werden die Zeolithe per Sonnenenergie aufgeheizt und ordentlich durchgetrocknet. Die trockenen Kügelchen lassen sich dann problemlos über Monate in wasserdichten Behältern speichern – eine aufwendige Wärmeisolierung ist unnötig. Um dann im Winter an die gespeicherte Wärme heranzukommen, wird feuchte Raumluft in die Kügelchen geleitet. Die nehmen das Wasser aus der Luft auf, erhitzen sich und geben die Wärme an die Luft ab.
    "Die Luft tritt mit 20 Grad und feucht in den Speicher ein und verlässt ihn trocken mit einer Temperatur von etwa 60 Grad."
    Erste Versuche mit den Zeolithen gab es schon im letzten Jahrzehnt. Eingebaut in einer Wärmepumpe sind sie sogar schon auf dem Markt. Doch für den Einsatz in einem Langzeitspeicher waren die Kügelchen lange Zeit zu teuer. Außerdem reichte die Power der Solarkollektoren nicht, um sie effektiv zu trocknen.
    Solarwärme für das Energiesparhaus auch im Winter
    Doch diese Probleme scheinen allmählich behoben und die Stuttgarter Forscher können die Technik nun erstmals unter realitätsnahen Bedingungen testen: Auf dem Uni-Campus haben sie ein kleines Fertighaus installiert, das Dach voller Solarkollektoren.
    "Was eigentlich das Schlafzimmer ist, haben wir als Technikraum umfunktioniert. Hier steht der saisonale Wärmespeicher. Sieht aus wie ein Kleiderschrank. Hat eine Abmessung von zwei mal zwei Metern und auch eine Höhe von ungefähr zwei Metern."
    Drei Tonnen Zeolithkügelchen stecken in dem Klotz. Eine Mechanik sorgt dafür, dass die Kügelchen gut mit feuchter Luft durchströmt werden. Die Tests laufen nun seit zwei Jahren. Das Resultat:
    "Wir haben eine Wärmefreisetzung erreicht, die etwa 80 bis 85 Prozent von dem liegt, was wir maximal erreichen können."
    Pro Kubikmeter können die Zeolithe bis zu 180 kWh Wärme speichern –zweieinhalbmal so viel wie dasselbe Volumen Wasser. Damit scheint es prinzipiell möglich, ein Energiesparhaus vollständig mit Solarwärme zu versorgen, auch im Winter. Für Henner Kerskes jedenfalls steht einer baldigen Markteinführung nichts mehr im Wege.
    "So ein System kann man in den nächsten drei Jahren kaufen, da bin ich sicher. Die Technologie ist soweit. Sie muss jetzt von Industrieseite aufgegriffen werden. Dann kann man das umsetzen."