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Tonbänder-Urteil
Helmut Kohl darf Aufnahmen behalten

Sein historisches Vermächtnis bleibt in seinen Händen: Das Kölner Oberlandesgericht hat Altkanzler Helmut Kohl 200 Tonbänder mit seinen Lebenserinnerungen zugesprochen. Kohls langjähriger Begleiter Heribert Schwan kündigte bereits kurz nach der Entscheidung an, womöglich in Revision gehen zu wollen.

    Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) sitzt am 16.05.2014 in Oggersheim (Rheinland-Pfalz) im Garten seines Wohnhauses vor einem Originalstück der Berliner Mauer.
    Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl bekam die Tonbänder mit seinen Lebenserinnerungen auch in zweiter Instanz zugesprochen. (picture alliance / dpa / Uwe Anspach)
    Das Oberlandesgericht Köln hat Helmut Kohl die Befugnis über 200 Tonbänder mit seinen aufgezeichneten Lebenserinnerungen zugesprochen. Die Richter verkündeten ihr Urteil am Freitagmittag.
    Sein langjähriger Begleiter, der Journalist Heribert Schwan, hatte sich mit Kohl einen erbitterten Rechtsstreit geliefert. Der Publizist hatte den früheren Bundeskanzler 2001 und 2002 viele Tage lang befragt und die Gespräche aufgezeichnet. Die Aufnahmen umfassen 630 Stunden. Auf Grundlage der Tonbänder verfasste er als Ghostwriter Kohls Memoiren.
    Tonbänder gelten als wertvolles Zeitdokument
    Die Tonbänder gelten als Schatz, denn Kohl hat durch einen schweren Sturz 2008 große Teile seiner Sprachfähigkeit verloren. Nun wurden die Originalbänder in zweiter Instanz zu Kohls Eigentum erklärt. Das Gericht hatte im Vorfeld bereits angedeutet, dass es die Bänder dem Ex-Bundeskanzler zusprechen wolle.
    Entscheidend sei, dass in den Buchverträgen durchgängig Kohl als Autor bezeichnet werde, erklärten die Richter in einer früheren Anhörung. Demnach lägen die Urheberrechte bei Kohl. "Insgesamt meinen wir, dass der Kläger als Urheber der Tonbandaufzeichnungen zu bewerten ist", sagte der Kölner Vorsitzende Hubertus Nolte in seiner Begründung des Urteils.
    Schwan sieht seine Rolle unterschätzt
    Schwan vertritt in dieser Hinsicht eine völlig andere Auffassung. Er ist der Meinung, dass seine Rolle beim Zustandekommen der Memoiren unterschätzt werde. So haber er zum Beispiel die Entscheidung getroffen, die Gespräche aufzuzeichnen.
    Vor Abschluss des vierten und letzten Bandes der Kohl-Memoiren war es 2009 zum Zerwürfnis zwischen Kohl und Schwan gekommen. Der Altkanzler beendete die Zusammenarbeit, forderte die Tonbänder zurück und bekam nach einer Klage in erster Instanz Recht. Schwan händigte die Tonbänder aus und ging anschließend ging in Berufung.
    Kopien und Abschriften in Schwans Händen
    Im Zuge des Prozesses beschuldigte der Journalist Kohls zweite Ehefrau Maike Kohl-Richter, ihren Ehemann gegen ihn aufgebracht zu haben. "Nicht er ist mein Feind vor Gericht, sondern sie", sagte der 69-Jährige im Deutschlandfunk.
    Schwan hat die Möglichkeit, vor dem Bundesgerichtshof in Revision zu gehen. "Ich neige dazu, in Revision zu gehen", sagte Schwan nach der Entscheidung. Ein solcher Gang zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe sei aber kostspielig.
    Deshalb appelliere er an die Konrad-Adenauer-Stiftung und an CDU-Politiker wie Norbert Blüm, Heiner Geißler, Bernhard Vogel oder Kurt Biedenkopf, sich an den Kosten zu beteiligen. Schwan sagte zu, die Bänder dem Archiv der Konrad-Adenauer-Stiftung zur Verfügung zu stellen, falls sie ihm in letzter Instanz vom Bundesgerichtshof zugesprochen werden sollten. "Sollte ich verlieren, habe ich rund 50.000 Euro in den Wind geschossen", sagte er kürzlich. Nach eigenen Angaben besitzt er Kopien und Abschriften der Bänder.
    Deutungshoheit über Kohls Leben
    Das Gerichtsurteil aus Köln wirft erneut ein Licht auf den Streit um die Deutungshoheit über Kohls Leben. Denn auch um Kohls umfangreiches Privatarchiv wird gestritten. Dabei geht es um mehrere hundert Aktenordner, die er nach seiner Abwahl der Adenauer-Stiftung übergeben hatte, 2010 dann aber in sein Privathaus bringen ließ.
    Maike Kohl-Richter hatte in einem Interview erklärt, dass sie die "alleinige Entscheidungsbefugnis" über Kohls Nachlass haben solle. Kohls Weggefährten wollen das Archiv lieber für Forscher zugänglich machen.
    (tzi/nin)