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Top Secret: Geheimgesellschaften
Die verborgenen Mächte

Freimaurer, Rosenkreuzer, Illuminati - Verbünde, die verborgen hinter den für uns offensichtlichen Machtstrukturen mutmaßlich unsere Welt beeinflussen. Diese Geheimgesellschaften mit ihren oft skurrilen Grundsätzen, Ritualen und Codes stellt das Regieduo Gintersdorfer/Klaßen in seinem neuen Performance-Projekt am Hamburger Schauspielhaus vor.

Von Alexandra Friedrich |
    Eine Szene des Stückes "Der Allmächtige Baumeister aller Zeiten" von Gintersdorfer/Klaßen, bestehend aus Anne Müller, Eric Parfait Francis Taregue alias SKelly, Gala Othero Winter, Hauke Heumann, Franck Edmond Yao alias Gadoukou la Star, Gotta Depri und Jonas Hien auf der Bühne des Schauspielhauses Hamburg.
    Eine Szene des Stückes "Der Allmächtige Baumeister aller Zeiten" von Gintersdorfer/Klaßen auf der Bühne des Schauspielhauses Hamburg (Knut Klaßen)
    "Bau den Tempel der Humanität - wir haben Griffe und Zeichen - um das Herz zu erweichen - wir sind international - und Du bist jetzt dabei."
    Acht Menschen - zwei Frauen, sechs Männer - die jeweils mit dem Gesicht am Po des Vordermanns eine Polonaise über die Bühne machen. Eine der ersten Szenen im "Allmächtigen Baumeister aller Welten", dem neuen Performancestück des Regieduos Gintersdorfer/Klaßen. Die Darstellung eines Initiationsritus der Freimaurer.
    "Die Freimaurer haben die Weltherrschaft. Die ganzen Präsidenten der Welt, alle hohen Politiker sind Freimaurer. Außer Donald Trump."
    Freimaurer, Rosenkreuzer, Illuminati - geheime Gesellschaften, die hinter den für uns offensichtlichen Machtstrukturen mutmaßlich unsere Welt beeinflussen. Ihre Grundsätze, Rituale und Codes werden im Stück vorgestellt - mal monologisch, mal im Kollektiv diskutiert von allen Darstellern.
    "Aus unserem Team heraus haben wir seit Jahren immer wieder gehört bei Krisen, bei Unfällen, bei politischen Geschehnissen: Das ist ja, weil die Freimaurer sind oder Illuminati."
    Keine starre Performance
    Seit zwölf Jahren arbeiten die Regisseurin Monika Gintersdorfer und der Bühnenbildner Knut Klaßen mit ihrem Performance-Kollektiv - bestehend aus deutschen und ivorischen Künstlern - im aktuellen Stück ergänzt durch Darsteller des Schauspielhauses. Die schlüpfen hier ausnahmsweise mal nicht in feste Rollen und tragen keine festgeschriebenen Texte vor, sondern performen mehr oder weniger frei, oft auch wortlos.
    "Es geht nicht nur darum, über Information oder Sprache etwas zu vermitteln, sondern das auch mit Klängen und Materialien, die Knut da einbringt. Und das schreiben wir auch nicht so hundertprozentig vor."
    Auf der Bühne liegt ein Repertoire an selbst gebauten Musikinstrumenten, mit denen die Akteure nach Belieben auch mal den Monolog eines Mitspielers stören.
    "Also wenn man fleißig an sich arbeitet, dann kann man weiter aufsteigen: Erst wird man Lehrling, Geselle, dann Meister, dann geheimer Meister, dann vollkommener Meister."
    Gewollte Irritationen
    Irritationen, die gewollt sind, auch dass die Darsteller das Licht eigenständig verändern können. Knut Klaßen, der neben Bühne und Kostüm auch für Sound und Licht zuständig ist, wurde dazu inspiriert durch einen Besuch bei den Freimaurern.
    "Erst wurden wir in einen dunklen Tempel geführt und dann wurde es heller und dann sollte der Sternenhimmel angemacht werden. Und das funktionierte nicht richtig, da wurde hin und her geschaltet und der Sternenhimmel ging nicht an. Den Moment fanden wir so stark, das machen wir auch."
    "Das wissen die Akteure auch nicht immer, wann sich da was dazu mischt oder nicht. Und wir hoffen dann vielleicht, dass manchmal das abhebt, dass dann wie so ein flirrender Zustand entstehen kann."
    Spielen mit Thesen
    Mit diesen spielerischen Momenten können aber nicht alle Darsteller gleichermaßen souverän umgehen. Die Schauspieler vom Ensemble des Schauspielhauses wirken teilweise uninspiriert und hilflos angesichts der Unwägbarkeiten im Stück. Die ivorischen Darsteller hingegen scheinen diese Freiheiten zu genießen und ihren Vortrag förmlich zu leben. Der Performer Franck Edmond Yao etwa gründet seine eigene, liberale Version Freimaurerei, die Franck-Maurerei:
    "La franc-maçonne loge. Transsexuelle - Homosexuelle - Frauen - Männer - Kinder - alle rein in die Loge"
    Wer sich nun aber erhofft, dass Licht hinter die Kulissen der Geheimgesellschaften geworfen wird, den wird der "Allmächtigen Baumeister aller Welten" enttäuschen. Thesen werden ohne Anspruch auf Wahrheitsgehalt in den Raum geworfen, um mit ihnen zu spielen wie mit den Materialien auf der Bühne. Trotz der oft skurrilen Ideen und des eindringlichen Spiels der Akteure war es für mich letztlich einerseits zu viel und andererseits zu wenig: zu viele Menschen, Geräusche, Bewegungen. Gleichzeitig zu wenig Substanz und - auch wenn das so gewollt ist: Mir fehlten Struktur, Klarheit und eine letzte Einordnung, das große Ganze. Stattdessen endet das Stück wie es beginnt: Im Chaos und ich bleibe ratlos zurück.