Wer in diesen Tagen arglos auf die Straße tritt, wird mit nie zuvor gesehenen Gestalten konfrontiert. Lauter fremde Männer mit feisten Visagen und Frauen Modell Volkshochschulkurs. Übergroße Porträtaufnahmen hängen da herum von Leuten, deren Namen keiner kennt. Aber jetzt blickt man ihnen unvermeidlich in die Nasenlöcher, sobald man aus der Haustür tritt. Menschen hautnah, mit Gesichtsporen wie Mondkrater.
Die meisten eine einzige ästhetische Zumutung: tote Augen, giftiges Lächeln, ungesund geschwollene Tränensäcke. Man möchte mit diesen Typen keine Bekanntschaft schließen und keinen Verkehr pflegen, einfach aufgrund äußerlicher Abstoßung, für die keiner was kann und die wir – 212 Jahre nach Johann Caspar Lavaters Tod – auch nicht überbewerten wollen. Gäbe es nur nicht diesen visuellen Affront unter dem Deckmantel demokratischer Willensbildung.
Glauben die Parteien im Ernst, ihre Wahlchancen zu erhöhen, indem sie überall Plakate aufhängen, vor denen man aus Taktgefühl den Blick senkt? Und glauben die Inhaber der einschlägigen Antlitze, daß eine Bundestagskandidatur der Beginn ihres Starruhms ist, weshalb sie sich so rabiat in die öffentliche Sichtbarkeit drängen? Natürlich steht es jedem Bundesbürger (und somit auch unseren Politikern) frei, sich nach Belieben zu blamieren. Aber muss man deswegen auch jede ikonographische Schrecklichkeit ertragen? Die Pomposität dieser Plakat-Auftritte hat etwas derart aggressiv Selbstgefälliges, dass mancher brave Mann sich kaum zurückhalten kann, für eine unbeobachtete Sekunde zum Schmierfink zu mutieren.
So kommt zur Politik der Widerstand, zur Werbung die Verneinung, zum Konterfei das Hitlerbärtchen. Die stumpfdumme Masse von Riesenfotos fordert filzstifterzeugte Zutaten heraus: Unrat und Zierat, Hitziges und Witziges. Das war schon immer so, aber das Ausmaß der Bearbeitung nimmt zu und hat in diesen Tagen einen historischen Höchststand erreicht. Ein themenloser Wahlkampf von unerträglich faden Persönlichkeiten führt zwangsläufig zu solchen Volkskunst-Eruptionen.
Nicht, dass wir das gutheißen! Oh nein. Es besteht sogar die Gefahr, dass die Plakate, die jetzt schon Kinder, Radfahrer und abbiegende Autos an jeder dritten Kreuzung verdecken, wegen der subversiven Zusatzmalereien erst recht die Aufmerksamkeit auf sich und vom Straßenverkehr ablenken. Nach dem 22. September allerdings werden wir Wochen brauchen, um uns die Bilder des Schreckens, die ausgestellte Hässlichkeit unserer Volksvertreter aus den Augen zu waschen; und es wird bleiben nichts als eine Milliarde Kabelbinder an allem, was noch senkrecht ist in Stadt und Land.
Die meisten eine einzige ästhetische Zumutung: tote Augen, giftiges Lächeln, ungesund geschwollene Tränensäcke. Man möchte mit diesen Typen keine Bekanntschaft schließen und keinen Verkehr pflegen, einfach aufgrund äußerlicher Abstoßung, für die keiner was kann und die wir – 212 Jahre nach Johann Caspar Lavaters Tod – auch nicht überbewerten wollen. Gäbe es nur nicht diesen visuellen Affront unter dem Deckmantel demokratischer Willensbildung.
Glauben die Parteien im Ernst, ihre Wahlchancen zu erhöhen, indem sie überall Plakate aufhängen, vor denen man aus Taktgefühl den Blick senkt? Und glauben die Inhaber der einschlägigen Antlitze, daß eine Bundestagskandidatur der Beginn ihres Starruhms ist, weshalb sie sich so rabiat in die öffentliche Sichtbarkeit drängen? Natürlich steht es jedem Bundesbürger (und somit auch unseren Politikern) frei, sich nach Belieben zu blamieren. Aber muss man deswegen auch jede ikonographische Schrecklichkeit ertragen? Die Pomposität dieser Plakat-Auftritte hat etwas derart aggressiv Selbstgefälliges, dass mancher brave Mann sich kaum zurückhalten kann, für eine unbeobachtete Sekunde zum Schmierfink zu mutieren.
So kommt zur Politik der Widerstand, zur Werbung die Verneinung, zum Konterfei das Hitlerbärtchen. Die stumpfdumme Masse von Riesenfotos fordert filzstifterzeugte Zutaten heraus: Unrat und Zierat, Hitziges und Witziges. Das war schon immer so, aber das Ausmaß der Bearbeitung nimmt zu und hat in diesen Tagen einen historischen Höchststand erreicht. Ein themenloser Wahlkampf von unerträglich faden Persönlichkeiten führt zwangsläufig zu solchen Volkskunst-Eruptionen.
Nicht, dass wir das gutheißen! Oh nein. Es besteht sogar die Gefahr, dass die Plakate, die jetzt schon Kinder, Radfahrer und abbiegende Autos an jeder dritten Kreuzung verdecken, wegen der subversiven Zusatzmalereien erst recht die Aufmerksamkeit auf sich und vom Straßenverkehr ablenken. Nach dem 22. September allerdings werden wir Wochen brauchen, um uns die Bilder des Schreckens, die ausgestellte Hässlichkeit unserer Volksvertreter aus den Augen zu waschen; und es wird bleiben nichts als eine Milliarde Kabelbinder an allem, was noch senkrecht ist in Stadt und Land.