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Totgespart

Im Fernsehen sind Serien um Gerichtsmediziner beliebt, in der Realität werden viele Institute für Rechtsmedizin aus Kostengründen geschlossen. Ein Skandal - denn wie im Fernsehen spielen Rechtsmediziner oft die entscheidende Rolle bei der Aufklärung eines Verbrechens.

Von Gisela Keuerleber |
    Der junge Mann war unter der Dusche zusammengebrochen. Wegen seines Herzfehlers lautete die Diagnose des Arztes: natürlicher Tod. Nur durch Zufall kam die Leiche anschließend in das rechtsmedizinische Institut nach Duisburg. Dort entdeckte der Pathologe Spuren an seiner Hand, die auf Stromschlag hinwiesen. Daraufhin prüfte die Polizei das Haus des Verstorbenen. Und rettete so seiner Frau das Leben. Denn eine falsch verlegte Leitung hatte die Duschstange unter Strom gesetzt.
    Ein Fall aus den Akten des rechtsmedizinischen Instituts Duisburg. Er zeigt, dass eine rechtsmedizinische Expertise nicht nur bei der Bestimmung der Todesursache eine wichtige Rolle spielt. Sie kann Unfälle verhindern. Leben retten. Doch während im Fernsehen die Serien um Gerichtsmediziner ungebrochen populär sind, werden in der Realität viele Institute für Rechtsmedizin geschlossen. Meistens aus Kostengründen. Ein Skandal – findet der Präsident des zuständigen Berufsverbands, Hans-Jürgen Bratzke, denn die Folgen sind weitreichend:
    "Wir haben oben im Norden die Zusammenlegung der Institute Lübeck und Kiel, jetzt die weitgehende Schließung von Magdeburg und Zusammenlegung mit Halle, in Erlangen nur noch ein rudimentäres Institut innerhalb der Pathologie, wir hatten hier in Hessen die vollständige Schließung des Marburger Institutes, mit weitgehenden Folgen, weil die Versorgung des Gebietes bis nach Kassel reichte, schlichtweg nicht mehr von dem verbleibenden Institut in Gießen geleistet werden konnte, sodass die Versorgung aus einem andern Bundesland, die rechtsmedizinische Versorgung übernommen wird. Wir haben Aachen, mit allen negativen Beispielen, nämlich dann des Transports und der ortsnahen Versorgung."
    Ende der 90er-Jahre musste die damalige rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen sparen – und ging mit dem Rotstift an die Universitäten. Weil die Rechtsmedizin in Aachen die Universität angeblich zu viel kostete und weil der Leiter kurz vor der Pensionierung stand, wurde das Institut für Rechtsmedizin im Jahr 2000 geschlossen. Ein Institut, das ein großes Umland zu versorgen hatte.
    Gibt es beispielsweise in Monschau, in der Nähe der belgischen Grenze, Ermittlungen im Rahmen eines Tötungsdelikts, muss die Leiche heute zur Rechtsmedizin nach Köln transportiert werden. Über 100 Kilometer. Das kostet, dauert und hat unter Umständen den Verlust von wichtigen Spuren an der Leiche zur Folge. Der Aachener Oberstaatsanwalt Albert Balke:

    "Zum einen ist es so, dass eine Leiche, die 80 Kilometer über Land transportiert wird, die verändert sich. Da muss man mit rechnen, da gibt es Blutspuren am Leichnam, die sich verändern, im Sommer, da gibt es Veränderungen allein aufgrund des weiten Weges."
    Die Kosten für den Transport, den ein Beerdigungsunternehmen durchführen muss, übernimmt entweder die Polizei oder – im Rahmen eines Verfahrens – die Staatsanwaltschaft. Das, was man durch die Schließung des Instituts eingespart hat, gibt man an anderer Stelle wieder aus, rechnet der Oberstaatsanwalt vor. Hinzu kommt: Wenn eine Leiche in der Rechtsmedizin untersucht wird, muss der mit den Ermittlungen befasste Staatsanwalt dorthin fahren.

    "Der hat eine Fahrtstrecke von 140 Kilometern nach Köln hin und zurück, wenn man eine Obduktion rechnet von drei Stunden, dann kann man damit rechnen, dass der ausfällt für sechs Stunden, und das heißt, wir sind gezwungen an einem solchen Tag zwei Staatsanwälte einzusetzen, das heißt eine Verdoppelung des Personals. Das ist ein Mehraufwand, der ist erheblich; es ist ja so, dass die Einsparung auf der einen Seite zu deutlichen Mehrkosten auf der andren Seite geführt hat, es trifft zwar dasselbe Land, aber es ist eigentlich nur ein Verschieben."
    Dieses Verschieben von Kosten und die langen Wege zur nächsten Gerichtsmedizin haben in Aachen schwerwiegende Folgen: Bei unklaren Todesfällen fällt die sachkundige äußere Leichenschau durch einen Rechtsmediziner weg. Bei dieser Untersuchung werden aber immer wieder verdächtige Spuren an den Leichen entdeckt, die die Polizei oder der Arzt übersehen:

    "Wir sind nicht mehr in der Lage eine äußere Leichenschau zu machen. Als wir noch in Aachen ein Institut hatten, war es so, dass jeder Verstorbene, wo die Todesursache ungeklärt war, wurde dort gelagert, und man wartete die polizeilichen Ermittlungen ab. Und wenn wir dann zu dem Ergebnis kamen, es muss nicht obduziert werden, konnten wir sicher sein, dass ein Rechtsmediziner mit seinem geschulten Blick diesen Toten angeschaut hatte. Und es passierte immer wieder, dass wir Anrufe kriegten aus der Rechtsmedizin, wo der Erstbefund der Polizei nicht mit dem übereinstimmte, was der Rechtsmediziner aufgrund der äußeren Leichenschau sah. Sodass wir nachermitteln konnten, oder es wurde obduziert."
    Sechs rechtsmedizinische Institute wurden in den vergangenen zehn Jahren geschlossen oder zusammengelegt und Stellen wurden gestrichen. Auch die Justizminister der Länder beobachten diese Entwicklungen schon seit Jahren mit Sorge. Im Beschluss der Justizministerkonferenz vom Juni vergangenen Jahres heißt es:
    Die Justizministerinnen und Justizminister weisen mit allem Nachdruck darauf hin, dass ein weiterer Rückbau dem berechtigten Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Strafverfolgung, zuwider läuft.
    So wurden etwa Gewaltdelikte gegen Kleinkinder mit Todesfolge aufgrund der Hinweise aus dem rechtsmedizinischen Institut aufgedeckt, sagt der Aachener Oberstaatsanwalt Albert Balke:

    "Ich erinnere einen Fall, da war ein vier, fünf Jahre altes Mädchen zu Tode gekommen, und der Gerichtsmediziner rief an und wies auf ein kreisrundes Hämatom am Bein des Kindes hin, und wie sich später rausstellte, war das eine Bissspur des Lebensgefährten der Mutter, ansonsten war das Mädchen unverletzt. Bei der Obduktion erst wurden dann massive innere Blutungen festgestellt, die der normale Arzt nicht erkannt hätte. Da braucht man den Rechtsmediziner, der weiß, wo er hinschauen muss und den einzelnen Befund beurteilen muss, das hat uns doch Ruhe gegeben, während heute der Verstorbene unmittelbar zum Bestatter geht und nicht mehr zu einer Rechtsmedizin transportiert wird, wenn es unklare Todesfälle sind."
    Dieser Fall einer "übersehenen Kindstötung" zeigt sehr deutlich: Der geschulte Blick des Rechtsmediziners hilft Tötungsdelikte aufzudecken, und – wenn Geschwisterkinder in einer Familie gefährdet sind – auch weitere Delikte zu verhindern. Auch die Spuren von Kindesmisshandlungen, schwere Schläge, die oft tödliche Folgen haben, erkennen Rechtsmediziner. Hans-Jürgen Bratzke:

    "Das Schütteltrauma kann man durch die Sektion feststellen, in dem es zu Blutungen im Gehirn kommt, zu Verletzungen der Gefäße, und auch durch Zerreißung von Nervenfaserfortsetzungen, das muss nicht immer zum Tode führen, aber wir wissen eben, dass immer wieder Kinder tot im Bettchen liegen, äußerlich keinerlei Spuren aufweisen, dann aber im Rahmen einer Sektion die Einwirkungen eines Schütteltraumas nachgewiesen wird."
    Deshalb will Bremen verdeckte Tötungen an Kindern zukünftig durch eine obligatorische Obduktion bei unklaren Todesfällen aufklären. Schockiert vom schrecklichen Tod des zweijährigen Kevins, dessen Leiche im Kühlschrank seines drogensüchtigen und gewalttätigen Ziehvaters gefunden worden war, macht der Senat nun das Kindeswohl zu einem seiner zentralen Anliegen.
    Anfang März stellte die Sozial- und Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter einen Gesetzentwurf vor. Damit würde Bremen als erstes Bundesland eine Obduktionspflicht für Kinder unter sechs Jahren einführen, sofern sie an einer ungeklärten Ursache starben. Die Rechtsmedizin ist aber nicht nur für Tote da. In vielen Städten gibt es rechtsmedizinische Ambulanzen, wo sich Gewaltopfer untersuchen lassen können, Verletzungen an Kindern geprüft werden. Die Rechtsmediziner sorgen für gerichtsfeste Beweise bei Gewaltdelikten wie einer Vergewaltigung und Kindesmisshandlungen. Während so mancher Haus- oder Kinderarzt die Lüge vom Sturz aus dem Kinderstuhl glaubt, kann ein Rechtsmediziner die Spuren der Gewalt lesen.
    Würden allerdings weitere Institute geschlossen, fürchtet der Berufsverband der Rechtsmediziner, litte nicht nur die Qualität der Aufklärung von Delikten. Der Verband fürchtet auch um die Qualität der Ausbildung. Denn in ihrem Fach sei das Anschauungsmaterial, der Leichnam, so wichtig wie das Buchwissen, sagt Hans-Jürgen Bratzke vom Berufsverband der Rechtsmediziner:

    "Rechtsmedizin ist sowohl beim Lebenden wie auch beim Verstorbenen Erfahrungswissenschaft. Je mehr man untersucht, je mehr Fehler man macht und desto besser die Supervision und man darauf hingewiesen wird, desto kleiner wird die Fehlerquote, desto mehr entdeckt man wichtige Dinge, die ein anderer überhaupt nicht sieht."
    Finden sich zum Beispiel auf einer Abbildung in den Augen einer Leiche Partikel, die aussehen wie Sägespäne, käme ein Anfänger vielleicht auf den Schluss, dass die Leiche eventuell in einem Sägewerk oder einer Tischlerei abgelegt worden ist.

    "Aber ein Blick von mir genügt, um ihm zu sagen, das sind nicht Sägespäne, sondern das sind Fliegeneier, die dort in den Augenbindehäuten abgelegt worden sind, also das Sägewerk als Fundort können Sie vergessen, die Leiche liegt schon länger. Dem Buchwissen nach sieht das sehr ähnlich aus, aber in der Realität gibt es kleine aber feine Unterschiede."
    Bratzke befürchtet, dass der rigorose Sparzwang an den Hochschulen das Fach Rechtsmedizin allmählich austrocknen könnte. Schlecht ausgebildete oder zu wenige Rechtsmediziner gefährden jedoch auf lange Sicht die Rechtssicherheit. Denn ganz wie in den Fernsehserien – spielen die Rechtsmediziner oft die entscheidende Rolle bei der Aufklärung eines Verbrechens.

    "Es gibt eine sehr valide Studie, erstellt in der Rechtsmedizin der Universität Münster über rechtsmedizinische Leichenschauen vor Einäscherung in den Krematorien, also nach der ärztlichen Leichenschau, und wenn man diese Stichprobe hochrechnet, dann kann man davon ausgehen, dass jedes zweite Tötungsdelikt in Deutschland übersehen wird."
    Professor Michael Tsokos, Leiter des rechtsmedizinischen Instituts der Universitätsklinik Charité in Berlin. Es ist eines der größten und traditionsreichsten Institute in Deutschland. Seit über 100 Jahren werden im Keller in Moabit Leichen seziert. In den Leichenbüchern der Charité sind Walter Rathenau, Rosa Luxemburg, Horst Wessel verzeichnet, auch jüdische Selbstmörder und hingerichtete Widerstandskämpfer des 20. Juli. Michael Tsokos beschäftigen aber eher die vielen unaufgeklärten Tötungsdelikte der Gegenwart. Für ihn ein Skandal:

    "Man kann viel an einer Gesellschaft ablesen, wie sie mit ihren Toten umgeht. Wir sind von der Qualität der Leichenschau und von der Zahl der Obduktionen in Deutschland das Schlusslicht in Europa. Wir haben die qualitativ schlechtesten Leichenschauen und die niedrigste Obduktionsrate."
    Wird in Österreich in über 30 Prozent der Todesfälle obduziert, in Skandinavien bei 20 bis 30 Prozent, sind es in Deutschland gerade einmal zwei bis drei Prozent.
    Je weniger aber obduziert wird, desto mehr Tötungsdelikte bleiben im Dunkeln. Vorsichtige Hochrechnungen gehen von 1200 bis 1400 Fällen jährlich aus. Eine Zahl, die alarmierend und doch seit Jahren bekannt ist. Alle – Rechtsmediziner, Juristen und Polizisten kennen die hohe Dunkelziffer. Dabei handelt es sich nicht immer um Mord, darunter sind auch Suizide, Langzeitfolgen von Unfällen, ärztliche Behandlungsfehler.
    Besonders gute Chancen nicht entdeckt zu werden, haben Täter, die mit Gift hantieren und Pfleger in Altenheimen. Überhaupt leben alte Menschen gefährlich, auch in ihrer häuslichen Umgebung kann ihnen eine Überdosis an Medikamenten, oder ein ärztlicher Fehler zum Verhängnis werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies aufgedeckt wird, ist gering. Die Gründe dafür liegen vor allem an unserem fragwürdigen System, die Todesursache festzustellen.

    "Sie müssen sich vorstellen, da ist ein Hausarzt, und da stirbt die Großmutter plötzlich. Gut, sie litt an einer Herzinsuffizienz, aber weshalb stirbt sie gerade jetzt? Dann kommt der Arzt, der die ganz Familie behandelt, der wird die Leiche nicht entkleiden und das Zimmer in grelles Licht tauchen, da wird kein Theater gemacht, es ist ja ein alter Mensch, aber wer weiß, vielleicht hat sie ja eine Überdosis an Medikamenten bekommen, oder der Arzt selber hat einen Fehler gemacht?"
    Aus Unerfahrenheit, Nachlässigkeit oder falsch verstandener Pietät verzichten niedergelassene Ärzte vielfach auf eine präzise Leichenschau. Da jeder Mediziner, ob Kinderarzt oder Augenarzt, einen Totenschein ausstellen kann, kommt es häufig vor, dass ein Arzt, der nur selten eine Leiche sieht, den Toten falsch begutachtet. Michael Tsokos und andere Rechtsmediziner fordern: die Todesfeststellung, die über Reanimationsmaßnahmen entscheidet, von der Feststellung der Todesursache zu trennen. Die sollte von eigens dafür ausgebildeten Kräften bestimmt werden, so wie es in vielen anderen Ländern auch geschehe. Zu oft passierten Fehler oder seien die Ärzte, die gerade Dienst haben, überfordert, sagt Michael Tsokos:

    "Ich sehe das ja jeden Tag, 50 Prozent der Todesursachen, die auf Leichenschauscheinen angegeben sind, sind schlichtweg falsch."

    Als Todesursache Nummer eins gelten in Deutschland Herzkreislaufkrankheiten. Entsprechend fließen Gelder in Forschungsprojekte, Spezialkliniken und Präventionskampagnen der Krankenkassen.
    Obwohl die Statistiken auf falschen Angaben basieren. Denn die Hälfte der Leichenscheine weist eine fehlerhafte Todesursache aus. Meistens wird Tod durch Herzversagen in das Formular eingetragen. Eine Verlegenheitsdiagnose, sagt der Rechtsmediziner:

    "Jeder stirbt an Herzversagen, ob sie einen Herzinfarkt kriegen oder wenn sie erstochen oder erschossen werden. Jeder stirbt an Herzversagen, weil das Herz schlussendlich aufhört zu schlagen. Dann machen sie damit eine amtliche Statistik und alle stöhnen, wieder Zunahme der Herz-Kreislaufkrankheiten."
    Das Problem der falschen und ungenauen Angaben auf den Totenscheinen beschäftigt auch die Politik. Seit vier Jahren erarbeitet eine Projektgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern von Justiz-, Innen- und Gesundheits- und Wissenschaftsministerien ein Konzept zur Verbesserung der Leichenschau. Erste Beschlüsse liegen vor. Ulrike Rothstein, Ministerialrätin im Justizministerium Nordrhein-Westfalen, erläutert das neue Konzept:

    "Die Todesfeststellung kann jeder approbierte Arzt treffen, das macht er heute auch. Aber die äußere Leichenschau, sollte ein speziell ausgebildeter Arzt vornehmen. Also erstens: Trennung, das ist ganz wichtig, zweitens ist die Qualifikation: Das sollte keine Facharztausbildung sein, sondern eine Zusatzausbildung, wie sie die Ärztekammern anbieten, aber verpflichtend. Und diese könnte im Zusammenwirken mit den Rechtsmedizinern erfolgen, da ist das Fachwissen ja da. Und es müsste immer wieder aufgefrischt werden, in regelmäßigen Abständen, das ist in jedem Beruf so, und warum hier nicht?"
    Damit dies gelingt, müssen aber genügend gut qualifizierte Rechtsmediziner die Universitäten verlassen, um diese Zusatzausbildungen durchzuführen. Die föderalen Strukturen und unterschiedlichen Kompetenzen der Länder haben aber bisher erfolgreich verhindert, dass dieses seit Jahren bekannte Problem gelöst wird. Nun werden – hoffentlich bald - die Gesundheitsminister der Länder darüber entscheiden, denn sie werden die Reform finanzieren müssen.
    Aber auch die Rechtsmediziner haben sich bereits Gedanken gemacht, wie die Finanzierung zukünftig besser gesichert werden kann: Denn viele Hochschulen leiden unter chronischem Geldmangel oder stecken ihre Mittel lieber in nobelpreis-verdächtige Grundlagenforschung als in die eher anwendungsorientierte Rechtsmedizin. So müssten zum Beispiel die Dienstleistungen der Rechtsmediziner regulär bezahlt werden, schlägt der Berufsverband vor:

    "Die Ausbildung der Kriminalpolizei, die zum Großteil in den rechtsmedizinischen Instituten stattfindet und entsprechende Lehrkräfte bezahlt werden müssen, das heißt, ein Teil des Grundstockes für eine Rechtsmedizin müsste aus dem Innenministerium kommen. Das Zweite ist, dass wir das Justizministerium haben. Ohne die Gutachtertätigkeit, die ja nur entschädigt wird, und die nie und nimmer eine Bezahlung des tatsächlich Geleisteten darstellt, ohne diese Gutachtertätigkeit könnten die Gerichte überhaupt nicht auskommen. Das Zweite ist auch hier Ausbildung, Ausbildung der Staatsanwälte, der Richter, das sind alles Aufgaben der Rechtsmedizin. Die ohne jede Gegenleistung einfach zur Verfügung gestellt werden."
    Der dritte Geldgeber wäre das Sozialministerium. Sie müssten die Einrichtung von rechtsmedizinischen Ambulanzen zur Begutachtung und Dokumentation bei Kindesmisshandlungen und Gewaltdelikten gegen Frauen finanzieren. Zurzeit sind solche Ambulanzen oft auf Netzwerke und Spenden angewiesen. Könnte die Finanzierung auf diese drei Säulen gesetzt werden, würden die Universitäten entlastet. Aber es ist eher unwahrscheinlich, dass sich ein solches Modell bundesweit in unserem föderalistischen Staat umsetzen lässt.