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Tour de France
Balkausky: Eventuell Übertragung einiger Etappen

ARD und ZDF hatten sich die letzten drei Jahre geweigert, die Tour de France zu übertragen - wegen Dopingskandalen. Die ARD wolle in Ruhe prüfen, an welchen Stellen die Übertragung von der Tour der France ins Programm passe, sagte der ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Dabei ginge es um ausgewählte Etappen, "aber wirklich nicht in voller Gänze".

Axel Balkausky im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Die Tour de France ist das Radsport-Ereignis des Jahres und der Welt überhaupt. Aber kaum eine Sportart ist oder war so dopingverseucht wie der Radsport. Als dann auch noch der deutsche Star Jan Ullrich überführt wurde, war es vorbei. ARD und ZDF haben sich die letzten drei Jahre geweigert, 2012, 13 und jetzt 14, diesen Wettbewerb noch live und in Gänze tagsüber zu übertragen. Jetzt will die ARD vielleicht doch wieder einsteigen in die Live-Übertragungen der Tour de France.
    Axel Balkausky ist ARD-Sportkoordinator. Guten Tag, Herr Balkausky.
    Axel Balkausky: Guten Tag, Herr Meurer.
    Meurer: Es gibt eine Erklärung von der ARD, die lautet, ich zitiere mal: „Ausschlaggebend für die Überlegungen zu einem vorsichtigen Wiedereinstieg sind die ernsthaften Bemühungen des Radsports im Kampf gegen Doping." Vorsichtiger Wiedereinstieg - wie könnte der nächstes Jahr aussehen?
    Balkausky: Nun, ich glaube, dass man sich vorstellen könnte, einige ausgewählte Etappen insbesondere an den Wochenende zu übertragen, vielleicht auch mal unter der Woche, aber wirklich nicht in voller Gänze. Das ist im Augenblick nicht vorgesehen.
    "Zuschauerinteresse hatte rapide abgenommen"
    Meurer: Welche Logik steckt dahinter, sich nur ausgewählte Etappen auszusuchen?
    Balkausky: Dazu muss man einfach wissen, mit welcher Begründung wir damals ausgestiegen sind. Es ging vor allem um das schwindende Zuschauerinteresse, das natürlich durch all die Affären und all die Dinge, die bei der Tour de France vorgefallen sind, oder im Radsport vorgefallen sind, ausgestiegen sind. Das heißt, das Zuschauerinteresse hatte rapide abgenommen. Jetzt haben wir auch ein sehr erfolgreiches Programm, mit dem wir nicht einfach mit einer dreiwöchigen Komplettübertragung der Tour de France alles andere zur Seite schieben können, sondern da muss man wirklich schauen, dass man schaut, wie ist es programmverträglich, an welchen Stellen können wir ins Programm und wie ist das kompatibel mit auch den langen Tour-Etappen und so weiter. Das muss man einfach alles jetzt in Ruhe prüfen.
    Meurer: Wenn Sie sagen, Zuschauerinteresse, darauf kommt es an. Mal böse gefragt: Ist es Ihnen egal, ob gedopt wird im Radsport?
    Balkausky: Nein, das ist uns natürlich nicht egal. Aber ich glaube - und das hat auch die Reportage von Hajo Seppelt, die wir am vergangenen Sonntag im Ersten ausgestrahlt haben, gezeigt -, dass der Radsport enorme Anstrengungen unternommen hat in den letzten Jahren, um genau das umzukehren. Es gibt Aussagen von einigen Experten in dieser Dokumentation, die genau besagen, dass der Radsport inzwischen führend ist, wenn man das mit anderen Verbänden vergleicht, und das immerhin gilt es ja anzuerkennen. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Dopingfälle mehr im Radsport geben kann. Dann wären wir ja naiv. Aber wir glauben, dass der Verband eine Menge getan hat, um gegen dieses systematische Doping vorzugehen, das ja im Radsport in den letzten Jahren dann doch vorgeherrscht hat, und da, glaube ich, ist der Radsport einen großen Schritt weitergegangen, und das attestieren uns eben auch unsere Experten, die sich ja tagtäglich mit dieser Materie auseinandersetzen.
    Meurer: Werden nicht viele doch denken, wenn Sie jetzt wieder live übertragen, wenn es auch nur ausgewählte Etappen sind, wer den Wettbewerb gewinnt, die Zweifel sind groß, ob er sauber war?
    Balkausky: Ich glaube, wir haben uns auch sehr intensiv mit unseren deutschen Fahrern mal hingesetzt und auch mit denen diskutiert. Mit Marcel Kittel, der war in der Sportchef-Runde der ARD, und wir haben sehr ausführlich auch mit ihm darüber diskutiert, warum man ihm Glauben schenken darf, nachdem frühere Radfahrer uns mit dieser Haltung sehr enttäuscht haben, und der konnte sehr glaubwürdig uns erklären, warum und wieso er und Degenkolb und Tony Martin und Konsorten und Greipel im Augenblick anders dastehen.
    "Wir können in keinen Menschen hineingucken"
    Meurer: Das haben schon viele beteuert mit Tränen in den Augen.
    Balkausky: Natürlich! Diese Erfahrungen haben wir ja gemacht. Allerdings gehen - und deshalb ist uns ja die Expertise unserer Experten auch so wichtig - auch diese davon aus, dass die Chance, dass die Glaubwürdigkeit wirklich hergestellt ist, bei diesen Fahrern sehr, sehr hoch ist. Wir können in keinen Menschen hineingucken, wir können sie auch nicht die ganze Zeit begleiten, das können wir natürlich tun. Aber wir müssen auch aufpassen, dass wir keine Sportart an den Rand stellen und so tun, als sei das die einzige Sportart, in der es diese Thematik gibt, denn das haben wir auch wiederholt dargestellt, dass die Dopingthematik natürlich nicht nur im Radsport ein Thema ist.
    Meurer: Wurde eigentlich von den Radsportverbänden herangetragen, dass Sie in der ARD zu hören bekamen, was übertragt ihr eigentlich noch Leichtathletik, da gibt es mindestens genauso viele Doper wie bei uns?
    Balkausky: Ja. Das finde ich immer ganz schwierig, wenn die einen oder anderen anfangen, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Ich glaube, jeder sollte seine eigenen Hausaufgaben machen, und das ist, glaube ich, das, was für uns im Augenblick das Thema ist, dass dort Hausaufgaben gemacht worden sind. Das heißt aber nicht, dass der Radsport schon am Ende ist - auch das muss man ganz deutlich sagen -, sondern ich glaube, es geht weiter, und das hat auch die Dokumentation von Hajo Seppelt eindeutig bewiesen, dass auch da noch sehr viel zu tun ist. Aber die Grundausrichtung des Radsports stimmt nach unserer Auffassung, und deshalb können wir uns auch damit befassen, das Thema wieder ins Programm zu hieven.
    Meurer: Wie viel wird die Übertragung von der Tour de France nächstes Jahr die ARD kosten?
    Balkausky: Das haben wir überhaupt noch nicht errechnet. Das ist genau das, was der Prüfauftrag jetzt auch der Intendantinnen und Intendanten ist, nämlich zu schauen, was kostet uns die Produktion, zu welchem Rechtepreis ist das Ganze zu erwerben. Wir haben auch noch nicht mit der ASO gesprochen und auch nicht verhandelt. Das wird jetzt alles erfolgen und dann werden wir sehen, ob das Paket so ist, dass wir es finanzieren können und dass wir es dann programmverträglich umsetzen können.
    Meurer: Gehen Sie davon aus, diese Teilübertragung von einzelnen Etappen ist billiger als komplett übertragen?
    Balkausky: Das weiß ich im Augenblick nicht. Das werden wir wirklich aber dann auch in den Verhandlungen eruieren. Da bitte ich Sie darum, zu akzeptieren, dass wir derzeit über solche Dinge noch nicht sprechen.
    Meurer: Die ARD prüft den "vorsichtigen Wiedereinstieg in die Liveübertragungen" der Tour de France. Nächstes Jahr wäre es dann wieder soweit. Axel Balkausky ist der ARD-Sportkoordinator. Danke schön, Herr Balkausky, und auf Wiederhören!
    Balkausky: Vielen Dank, Herr Meurer.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.