Am 1. Juli fällt im spanischen Bilbao der Startschuss zur 110. Tour de France. Das Feld der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt besteht aus insgesamt 22 Mannschaften. Der ehemalige Radprofi und jetztige ARD-Experte Paul Voß sagte im Deutschlandfunk, dass es wichtig sei, mit der großen Rundfahrt immer wieder an anderen Orten präsent zu sein. "Es ist wichtig, die Marke weiter zu stärken und bekannt zu machen". So war die Frankreich-Rundfahrt 2022 in Kopenhagen gestartet, 2017 war Düsseldorf Austragungsort des Tour-Starts gewesen.
Beim Kampf um das Gelbe Trikot, sieht Voß in diesem Jahr Vorjahressieger Tadej Pogacar aus Slowenien und den Dänen Jonas Vingegaar unangefochten in der Favoritenrolle. Andere Fahrer seinen für ihn keine Anwärter auf den Gesamtsieg. Pogacar hatte sich im Frühjahr einen Handbruch zugezogen, deswegen sei noch etwas abzuwarten, ob er wirklich in Topform ist, sagte Voß.
"Zweiter und Dritter können relativ viele werden, aber für einen Toursieg braucht es mehr", sagte Voß. Für die Frankreich-Rundfahrt sei es auch von Vorteil, wenn es ein großes Duell um den Gesamtsieg gebe. "Du hoffst, dass jemand anderes noch in der Lage ist, mitzufahren, um einfach die Spannung mitreinzubringen."
Geld wird für Toursieg immer wichtiger
Tendenziell werde das Geld auch immer wichtiger, um einen Toursieg zu erlangen. "Um die Tour zu gewinnen, brauchst Du acht Fahrer, die auf einem sehr guten Niveau unterwegs sind", sagte der 37-Jährige. Mittlerweile werde auch sehr viel Expertise von anderen Sportarten in den Radsport reingebracht, was auch viel Geld koste. "Leider kauft das Geld damit am Ende den Toursieg."
Von den deutschen Fahrern erwarte er bei der diesjährigen Ausgabe der Tour de France nicht sonderlich viel, aber mit Simon Geschke, Lennard Kämna, Emanuel Buchmann und Georg Zimmermann seien auch deutsche Sportler bei der Tour dabei, die überraschen und die Zuschauer für drei Wochen begeistern können - auch ohne am Ende einen Etappensieg zu ergattern, sagte Voß.
Mehr Förderung beim Nachwuchs nötig
Die deutsche Radfahrerin Lisa Brennauer warf dabei auch die Frage auf, wie man die deutschen Talente bestmöglich fördere. Man verfüge nicht mehr über die große Breite an deutschen Radsportlern, wie noch vor ein paar Jahren und habe daher weniger Fahrer zur Auswahl aus denen man Top-Fahrer machen könne. Man müsse sich bei der Talentförderung in Deutschland wieder mehr anstrengen.
Auch die Tour de France der Frauen findet 2023 wieder statt. Sie führt über acht Etappen und 956 Kilometer. Der Start erfolgt am 23. Juli in Clermont-Ferrand und das Finale wird am 30. Juli in Pau stattfinden. Damit startet die Rundfahrt der Frauen direkt im Anschluss an die Wettfahrt der Männer und auch nicht auf dem Champs-Élysées. "Ich finde es schon ein Stück weit schade", sagte Brennauer. Man stelle sich daher schon die Frage, wie es werde, mit deutlich Abstand zum Männerrennen.
Tour de France als große Chance für den Frauenradsport
Man werde sehen, wie das Frauenrennen sich entwickeln werde und Traditionen entstehen könnten, die Anlehnung an das Männerrennen wäre an für sich schon eine schöne Idee gewesen, sagte sie. In Zukunft sei es sicher auch eine Möglichkeit, dass Rennen für die Frauen auf zehn oder 14 Tage auszuweiten. Brennauer, Olympiasiegerin von 2021 in der Mannschaftsverfolgung, ist Sportliche Leiterin des Grand Prix Stuttgart, einem neuen Frauenrennen, das am 16. Juli seine Premiere feiert.
Bei der Tour de France Femmes sei für sie sicher Annemiek van Vleuten eine große Favoritin, wenn auch Fragezeichen hinter ihrer Form stünden. Auch die Niederländerin Demi Vollering müsse man auf dem Zettel haben. Bei den deutschen Fahrerinnen sei ein Etappensieg für Liane Lippert möglich, sagte die 35-Jährige.
Lisa Brennauer lobte auch noch einmal das geballte Medieninteresse durch die Tour de France für die Frauen, was für eine enorme Steigerung der Aufmerksamkeit gesorgt habe. Auch wenn der Weg noch weit sei, "wird die Tour de France auch in diesem Jahr noch einmal einen Schub nach vorne bringen", sagte Brennauer.
Paul Voß stellte auch noch einmal die Bedeutung für die Tour de France als Stellenwert heraus. Dies sei für die Anerkennung der Leistung der Frauen von enormer Wichtigkeit in der Wirkung nach Außen hin.