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Tour de France
Inoffizielle Rundfahrt für 13 Frauen

Das Projekt "Donnons des elles au velo" - deutsch: Setzen wir sie aufs Rad - hat eine ganz besondere Promokampagne für eine Tour de France der Frauen entwickelt. Die Rad-Amateurinnen fahren die gesamte Tour ab, immer einen Tag vor dem Männer-Peloton.

Von Tom Mustroph |
    Das Logo der Tour de France
    Das Logo der Tour de France (Yorick Jansens/BELGA/dpa/picture-alliance)
    13 Frauen vor der Tour. Etappe für Etappe, jeden einzelnen der 3.351 Kilometer, jeden der 26 Gipfel und Pässe fahren sie jeweils am Tag vor den Männern ab - und brauchen auch nur 21 Tage. Eine der Frauen macht das sogar schon zum 4. Mal: Claire Floret, eine Sportlehrerin aus dem Süden von Paris.
    "Wir haben nach einem Weg gesucht, den Frauenradsport zu entwickeln. Und wir haben uns gedacht, die beste Gelegenheit ist die Tour de France. Weil es keine Tour de France der Frauen gibt, ist das ist die beste Möglichkeit, die Menschen auf das Fehlen eines solchen Rennens aufmerksam zu machen.", erzählt Floret am Morgen um 7.30 Uhr beim Frühstück in einem kleinen Hotel in den Alpen.
    Eine Tour de France der Frauen gab es früher schon. Von 1984 bis 1989 wurde sie als Etappenrennen über mehr als zwei Wochen während der Männer-Tour ausgetragen. Später wurde sie abgekoppelt von der Tour, und 2010 komplett eingestellt.
    "Keine Authorisierung am selben Tag"
    Claire Floret findet das ungerecht. Sie hat mit drei Getreuen vor vier Jahren das Projekt Tour am Tag minus 1 ins Leben gerufen. Tag minus 1 deshalb, weil die Frauen der Tour um einen Tag voraus sind.
    Warum einen Tag vorher und nicht am Tag der Tour selbst? "Es ist eine logistische Frage. Alle Straßen sind gesperrt während der Tour. Und wir können nicht die Autorisierung bekommen, am Tag selbst zu fahren. Deshalb haben wir uns einen Tag vorher ausgewählt", erzählt Floret.
    Zur Tour gehören die Frauen von "Donnons les elles au velo" irgendwie aber doch. Denn zahlreiche Zuschauer haben sich am Tag zuvor schon mit den Wohnwagen an der Strecke aufgebaut. Der Streckenverlauf selbst ist mit Pfeilen markiert.
    Floret sagt: "Wir haben einen richtig guten Kontakt mit den Jungs, die die Pfeile anbringen. Seit vier Jahren sind wir ja schon gemeinsam unterwegs. Sie hinterlassen manchmal kleine Botschaften zur Aufmunterung für uns am Fuß der Berge auf den Pfeilen."
    "Wunsch nach Rückkehr der Tour für Frauen"
    Auch die Zuschauerreaktionen sind positiv. "Sie feuern uns an. Sie erkennen uns auch, denn im letzten Jahr hat schon das französische Fernsehen über uns berichtet. Die Leute erwarten jetzt auch ein Frauenpeloton am Tag vor der Tour. Und wenn wir auf den Gipfeln mit ihnen reden, bemerkt man den echten Wunsch nach einer Rückkehr einer Tour de France der Frauen", sagt Floret.
    Nur auf den Chefetagen von Tourveranstalter ASO ist die Resonanz verhaltener. Gut, das Unternehmen hat seit 2014 das Frauenrennen La Course by Le Tour de France im Programm. Es handelt sich dabei aber nur über ein Rennen mit einer, maximal zwei Etappen. Zu wenig, finden viele Frauen und fordern ein sieben- bis zehntägiges Etappenrennen für Frauen während der Tour.
    Thierry Gouvenou, Chefplaner der Tour und auch für La Course verantwortlich, schüttelt bei solchen Vorstellungen nur den Kopf. Wir treffen ihn im Startvillage der Tour, initten all des Treibens, das die Frauen der Tour vor der Tour nur sehen, wenn sich zwei Etappen einmal überlappen.
    Gouvenou sagt: "Ich weiß, es gibt eine große Nachfrage, das weiterzuentwickeln. Aber technisch ist das sehr schwierig. Ich denke, die Frauentour hat ihren Platz im Radsport, ganz sicher. Und sie wollen medial präsent sein, wollen das Fernsehen. Aber die Direktübertragungen für Männer und Frauen am gleichen Tag zu organisieren, ist sehr schwer."
    Manpower-Problem?
    Sicher, die Sache ist komplex. Warum aber soll nicht etwas, das einen Tag schon funktioniert, eben bei La Course, auf fünf, sechs oder zehn Tage auszudehnen sein?
    "Man bringt alle sehr in Schwierigkeiten. Die Logistiker, die die Startinfrastruktur auf- und abbauen, müssen viel länger arbeiten, auch die im Ziel. Das gilt auch für das Fernsehen und die Organisation selbst. Da kommt man zu Arbeitstagen , die um 4 Uhr früh beginnen und um 10 Uhr abends enden", sagt Gouvenou.
    Es ist also ein Manpower-Problem. Teilweise werden zwei Schichten benötigt. Oder es müssen Arbeitstage geteilt werden. Das ist komplex, sicher. Aber es erscheint nicht unlösbar.
    "Nicht gegen Männer gerichtet"
    Und deshalb machen Claire Floret und ihre Mitstreiterinnen auch weiter. Sie treffen viele Unterstützerinnen und Unterstützer bei ihrer Tour.
    "Jeden Tag sind es zwischen 50 und 150 Personen, die uns auf einer Etappe begleiten. Darunter sind auch Männer. Die Idee ist ja nicht gegen Männer gerichtet, sondern wir laden die Männer ein, mit uns die Idee voranzubringen und das Projekt zu unterstützen," sagt Floret.
    Die Basis zu mobilisieren führte schon früher zum Erfolg. Erst als mehr als 97.000 Personen im Jahr 2014 eine Petition für eine Frauentour unterschrieben, richtete die ASO La Course aus - noch im gleichen Jahr, nur wenige Monate nach Übergabe der Unterschriften. Geht doch.
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