"Froome - Betrüger" kann man rot auf weiß am Rande der Etappe zur Skistation Plateau de Beille lesen. Auch eine Spritze ist aufgemalt. Ein Jaguar von Team Sky hält. Aber dem Kopfschütteln des Halters des Transparents ist zu entnehmen, dass die Betreuer von Chris Froome ihn nicht überzeugen können. Froome hat bei dieser Tour de France alle in Erstaunen versetzt, Betreuer, Fahrer, Journalisten. Vor allem auf der ersten Pyrenäenetappe.
"Er flog förmlich davon. Das waren massive Unterschiede, verglichen mit normalen Standards. Normalerweise holt mir hier ein paar Sekunden und dort ein paar. Aber an diesem Tag waren es Minuten.", sagt Sean Yates.
Unmenschliche Leistungen?
Der Brite war 2012 sportlicher Leiter bei Team Sky, als Froome auf Platz zwei stürmte und Bradley Wiggins die Tour gewann. Jetzt arbeitet er im Tinkoff-Team von Alberto Contador. Überrascht war auch der letztjährige Tourzweite Jean-Christophe Peraud. Er bezeichnete Froomes Leistung als "stratosphärisch". Sogar Lance Armstrong meldete sich. Per Twitter zweifelte er an der Sauberkeit von Team Sky. Bei der Tour war er nicht willkommen. Er nahm lediglich an "Le Tour - One Day Ahead" teil. Das ist ein Amateurrennen, an dem einen Tag vor den Profis die Touretappen unter die Räder genommen werden.
Bei der Tour selbst muss Froome sich den kritischen Fragen der Medien stellen. Er wies daraufhin, dass er selbst der UCI Nachtkontrollen vorgeschlagen habe und auch auf Kontroll-Lücken im Trainingslager der Tour-Favoriten auf Teneriffa hinwies. Was soll ein sauberer Fahrer noch tun?, fragte er. Es gibt aber auch Leute bei der Tour, die seine Leistung für erklärbar halten. Jens Zemke, sportlicher Leiter vom afrikanischen Rennstall MTN Qhubeka:
"Ja, ich finde es schon erklärbar. Man sieht auch, dass er wie alle, die da in der vorderen Gruppe fahren, dass sie alle auch schlechte Momente haben, wo sie angreifbar sind. Und wo die anderen das auch sehen und attackieren. Ich denke mal, diese Übermacht aus der Vergangenheit, wie es bei einem Armstrong oder so war, die ist jetzt nicht mehr da."
Woher kommt Thomas' Stärke?
Froome wackelte tatsächlich. Auf der Regenetappe nach Plateau de Beille konnte er für einen Moment dem Angriff Nairo Quintanas nicht folgen. Aber er hat ja noch jemanden wie Geraint Thomas. Der Waliser holte ganz allein den Kolumbianer zurück. Eine Respekt einflößende Leistung, auch für Contador-Betreuer Yates.
"Geraint ist ein Phänomen. Ich habe ihn für einige Jahre gehabt. Er ist so etwas wie mein Lieblingsfahrer. Er erledigt den Job richtig schnell. Er kommt von der Bahn, er hat die Kraft und auch die Geschwindigkeit. Und für die Zukunft weiß er: Ich kann das tun, ich kann mit den Besten am Berg mithalten."
Yates hält seinen Lieblingsfahrer sogar für fähig, einmal die Tour zu gewinnen. Thomas ist also für Froome, was Froome 2013 für Bradley Wiggins war. Das weckt neue Zweifel. Yates nimmt Thomas in Schutz.
"Für mich besteht da kein Zweifel. Er war schon immer ein Phänomen. Er ist Weltmeister, ein sehr guter Zeitfahrer. Und er entwickelt sich kontinuierlich. Bis 2012 hat er sich hauptsächlich der Bahn gewidmet. Aber schon 2010 hat er bei der Dauphiné-Rundfahrt gezeigt, dass er Qualitäten hat, an denen man arbeiten kann. Man kann nicht über Nacht von der Bahn auf die Straße wechseln. Deshalb habe ich keine Zweifel an seiner Fähigkeit. Für mich gibt es da keinen Schimmer eines Skandals, wenn Sie dieses Wort mögen."
Daten sammeln zur Dopingprävention
Um einen Skandal abzuwenden, um aufzuklären, was bei Team Sky wirklich passiert, fordern viele, dass auch die Leistungsdaten der Fahrer in eine Anti-Doping-Bewertung einfließen. Für Iwan Spekenbrink, Rennstallchef der deutschen Giant-Alpecin-Mannschaft, eine gute Idee.
"Wir müssen den Kampf gegen Doping fortsetzen. Wir müssen mehr und mehr investieren in Kontrollen. Kontrolle geht dann über Antidopingtests, vielleicht auch in Kombination mit Watt. Da hat man ein gesamtes Bild. Man kann gezielt testen und die Leute, die betrügen, herausholen."
Bei Team Sky sieht man das etwas anders. Der Rennstall will die Leistungsdaten seiner Fahrer geheim halten. Sky schrie "Skandal", als doch Daten Froomes aus den vergangenen Jahren auftauchten und in Videos zu Anstiegen bei der Tour und der Vuelta eingebaut wurden. Immerhin gibt Froome jetzt dem öffentlichen Druck nach. Er versprach, sich nach der Tour von unabhängigen Ärzten untersuchen zu lassen. Ob das Zuschauer, Experten, Journalisten und Rivalen endgültig überzeugt, wird man sehen. Der Ruf "Froome - dopé" begleitet weiter die Tour.