War gleich die erste Etappe ein Fingerzeig, weil Tadej Pogacar als Dritter nun mit einer kleinen Zeitgutschrift vor dem anderen Favoriten und Titelverteidiger Jonas Vingegaard liegt? „So früh würde ich da die Prozentzahlen nicht verteilen“, sagt Jean-Claude Leclercq. Leclercq war französischer Meister und ist selbst sechs Mal bei der Tour mitgefahren. Insgesamt habe er sie 34 Mal erlebt, erzählt er.
Frühe Führung "kostet sehr viel Energie"
Wichtiger als Pogacars Zeitgutschrift scheint ihm, dass mit dem Sieg von Adam Yates Pogacars Team UAE Emirates schon jetzt den Gesamtführenden hat: „Wenn man die erste Etappe gewinnt und dann schon in die Pflicht kommt, so ein Trikot zu verteidigen, ist das war schön. Aber es kostet auch sehr, sehr viel Energie.“
Abgesehen von möglichen Stürzen erwartet auch Leclercq ein Duell zwischen dem Slowenen Pogacar und dem Dänen Vingegaard - den Siegern der vergangenen Jahre. Die frühen, prominenten Auftritte dieser Topfavoriten seien ungewöhnlich, erklärt Leclecq: „So ist es natürlich sehr spektakulär für uns alle.“
Das habe auch mit der Streckenführung zu tun, die Leclercq positiv und als Abwechslung zu den vergangenen Jahren bewertet: „Ich glaube, die Organisatoren haben gelernt, weil es sehr oft ja so war, dass man mehrere Jahre immer wieder diese Sprinter-Etappen ganz zu Beginn sah. Und da war es schwierig, ein bisschen Spannung zu generieren. Jetzt hat man eigentlich die Tour ähnlich wie 1977 geplant. Das wird natürlich gerade deutsche Radsportfans etwas sagen als Dietrich Thurau vom ersten bis zum fünfzehnten Tag dieses Trikot trug, dieses Gelbe, weil man eben sofort in die Pyrenäen hineinfuhr. Und eigentlich ist es in diesem Jahr 2023 sehr ähnlich gezeichnet.“
Nicht gewertete Überführungsstücke, wie bei Rallies?
Die guten Zeitfahrer könnten in diesem Jahr allerdings nicht brillieren, weil es mehr um Kletterkünste in den Bergen gehe. Die Veranstalter wollten die Spannung möglichst lange erhalten. Ab der vorentscheidenden 13. Etappe bis zur 17 Etappe gehe es fast nur durch die Berge. Selbst am vorletzten Tag könne es noch Veränderungen im Klassement geben.
Zur Sicherheitsdebatte nach dem tödlichen Sturz des Schweizers Gino Mäder sagt Leclecq: „Ich glaube, man kann jetzt diese Tour de France, die ja über 3400 Kilometer führt, nicht, auf jedem Meter absichern. Es ist schwierig, und ich glaube, dass man das Restrisiko nicht absolut eliminieren kann. Man könnte sich andere Formen überlegen. So wie zum Beispiel in der Rallye-Weltmeisterschaft, wo es Abschnitte gibt, die gezeitet sind und andere Überführungsstücke. Das wäre eine Möglichkeit, die gefährlichen Stellen zu eliminieren. Aber ob man da nicht mit der Tradition des Radsports brechen würde? Man könnte das diskutieren.“