Der Altmarkt in Dresden. Zwei elegante Damen und ein Mann mit Goldkettchen quetschen sich mit zig Einkaufstüten an jeder Hand durch die Schwingtüren einer Einkaufspassage ins Freie. Sie kommen aus Russland, sagt der junge Mann.
"Super shopping! Two days."
Super Shopping für zwei Tage. Zu mehr reicht sein Englisch nicht. Beratung auf Russisch gehöre inzwischen zum Service, sagt auch Franziska Thiemann, Leiterin einer Parfümerie in dem Einkaufstempel.
"Wir haben täglich russische Kunden. Wenn ich 50 Prozent deutsche Kunden habe, sind der Rest dann Touristen, meistens eben aus Russland."
Von Krise keine Spur
Zehn Flüge aus Russland landen pro Woche in Dresden. Die Flughafengesellschaft registrierte eine Verdreifachung der Fluggastzahlen seit 2010. Seit Mai dieses Jahres fliegt die russische Linie Aeroflot aufgrund der guten Nachfrage sogar täglich in die Stadt an der Elbe. Von Krise also keine Spur. Das zeigen auch die Übernachtungszahlen, die von Januar bis Mai 2014 um mehr als drei Prozent anstiegen.
"Der Trend geht hoch. Wir kennen zwar die Übernachtungszahlen, aber wie viel als Tagesgäste - da gibt es eine ganz gute Linie von Prag rüber - nach Dresden kommen, das können wir nicht exakt sagen. Wir wissen die Durchschnittsausgabe beim russischen Gast, die liegt im Moment bei 223 € und wenn man das hochrechnet, dann sind die russischen Gäste tatsächlich die stärkste Gruppe aus den Nicht-EU-Staaten."
Russen sind zahlungskräftige Gäste
Sagt Jürgen Wolf vom City-Management. Russische Kunden gelten als zahlungskräftig. Auf dem Einkaufszettel stehen an erster Stelle Kleidung, danach folgen Schmuck und Elektronik.
"Wir schauen, dass, wenn das Jolka-Fest ist, also das russische Weihnachtsfest, dass dann die Umsätze mit russischen Gästen natürlich absolut in die Höhe gehen. Das ist eine Zeit, in der auch Charterverbindungen noch einmal extra aufgelegt sind zusätzlich zu den regelmäßigen Flügen."
Zur Zeit läuft der Verkauf der Pauschalreisen. Im Herbst werde sich zeigen, ob die derzeitige Politik Russen von einer Reise nach Dresden abhält, so der Sprecher des Dresdner Flughafens. Doch ungeachtet der aktuellen Verwerfungen rollt der Rubel nicht mehr wie noch vor ein paar Jahren, stellt Franziska Thiemann fest.
"Man merkt schon, dass die Russen auch nach Angeboten schauen. Also die kaufen nicht mehr nur Vollpreis und winken mit den Scheinen. Die Zeiten sind vorbei. Ich würde behaupten, dass ich das schon seit letztem Jahr feststelle."
Das deckt sich mit den Beobachtungen der Dresdner Handelskammer. Lars Fiehler:
"Der russische Markt hat sich insbesondere in den letzten sechs Jahren sehr gut entwickelt. Damit rangiert Russland auf dem sechsten Platz in der sächsischen Außenwirtschaftsstatistik. Und beachtlich ist vor allem auch der Zuwachs in den letzten Jahren, wenn man bedenkt, dass der Export im Jahr 2009 noch reichlich 500 Millionen betrug und im letzten Jahr fast 1,4 Milliarden Euro. Verschweigen darf man dabei nicht, dass vom Jahr 2012 zum Jahr 2013 kein Wachstum mehr zu verzeichnen war."
Russische Wirtschaft schwächelt
Die russische Wirtschaft schwächelt seit Längerem, der Rubel ist im Vergleich zum Euro schwach. Durch die Sanktionen komme nun hinzu, dass sich russische Unternehmen schwerer Geld leihen könnten und die Investitionslaune damit wohl zurückgehe, so Fiehler. Etwa ein Drittel der sächsischen Exporte nach Russland kommen aus dem Fahrzeugbau, auf Rang zwei folgt der Maschinen- und Anlagenbau, danach weit abgeschlagen das verarbeitende Gewerbe.
"Die Unternehmen, ja, zeigen eine große Verunsicherung. Ich habe laufende Verträge, kann mein Kunde die entsprechend erfüllen. Und es besteht schon eine gewisse Gefahr, dass Bänder, die jetzt zerschnitten werden, sich am Tag X nicht so leicht dann wieder zusammenknüpfen lassen."
Sächsische Wirtschaft sei breit aufgestellt
Insgesamt sei die sächsische Wirtschaft jedoch breit aufgestellt, trotzdem könne es natürlich einzelne Unternehmen hart treffen. Doch für die hat Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok bereits Hilfe in Form von Kurzarbeitergeld in Aussicht gestellt.