Spanien lebt vom Tourismus, das ist den meisten Einheimischen klar. Doch einigen wird der Urlauber-Ansturm in diesem Sommer zu viel - sie demonstrieren gegen den Massentourismus. Seit Tagen sorgen Anti-Urlauber-Proteste in Barcelona und auf Mallorca für Schlagzeilen - nun sind Aktionen im Baskenland hinzugekommen. Spaniens Ministerpräsident Rajoy hat sich eingeschaltet und klargestellt: Solche Proteste haben in seinem Land nichts verloren.
"Massen von Touristen kommen, wir sind für sie nur Teil der Landschaft. Die Touristen merken gar nicht, was sie für schlimme Dinge anrichten."
Rauchbomben und zerstochene Reifen
Mit solchen Songs sind Videos im Netz unterlegt, die Aktionen gegen den Tourismus zeigen. Wie zum Beispiel Vermummte Rauchbomben in ein Restaurant in Palma de Mallorca werfen und dabei Anti-Tourismus-Banner hochhalten. Oder wie sie auf einer Straße in Barcelona einen Urlauberbus stoppen, ihn besprühen und die Reifen durchstechen. Vor kaputten Reifen stand vor ein paar Tagen auch Joan Mohedano. Er arbeitet in einem Fahrradverleih in Barcelona, der bei Touristen beliebt ist. Einige der Räder vor dem Geschäft hatten plötzlich einen Platten.
"Es gab weder eine Art Bekennerschreiben noch einen anderen Hinweis, wer dahinter stecken könnte. Deshalb können wir nicht sagen, ob es die Gruppe ‚Arran‘ war, die für ähnliche Aktionen verantwortlich ist."
"Arran" ist eine linke Organisation, sie steht den Unabhängigkeits-Befürwortern in der Region Katalonien nahe. Sie fühlt sich dazu aufgerufen, gegen den Massentourismus in Spanien vorzugehen. Die Gruppe kritisiert zum Beispiel, dass viele Wohnungsbesitzer ihre Zimmer inzwischen lieber an Urlauber vermieten als an Einheimische - wodurch sie mehr Geld verdienen. Der Vorwurf von "Arran": So würden die Preise in den Städten hoch getrieben. Spaniens Ministerpräsident Rajoy lässt das nicht als Argument durchgehen, gewaltsam gegen den Tourismus zu kämpfen. Nach seinen Worten ist das Geschäft mit Urlaubern der wichtigste Industriezweig Spaniens.
"Zweieinhalb Millionen Menschen in Spanien arbeiten im Tourismussektor, er macht 13 Prozent des gesamten Arbeitsmarkts aus. Der Tourismus sorgt für Reichtum, für Arbeit und Wohlstand. Ihn anzugreifen, wie es nun einige tun, ist Unsinn."
Müssen "mit den Leuten leben, die das Geld bringen"
Ähnlich sehen es Touristen in Barcelona, die sich jetzt in der Haupt-Reisezeit zu tausenden über Prachtstraße La Rambla schieben. Dieser Urlauber aus Deutschland hält Anti-Tourismus-Kampagnen für völlig unangemessen.
"Die Rambla ist nun mal die Flaniermeile hier in Barcelona, in Nordspanien. Da muss man einfach mit den Leuten leben, die hier das Geld herbringen."
Dieser Urlauber dagegen kann die Einheimischen verstehen, die sich über den Massentourismus beklagen. Ein Limit, eine Balance müsse her.
"They have to find a balance. It’s a question about balance, I think!"
Baustopps, strengere Auflagen: Politik hat reagiert
Die Politik hat reagiert. In Barcelona gilt seit einiger Zeit schon, dass Wohnungen nur noch unter strengen Auflagen in Ferienapartments umgewandelt werden dürfen. Und die Inselregierung von Mallorca hat vor kurzem ein Gesetz durchs Parlament gebracht, wonach Wohnungsbesitzer ein Jahr lang keinen Antrag stellen dürfen, ihre Zimmer an Urlauber zu vermieten. Außerdem gilt ein Baustopp für neue Hotels. Doch den Aktivisten reicht das anscheinend nicht aus. Mitte der Woche erst klebten sie Sticker an 1.000 Mietautos auf Mallorca - darauf Sätze wie: "Dieses Auto ist zu viel!" oder "Der Tourismus tötet Mallorca". Solche Aktionen bleiben nicht ungestraft: Für einen ähnlichen Anti-Urlauber-Protest muss die Gruppe "Arran" nun eine Geldstrafe von 1.200 Euro zahlen.