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Tourismusprojekt an der Mosel
Winzer wollen nicht weichen

Mit einer Rebfläche von 400 Hektar gehört Zell zu den größten Weinbaugebieten an der Mosel. Die Weinberge hier gehen zum Teil auf die Römerzeit zurück. Jetzt sollen 30 Hektar für eine Ferienanlage mit Jachthafen fallen. 40 Winzer haben Widerstand angekündigt.

Von Ludger Fittkau |
    Ein Schiff fährt am Weinbauort Zell an der Mosel vorbei.
    Eine geplante Ferienanlage führt in Zell an der Mosel zu Konflikten. (picture alliance / dpa / Friedel Gierth)
    Der Parkplatz neben dem Erlebnisbad im Touristenort Zell an der Mosel. Hier sind die Weinberge der alten Kulturlandschaft Zeller Hamm schon angeknabbert. Moderne Freizeitbedürfnisse schieben sich in die Rebstöcke, auf denen die Trauben prall in der Sonne reifen. Für Weinbauingenieur Klaus Stülb, der hier ganz in der Nähe als Biowinzer arbeitet, zerstört jede neue Tourismuseinrichtung in den Weinbergen die Zukunft der Mosel-Landwirtschaft:
    "Und wir haben auch jetzt schon eine Konkurrenzsituation als Weinbaubetrieb, weil wir um die gleichen Flächen konkurrieren. Weil hier der Berg, um den es ich dreht, das sind zum Teil uralte Reb-Areale, die bis in die Römerzeit zurückreichen. Die sind nach Süden exponiert, tiefgründig. Die haben einen Weingartencharakter, hier wachsen ganz tolle Weine und das ist das ökonomische Rückgrat der Winzerbetriebe hier im Gebiet."
    Sanft steigen die Weinlagen hier am Zeller Hamm an - ein Kontrast zu den Steillagen, die sich am anderen Ufer über der Mosel erstrecken. Die Flächen, auf denen jetzt die neue Ferienhaussiedlung mit Mosel-Jachthafen entstehen soll, sind auch für den Winzer Heinz Engel unverzichtbar:
    "Sie können nicht nur Steillagen bewirtschaften, weil das sehr arbeitsintensiv ist. Es muss auch ein Teil von flacheren Hanglagen dabei sein. Und nur so kann der Betrieb gute Zahlen schreiben."
    Dennoch hat der Gemeinderat von Zell nahezu einstimmig beschlossen, sich über die Bedenken der Winzer hinwegzusetzen und dem Bau der Ferienhaussiedung im alten Weinbaugebiet zuzustimmen.
    Eine touristische Gesamtstrategie ist gefragt
    Hauptargument: Sicherung von Arbeitsplätzen in der strukturschwachen Region. Vorbild ist der nahe Tourismusmagnet Cochem, wo man schon längst auf touristische Großprojekte dieser Art setzt. Der Cochemer Großbäcker Achim Lohner steht für viele, die diese Entwicklung in der Moselregion begrüßen:
    "Und in Cochem sind wir nicht nur zufrieden, sondern wir sind zum größten Teil glücklich, dass wir dieses haben. Wir haben Winterbetrieb, wir haben nicht mehr im Winter die Ruhezeiten und ich glaube, die Zeller Bürger verkennen die riesigen Vorteile und Chancen, die dieses Gebiet liefert."
    Eine Zeller Bürgerin, die diese vermeintlichen Chancen nicht sehen will, ist die Biologin Gabriele Klaus. Sie engagiert sich in der Bürgerinitiative zum Erhalt der Kulturlandschaft Zeller Hamm:
    "Ganz einfach - Zell ist nicht Cochem. Man muss sich für etwas entscheiden. Wir haben hier eher die Ruhe, wir haben hier eher die Entspannung, wir haben hier eher den sanften Tourismus, während Cochem eher Richtung Masse geht. Und man kann kein Cherry-Picking machen. Man kann nicht alles haben. Man sollte sich überlegen, welche touristische Gesamtstrategie möchte ich für die Zukunft verfolgen."
    Die Zeller Winzer auf dem Parkplatz neben dem Erlebnisbad fordern eine Tourismusstrategie, die ihnen die Flächen lässt, die sie für die Zukunft brauchen. Sie sind enttäuscht über die Entscheidung der lokalen Politik, durch die sie die Entwicklungschancen ihrer Betriebe beeinträchtigt sehen.
    "Die haben abgewogen, nach eigenem Bekunden und anderes für wichtiger empfunden. Das heißt, die Interessen der Eigenbetriebe waren weniger wichtig als die Interessen eines Investors, der von außen kommt. Aber wir haben uns mit 40 Weinbaubetrieben zusammengeschlossen, die ja unmittelbar betroffen sind und das sind schon eine ganze Menge."
    Noch ist der Protest recht friedlich
    Dennoch ist die Solidarität der Winzer noch brüchig. Denn es gibt einige Weinbauern, die ihre Weinberge verkaufen wollen, um den Bau des Feriendorfes zu ermöglichen. Winzer Heinz Engel erklärt, warum:
    "Die meisten Kollegen, die Flächen abgeben wollen, sind sterbende Betriebe. Die halt eben im Rentenalter sind und die Flächen dann verkaufen. Das können die ja machen. Aber für die jungen Betriebe, die eventuell ihre Flächen aufstocken wollen, gehen diese Flächen für immer verloren."
    Heißt im Klartext: Die alten Winzer, die ihre Betriebe aufgeben wollen, sollen ihre teilweise 2.000 Jahre alten Weinberge an andere Winzer abgeben und nicht als Bauland versilbern. Das sehen auch die Landwirtschaftsverbände der Moselregion so:
    "Im Prinzip haben wir volle Unterstützung von der Landwirtschaftskammer und auch vom Bauern-und Winzerverband. Die haben auch ihre Stellungnahmen entsprechend abgegeben. Und mit diesen Stellungnahmen ist ähnliches geschehen, wie mit unserem eigenen. Die wurden alle gelesen, gehört und ad acta gelegt."
    Trotzdem wirken sie noch recht friedlich, die Winzer auf dem Parkplatz des Erlebnisbades von Zell, der schon in den Weinberg hineinragt. Doch es könnte die Ruhe vor dem Sturm sein:
    "Erst mal gehen wir den formal vorgesehenen Weg. Wir machen unsere Eingaben. Ich weiß nicht, zu welchen Schritten wir sonst genötigt werden, vielleicht kommt es zu Klagen."