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Touristen-Flaute in Ägypten
Freie Fahrt zu den Pyramiden

Vor dem Arabischen Frühling drängten sich in Ägypten die Touristengruppen vor den weltberühmten Sehenswürdigkeiten. Heute hat man Pyramiden, Museen und Bazare fast für sich alleine. Der Volksaufstand und Terroranschläge haben viele Touristen vergrault. Das ist bitter für Hoteliers und Dienstleister. Die versuchen jetzt, das Beste aus der Situation zu machen.

Von Anne Allmeling |
    Pyramiden in Ägypten
    Pyramiden in Ägypten (picture alliance / dpa / Foto: Mike Nelson)
    Charlotte gönnt sich eine Pause. Die junge Frau aus Frankreich hat sich einen Platz vor dem Kaffeehaus "El-Fishawi" gesucht, mitten in der islamischen Altstadt von Kairo. Durch die Linse ihrer Kamera beobachtet sie das Treiben in der engen Gasse, macht Fotos von jungen Ägypterinnen, die gegenüber am einem Tisch sitzen und Wasserpfeife rauchen. Bunte Kopftücher, lachende Gesichter – Charlotte strahlt.
    "Ich wollte schon immer nach Ägypten – in ein Land, das so reich ist an Geschichte und Kultur. Eine Freundin von mir ist im Januar hier gewesen und kam ganz begeistert zurück. Da habe ich mich entschlossen, auch nach Ägypten zu reisen."
    Einköpfige Reisegruppe
    An diesem Nachmittag ist Charlotte die einzige Touristin im "El-Fishawi". Ihren Reiseleiter hat sie ganz für sich. Denn seit dem Beginn des Volksaufstands in der arabischen Welt 2011 kommen nur noch wenige Touristen nach Ägypten. Kaffeehaus-Besitzer Ahmed El-Fishawi bedauert das:
    "Mir tun die Leute leid, die unser Land nicht gesehen haben. Die Menschen auf der ganzen Welt, die Ägypten nicht besuchen, tun mir leid – weil sie es versäumen, unsere Geschichte zu erleben."
    Die berühmte Azhar-Moschee, das Wohnhaus des ägyptischen Literatur-Nobelpreisträgers Nagib Mahfus, der belebte Basar Khan El-Khalili – all das befindet nur wenige Meter von El-Fishawis Kaffeehaus entfernt.
    "Früher kamen bei mir zwischen 20 und 30 Touristen am Tag vorbei", erzählt Ahmed Abdel-Samad. Der 32-Jährige verkauft gleich nebenan Papyrusrollen und bunte Tücher.
    "Fast alle haben etwas gekauft. Aber heute habe ich gar nicht mehr mit Touristen aus dem Ausland zu tun. Nur Ägypter oder Araber kommen noch bei mir vorbei."
    Hotelschließungen und Entlassungen
    Mit dem Aufstand auf dem Tahrir-Platz vor fünf Jahren hat die Tourismus-Flaute begonnen. Die Explosion eines russischen Passagierflugzeugs über der Sinai-Halbinsel Ende Oktober fügte der Branche noch weiteren Schaden zu. Zahlreiche Hotels in den Badeorten am Roten Meer mussten schließen. Gerade hat der britische Reiseanbieter Thomas Cook bekannt gegeben, weitere sechs Monate auf Flüge nach Sharm El-Sheikh zu verzichten. Dem Pauschalreisen-Anbieters FTI zufolge hat jeder zweite Angestellte in der Branche seine Arbeit verloren. Etwas besser ist die Situation in Kairo. Das Mariott-Hotel, eines der größten Gästehäuser der Stadt, sei zu 60 Prozent ausgebucht, sagt Geschäftsführer Hans-Georg Roehrbein – und gibt sich zuversichtlich:
    "Die Zimmer werden renoviert, da wird sehr viel Geld investiert, und wir würden das nicht machen, wenn wir das nicht positiv sehen würden, wie sich das Geschäft über die Zeit entwickeln würde. So das ist eigentlich eine gute Zeit, das zu machen, weil wir halt Belegungszahlen haben, ohne dass das die Kunden betrifft."
    Die meisten Gäste in der Hauptstadt sind Geschäftsreisende – oder Urlauber aus der Golfregion. Reisegruppen und Kultur-Touristen aus Europa und den USA dagegen lassen weiter auf sich warten. Charlotte hält trotzdem an ihrem Reiseplan fest: zwei Tage Kairo, eine Nilkreuzfahrt von Luxor nach Assuan, anschließend noch drei Tage im Süden Ägyptens. Sorge um ihre eigene Sicherheit macht sie sich nicht:
    "Nein. Weil ich in Frankreich lebe, in Paris. Das ist auch gefährlich. Ich sehe da keinen Unterschied zwischen Paris und Kairo."