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Tradition und Aufbruch bei Siemens

Während sechs DAX-Konzerne heute über den Geschäftsverlauf im dritten Quartal informierten, hat der Industriekonzern Siemens bereits Zahlen zum vierten Quartal vorgelegt und damit die vorläufige Jahresbilanz. Zweimal wurde in diesem Jahr bereits das Gewinnziel zurückgeschraubt, was nicht gerade für eine florierende Geschäftsentwicklung sprach.

Von Dieter Nürnberger | 07.11.2013
    Tradition und Aufbruch - in seiner ersten Bilanzvorlage als Siemens-Chef - bevorzugte Joe Kaeser vor allem nachdenkliche Töne, ohne allerdings auf einen erforderlichen Optimismus zu verzichten. 2013 wird als turbulentes Jahr in die Unternehmensgeschichte eingehen - 100 Tage ist nun her, dass Kaeser Peter Löscher als Konzernchef ablöste. "Nun blicken wir nach vorne", sagt der Neue - und skizziert durchaus selbstbewusst die Herausforderungen einer künftigen Konzernstrategie:

    "Wir werden uns konzentrieren auf den Einfluss der Digitalisierung - auf diese Wertschöpfungskette. Wir werden konzentrieren darauf, was die Automatisierung im industriellen Bereich, im Energie- und vor allem im Gesundheitsumfeld uns bietet. Viele Wettbewerber werden versuchen in unser Terrain zu gelangen, wenn es um diese Paradigmenwechsel geht. Aber viele Wettbewerber werden ziemlich schnell sehen, dass wir eigentlich schon da sind."

    Im 100 Jahre alten Marmorsaal des ehemaligen Konzernhauptsitzes in Berlin wurden die Bilanzzahlen für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr präsentiert. Nachdem das Gewinnziel im laufenden Jahr bereits zweimal kassiert worden war, liegt die Zahl nun bei rund 4,2 Milliarden Euro, der Umsatz ging leicht auf 75,9 Milliarden zurück. Immerhin konnte mit einem Umsatzplus von 3 Prozent ein solides viertes Quartal verzeichnet werden.

    Für Joe Kaeser ist die Bilanzvorstellung auch eine Gratwanderung, denn eine Distanzierung von der alten Konzernspitze kann der langjährige Finanzvorstand allenfalls moderat vortragen. Ralf Thomas, sein Nachfolger in dieser Position, wird da manchmal etwas deutlicher:

    "In der jüngeren Vergangenheit war unser Risikoappetit offensichtlich an einigen Stellen zu groß."

    Siemens braucht derzeit viel Geld für ein Sparprogramm und die strukturellen Anpassungen, ein Arbeitsplatzabbau um rund 15.000 Stellen weltweit ist bereits beschlossen. Viele Faktoren drücken auf das Ergebnis, so der Siemens-Chef:

    "Eine Reihe von Sonderbelastungen, wie beispielsweise die Solartechnik, die Hochgeschwindigkeitszüge, aber insbesondere natürlich die Anbindung der Windkraft in der Nordsee haben dazu beigetragen."

    Im Jahr Geschäftsjahr 2013/14 soll zumindest der Gewinn etwas wachsen, vorausgesetzt Siemens erreicht einen Umsatz auf gleichbleibendem Niveau. Dieser Vorbehalt ist den nicht einheitlichen Entwicklungen auf den weltweiten Märkten geschuldet, so Finanzvorstand Ralf Thomas:

    "Die Schwellenländer konnten den Umsatzeinbruch in unserem US-Geschäft teilweise ausgleichen. Am Auftragseingang lässt sich aber bereits erkennen, dass von der Industrienation USA im kommenden Jahr positive Effekte auch in unserem Geschäft ausgehen werden. Und was die Entwicklung Chinas anbelangt - da sind wir skeptischer als andere: Die wirtschaftliche Erholung wird dauern, weil gewaltige Überkapazitäten abgebaut werden müssen, etwa in der Montanindustrie."

    Der heute so oft zitierte Blick nach vorn soll auch die Aktionäre befrieden. Siemens will in den kommenden Jahren Aktien im Wert von vier Milliarden Euro zurückkaufen. Und trotz gesunkenen Überschusses wird es erneut eine Dividende von drei Euro geben.