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Trainer im Spitzensport
"Es gibt viele, die ausgestiegen sind"

Im Zuge der Spitzensportreform soll ermittelt werden, welche Sportart, welche Disziplin wieviel Förderbedarf und Potenzial hat. Das betrifft auch die Trainer. Drei Spitzentrainer kritisieren im Dlf, dass ihre Berufsgruppe stiefmütterlich behandelt werde - und es keine Anreize für den Nachwuchs gebe.

Holger Hasse, Ralf Holtmeyer und Beate Ludewig im Gespräch mit Matthias Friebe |
Der frühere Badminton-Chefbundestrainer Holger Hasse mit Karin Schnaase.
Der frühere Badminton-Chefbundestrainer Holger Hasse wünscht sich bessere Rahmenbedingungen der Trainer, dass der Beruf attraktiv werde und die "unsäglichen Kettenverträge" aufhören (imago sportfotodienst)
Es diskutieren Beate Ludewig, frühere Nationaltrainerin im Schwimmen, heute Bundesstützpunktkoordinatorin, Holger Hasse, der Präsident des Bundesverbands der Trainer und Ralf Holtmeyer, Chefbundestrainer der Ruderer.
Holtmeyer kritisierte, dass die Potenzialanalyse für unterschiedliche Sportarten auch unterschiedlich aussehen müsse. Der Deutschlandachter habe beispielsweise ganz andere Bedürfnisse als das Frauenturnen. Die Finanzzuwendungen seien undurchsichtig, föderal aufgebaut, und die Kompetenz zwischen DOSB und Bundesinnenministeriums (BMI) sei nicht klar.
Grundsätzlich schlecht sei das PotAS-System aber nicht, ergänzte Holger Hasse, der Präsident des Bundesverbands der Trainer. Einem Verband tue es beispielsweise gut, sich Fragen der Transparenz zu stellen und dadurch Schwächen im System zu entdecken. Grundsätzlich gehe es bei PotAS darum, "die Neuverteilung ab 2021 zu legitimieren". Das fühle sich besser an für die, die Gelder verteilen, aber werde die Trainer nicht unbedingt weiterbringen.
Neues Vergütungmodell gefordert
Dass das Ministerium dabei alles zu stark vereinfachen wolle, kritisierte die frühere Schwimmtrainerin Beate Ludewig. Dort wolle man sagen, "der kriegt 80 Prozent, der 90 oder 100 Prozent". So einfach wie beim Steuersystem sei es aber nicht, so Ludewig, die aber dennoch für eine größere Vergleichbarkeit der Sportarten plädierte.
Alle drei waren sich einig, dass es vor allem schwierig sei, neue Trainer zu rekrutieren, oder junge Leute zu halten. Finanzielle Anreize könnten zu einer Lösung beitragen, glaubt Ruder-Trainer Holtmeyer, der auch einen Anstieg im Altersdurchschnitt bei den Trainern beobachtet.
In der Zukunft gehe es jetzt vor allem um bessere Rahmenbedingungen der Trainer, so Hasse und darum, dass der Beruf attraktiv werde und die "unsäglichen Kettenverträge" aufhörten. Zudem forderte er eine angemessene Vergütung, Prämien, aber auch "ein sehr attraktives Grundgehalt". Ein solches nach TVöD-Modell werde zur Mitgliederversammlung des DOSB vorgestellt und hoffentlich abgesegnet. Dazu sollte es ihm zufolge clevere Modelle der Arbeitszeit und Altersteilzeit geben sowie eine Gleichstellung von Männern und Frauen.

Das gesamte Interview im Wortlaut:
Matthias Friebe: Heute Abend mit Matthias Friebe. Guten Abend! – Seit Jahren diskutiert der deutsche Sport über eine Spitzensportreform. Immer wieder hakt es im Prozess. Es geht vor allem um eins: um mehr Geld und um die langfristige Perspektive des deutschen Leistungssports.
An dem Prozess der Reform und den einzelnen Schritten gibt es immer wieder viel Kritik aus den verschiedenen Bereichen. Gerade in diesen und den kommenden Wochen geht es für die Sommersportarten darum, die Fragebögen im sogenannten "Potenzial-Analyse"-System PotAS auszufüllen, um damit zu ermitteln, welche Sportart, welche Disziplin wieviel Förderbedarf und wieviel Potenzial für die Zukunft hat.
Heute kommen in unserem Sportgespräch die Trainer zu Wort. Auch ihre Perspektiven stehen nämlich mit auf dem Spiel. Deshalb freue ich mich auf die Diskussion mit Beate Ludewig, frühere Nationaltrainerin im Schwimmen, Holger Hasse, Präsident des Bundesverbands der Trainer, früher Bundestrainer der Badminton-Spieler, und Ralf Holtmeyer, Chefbundestrainer der Ruderer. Guten Abend, Ihnen allen!
Beate Ludewig: Guten Abend.
Ralf Holtmeyer: Hallo!
Holger Hasse: Guten Abend.
Friebe: Herr Holtmeyer, ich fange mal mit Ihnen an. Sie sind gerade zurück aus Luzern von den Ruder-Europameisterschaften, mit etlichen Erfolgen, und Medaillen sind ja das große Ding in der Spitzensport-Reform, auch für die Potenziale der Zukunft. Das heißt, Sie können eigentlich ganz beruhigt sein, oder?
Holtmeyer: Ja, beruhigt für den Moment. Wir waren ja sehr erfolgreich mit fünf Europameister-Titeln in den olympischen Klassen und einer Bronzemedaille. Aber ich mache mir schon grundsätzlich Sorgen, wie es weitergeht, dass das Ganze immer komplizierter wird und eigentlich ein bisschen an den Problemen vorbeigeht.
Friebe: Sie haben bei der Vorstellung des Achters vor ein paar Tagen gesagt, das Ganze sei bürokratisch bis zur Undurchführbarkeit. Was stört sie so an dem System?
Holtmeyer: Ja, es klingt gut. Potenzial-Analyse ist ja modern im Moment, wird ja auch zum Beispiel in Schulen gemacht. Meine Kinder haben auch so was gemacht. Potenzial-Analyse klingt sehr systematisch, wissenschaftlich. Aber ich sage mal so: Ich bringe Ihnen jetzt ein Beispiel. Ein deutscher Achter hat ein Durchschnittsalter 25 Jahre. Die sind natürlich auch sechs, sieben Jahre im Hochleistungstraining. Und wenn ich jetzt Frauenturnen nehme – ich tippe mal, dass die so 18, 19 sind im Schnitt -, da sind die Aufgaben total unterschiedlich.
Wir haben es mit Studenten zu tun, die freigestellt werden müssen, zumindest zwei Jahre vor den Olympischen Stellen, oder sich selbst freistellen. Wenn ich jetzt Turnen nehme – ich vermute das mal -, da geht es darum, auch während der Schulzeit schon Freistellungen zu haben, zum Beispiel ein Internatssystem zu haben. Konzentration und wirklich Hochleistungstraining fängt bei uns roundabout mit 19, 20 Jahren an, im Turnen mit Sicherheit fünf, sechs Jahre früher, und wir tun uns einfach schwer, für alle, denke ich mal, das gleiche Konzept zu machen.
Schwimmen wird wieder andere Anforderungen haben, Leichtathletik ist eine Individualsportart, bei uns geht es um Mannschaftssport im Wesentlichen, bis auf den Einer. Und ich glaube einfach prinzipiell an mehr Führung von vorne, da wo der Leistungssport wirklich gemacht wird. Die müssen das Sagen haben. Und ich frage mich im Ganzen, wer steuert eigentlich den Prozess, und ich fürchte, bei so einer PotAS, das klingt dann gut, aber dass die Finanzzuwendungen dann nachher doch wieder undurchsichtig sind.
Hinzu kommt bei uns: Wir sind ein großes Land, föderal aufgebaut. Hinzu kommt, dass immer wieder die Kompetenz zwischen BMI und DOSB nicht klar ist.
Friebe: … also zwischen Ministerium und Olympischem Sportbund.
Holtmeyer: Genau. Dann spielt der Bundesrechnungshof noch eine Rolle, die Länder …
"Wir sind in der Öffentlichkeit noch nicht so wahrnehmbar"
Friebe: Sie haben jetzt eine ganze Menge Punkte angesprochen, Herr Holtmeyer. Da wollen wir drüber reden heute in diesem Sportgespräch. – Sie haben auch Frau Ludewig quasi schon angesprochen mit dem Schwimmen. Wie sehen Sie das, diese Vergleichbarkeit der Sportarten und Disziplinen, dass man versucht, ein gemeinsames Raster zu finden? Ist das in Ihren Augen gut oder schlecht?
Ludewig: Na ja, man muss irgendwie eine Vergleichbarkeit herstellen. Aber wir haben am Ende ja wirklich das Problem, dass man die Äpfel mit der Birne vergleicht, was wir hier in Berlin so sagen. Er hat es schon gesagt: Turnen. Wir haben im Schwimmen völlig andere Probleme. Wir brauchen ein Bad, wir brauchen eine Schwimmhalle, und insofern haben wir da schon Probleme. Die Konzentrationsfrage ist für uns auch ein ganz, ganz wichtiges Problem. Ich habe nicht mehr genügend Trainer, die wir früher hatten. Dann haben wir aber die Leute mit Bananen bezahlt, und deswegen haben wir jetzt große Probleme, die Trainer an die Orte zu kriegen, wo wir sie brauchen.
Wir haben gerade unsere Zielvereinbarungsgespräche in Berlin gehabt. Am Ende hat dort ein Kollege von mir gesagt, ich möchte bitte den Antrag haben, wo ich meine drei Stunden Zeitverlust wieder herbekomme. Das heißt, es kommt am Ende in diesen Gesprächen nicht sehr viel raus, obwohl wir als Trainerkommission ja in dieser Entwicklung des PotAS mitgearbeitet haben, weil ja die Praxis im Grunde genommen das Wichtigste ist. Aber ich sage mal, das BMI möchte einen Knopf haben, möchte draufdrücken und sagen, der kriegt 80 Prozent, der 90 und der 100, und das ist natürlich ganz, ganz schwer. Da sage ich immer, da sind irgendwo auch solche Bürokraten, für die wäre das einfacher wie bei der Steuer. Das geht aber eben nicht, und da bin ich absolut auf der Seite von meinem Bundestrainer im Rudern, dass es ganz, ganz, ganz schwierig ist.
Friebe: Herr Hasse, Sie sind ja der Präsident des Bundesverbands. Werden Sie nicht genug gehört als Trainer?
Hasse: Ich sage mal so: Wir sind in der Öffentlichkeit noch nicht so wahrnehmbar. Andererseits sind wir schon eingebunden in verschiedene Arbeitsgruppen des DOSB. Ich komme gestern wieder aus Frankfurt, wo wir mit der AG Trainerkonzept versuchen, die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Da sind eigentlich alle wichtigen, sogenannten Stakeholder an Bord: Bundesministerium, DOSB, die Länder, Olympia-Stützpunkte, wir auch als Berufsverband für Trainerinnen und Trainer im deutschen Sport. Aber, wie der Herr Holtmeyer schon sagte: Es ist eine riesen Gemengelage und in dieser großen Gemengelage sich Gehör zu verschaffen, ist schwierig. Da steht das Wort der Trainer nicht immer im Mittelpunkt, so wie es in den feinen Konzepten drinsteht. Da stehen viele im Mittelpunkt, die Trainer aktuell noch nicht, und das müssen wir auch kritisieren.
Friebe: Bei der Installation der Spitzensport-Reform hat Alfons Hörmann, der DOSB-Präsident gesagt, unser Ziel sind natürlich die Athleten, deren Situation besser zu machen. Und dann: "Ihre wichtigsten Bezugspersonen sind aber die Trainerinnen und Trainer, deren Situation wir gravierend verbessern wollen."
Hasse: Genau. Das sind die Absichtserklärungen, und ich kann auch berichten, dass wir auch viele gute Ideen haben, wie diese Rahmenbedingungen sich verbessern können. Aber man muss sagen: Nach den Absichtserklärungen sind jetzt mittlerweile auch vier, fünf Jahre ins Land gegangen. Bis jetzt habe ich noch nichts Entscheidendes vermerkt, vermelden können. Wir haben einen großen Aufwuchs von Mitteln, das ist positiv. Es kommen jetzt auch einige neue Stellen, neue Funktionsstellen, zum Beispiel die Bundesstützpunktleiter neu ins System rein. Nur bis das wirkt, das dauert alles, und zwischendurch haben wir jetzt gerade die Vorbereitungen und die Qualifikation zu den Olympischen Spielen, und da gehen natürlich Ressourcen verloren, wenn ich daran denke, dass viele Trainer beschäftigt sind damit, jetzt Fragebögen auszufüllen und die Bewertungen zu machen für PotAS. Das ist einfach jetzt der Stand, dass wir einfach viel zu wenig Personal haben, in allen Sportarten und fast allen Sportarten und Disziplinen, und deswegen auch so viele Überstunden angesammelt werden auf dem Rücken der Trainerinnen und Trainer.
Ludewig: Die es aber gar nicht gibt, die Überstunden als Trainer und Trainerin. Das ist ja das, wo Du ja auch gerade dabei bist, dass es dort ein Berufsbild eines Trainers gibt. Das ist ja das, was wir als Trainerkommission ja ganz dolle gefordert haben, wo wir gesagt haben, es geht nicht anders, wenn man arbeitslos wird als Trainer, das gibt es gar nicht, dieses Berufsbild. Ich war mal drei Monate arbeitslos. Schwimmmeister – das gibt es nicht, und das ist eine ganz, ganz wichtige Sache, dass man dort wirklich ein Berufsbild hat, wo man am Ende auch sagt, Leute, das sind unsere Rechte, das sind unsere Pflichten. Und wie gesagt: Überstunden – unnormierte Arbeitszeit, sagen wir immer.
Friebe: Haben Sie Überstunden, Herr Holtmeyer, auf dem Weg zu Tokio?
Ludewig: Ich glaube, jeder!
Holtmeyer: Das kann man ja in meiner Funktion jetzt gar nicht rechnen. Ich glaube, das geht nicht nach Stunden.
Zum Beispiel 2012 war ja das Schlagwort Traineroffensive, und ich finde das immer typisch. Es ist ein Schlagwort, okay, aber da ist ja nichts von übrig geblieben. Ich habe damals schon gesagt: Na ja, hoffentlich wird es ein Stoßtrupp-Unternehmen. – Es wird immer eine ganz vollmundige Offensive, und was dann nachher bleibt ist eigentlich nichts.
Ich sage mal, alle drei, vier Jahre gibt es ein neues Konzept eigentlich, ohne sich zu überlegen oder auch mal nachzuvollziehen, was hat denn gegriffen von dem, was wir vorher gemacht haben. Es wird auch nicht mehr nachgefragt, was vorher mal Absicht war.
Da arbeiten wir im Leistungssport ganz anders. Da muss ich wirklich sagen, auch professioneller. Man guckt, welche Trainingsmittel greifen, wie haben wir uns leistungsmäßig weiterentwickelt, was macht die Weltspitze, warum sind die besser, warum halten wir in einigen Disziplinen nicht mit, warum halten wir in anderen Disziplinen gut mit.
Ruder-Bundestrainer Ralf Holtmeyer ist nach der Präsentation des Deutschland-Achter 2016 am 28.04.2016 in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) am Dortmund-Ems-Kanal zu sehen. 
Ruder-Bundestrainer Ralf Holtmeyer fordert eine Traineroffensive für die Basis (picture alliance/dpa - Ina Fassbender)
Es wird doch nichts mehr nachvollzogen! Wenn jetzt zum Beispiel mein Trainerkollege, der jetzt den Achter macht, Uwe Bender, in Zukunft protokollieren muss, wenn er ein Aktivengespräch führt, um dann nachzuweisen bei PotAS, dass wir das machen, dass wir da aktiv sind, dann ist das doch lächerlich. Das ist Alltagsgeschäft! Dass man darüber mal nachdenken muss, ist klar, aber da wird doch dann ein riesiger Aufwand gemacht.
Genauso mit den Stunden. Ich finde, man kann Trainer letzten Endes nicht nach den Stunden bezahlen. Zählt dann bei einer Regatta zum Beispiel die An- und Abfahrt dazu? – Das ist der falsche Ansatz. Ich finde, man muss sie vernünftig bezahlen. Es muss auch intern ein Kontrollsystem geben, dass zum Beispiel die Disziplin-Internen sagen, hör mal zu, zum Kollegen, Du hast zu viel Auswahl, Du bist nicht mehr so motiviert wie vor ein paar Jahren. Der direkte Bezug – ich sage ja: Führung von vorne. Wenn das alles bürokratisiert wird, formalisiert wird, und das wird zentral – ich übertreibe jetzt mal ein bisschen – in Frankfurt in der Zentrale dann auch zentral ausgewertet, da kommt doch nichts bei raus! Das möchte ich mal sehen, wo so eine Führung, ich sage mal, wirklich die Führung des Spitzensports zentral passieren soll. Das sehe ich nicht.
Wie gesagt in meinem Eingangsstatement: Die Führung muss da passieren, wo der Sport passiert. Im Jugendbereich, zum Beispiel beim Jugendschwimmen muss die Führung da passieren, wo die jungen Schwimmerinnen und Schwimmer trainieren. Da muss man sehen, klappt das, was verändern wir. Das kann man nicht aus einer Zentrale heraus machen.
Transparenz sei gut, aber Neuverteilung reicht nicht
Friebe: Wollten Sie widersprechen, Frau Ludewig?
Ludewig: Ja, ich würde insofern widersprechen: Erst mal, er hat recht. Der Trainer macht viel zu viel. Da fehlt meist auch das Umfeld. Aber ich muss jetzt mal den DOSB in Schutz nehmen. Der DOSB kann nur so gut sein wie seine Verbände. Da haben wir eigentlich unser großes Problem. Wir haben bei PotAS – das haben wir eingebracht in unserer Trainerkommission, dass wir gesagt haben, wir brauchen unbedingt einen Bereich der Aus- und Weiterbildung, und das muss vom Verband organisiert werden, und wenn das nicht da ist, gibt es weniger Geld.
Es ist nicht so, dass nichts passiert ist, und es ist auch mit den Trainern einiges passiert aufgrund unseres Kampfes, dass es Prämien gibt für Trainer, die an solchen olympischen Medaillen beteiligt waren, zum Beispiel im Nachwuchsbereich. Ein bisschen was ist passiert, aber natürlich nicht das, was wir an sich brauchen. Da gebe ich dem Ralf auf jeden Fall recht. Aber das kann man nicht auf den DOSB schieben. Man muss da schon ein bisschen differenzieren, und an dieser Diskussion, die wir am Ende machen, sehen Sie ja schon, wie groß dieses Feld ist.
Holtmeyer: Die gesamte Struktur muss verschlankt werden. Ich sage nicht DOSB. Es reden immer wieder viel zu viele Leute mit und mit rein; die Verantwortung übernimmt dann aber nachher keiner so richtig. Das stelle ich fest. Ich sage ja, wir sind ein föderales System. Das ist auch okay.
Ludewig: Dann wird gejammert!
Holtmeyer: Genau! – Wer ist wirklich für was verantwortlich und nicht zu viele mit reinholen im Entscheidungsprozess. Das wird dann nichts.
Ludewig: Völlig d’accord, bin ich absolut bei Dir!
Friebe: Herr Hasse, wir hören jetzt ganz schön viel Unmut. Wir hören Worte wie "lächerlich" und "man muss die Strukturen verschlanken". Fühlen Sie sich als Trainer manchmal einfach überhaupt nicht ernst genommen?
Hasse: Ich sage mal, die Hauptrückmeldung, die der Trainer bekommt, ist von seinen Athleten.
Ludewig: Korrekt! – Richtig!
Hasse: In erster Linie über die Leistung und manche sind sogar dankbar für den Einsatz. Das wollen wir nicht unbedingt erwarten, aber auch das ist natürlich ein Motor für die Trainer. Insofern: Der Trainer ist in erster Linie konzentriert auf seine Arbeit, der will erfolgreich sein, ist hoch erfolgsorientiert, professionell, und insofern glaube ich, dass wenige Trainer danach heischen, ob sie jetzt außen die Aufmerksamkeit bekommen. Im Sport, im Leistungssport, anders als in manchen Profisportarten, die medial extrem vertreten sind, geht es da nicht so sehr den Trainerinnen und Trainern um die mediale Aufmerksamkeit.
Aber die Arbeitsbedingungen – und da muss ich sagen, das ist unser Thema als Berufsverband – sind nicht für alle Trainer so, wie sie sein sollten, um wirklich Weltklasseleistungen zu erreichen. Da haben wir zum einen die Bürokratie durch diese Vielstaaterei, dass diese vielen Stakeholder mitreden, wie der Ralf gesagt hat. Das ist natürlich ein riesengroßes Problem. Und ich stimme völlig zu: Die Verantwortung muss an die Disziplin, an die Trainer, die Hauptverantwortung tragen, gegeben werden, und danach müssen die Leute bewertet werden, ob sie den Erfolg hatten oder nicht, oder ob sie die Ziele erreicht haben oder nicht. Das ist eigentlich nicht so kompliziert.
Wir versuchen aber in Deutschland immer alles zu legitimieren, zu rechtfertigen. Das ist teilweise in einem Rechtsstaat auch so. Ich glaube, dass zum Beispiel PotAS vor allen Dingen dazu da ist, die Verteilung oder die Neuverteilung der Fördermittel ab 2021 zu legitimieren, transparent zu machen. Das fühlt sich dann vielleicht für die, die die Gelder verteilen, die Zuwendungsgeber besser an, aber es wird uns natürlich da nicht entscheidend voranbringen.
Friebe: Wir haben es ja aus dem Spitzensport, aus vielen anderen Bereichen schon gesehen, wenn man an die großen Verbände wie FIFA oder IOC denkt. Transparent ist ein hohes Gut.
Ludewig: Ach ja!
Hasse: Das stimmt. Das ist richtig: Transparent ist ein hohes Gut. Wir werden ja sehen, wie der Prozess dann am Ende läuft. Ich bin auch jetzt, was PotAS anbelangt, da nicht nur kritisch. Ich glaube, dass es insgesamt für einen Verband gut ist, sich diese Fragen zu stellen, die da in den Attributensystemen gefragt, gestellt werden. Da wird der eine oder andere auch draufgucken und auch eigene Schwächen im System sehen und sagen, okay, stimmt, da müssen wir uns …
Ludewig: Das ist das, was ich eigentlich auch meinte.
Holtmeyer: Das sehe ich auch so.
Hasse: Das ist auch in Ordnung und diesen Prozess, das was der Ralf Holtmeyer gesagt hat, das ist eigentlich für Trainer normal, dass er sich selber hinterfragt, evaluiert. Das ist an der PotAS-Geschichte die positive Seite.
Friebe: Es hat ja von der PotAS-Kommission auch eine Trainerbefragung gegeben, wo Trainer ihre Meinung sagen konnten, und da kam als einer der Punkte auch eine Systemkritik an sich raus – im Prinzip das, was man bei Ihnen jetzt auch raushören kann. Wo kommt dieser Frust denn her? Liegt das auch an Vertragssituationen, an Sorgen vor der Zukunft?
Hasse: Das ist auf jeden Fall ein Teil der Trainerschaft, die so denkt, und es gibt ganz sicher auch ganz viele, die auch ausgestiegen sind. Ob die in andere Länder gegangen sind? – Die meisten werden in andere Berufe reingegangen sein, weil die Vereinbarkeit Familie-Beruf, eigene Zielsetzungen im Beruf schwierig unter einen Hut zu bringen ist, unter diesen Rahmenbedingungen.
Wir müssen eins sehen: In Rio habe ich mit Kollegen gesprochen, die, als wir in Rio waren, vor Ort gesagt haben, okay, wenn wir wiederkommen aus Rio, dann melde ich mich erst mal beim Arbeitsamt, weil ich weiß nicht, wie es im Januar weitergeht mit mir. Und so wird es in Tokio auch wieder sein. Wir werden – das sagt der PotAS-Zeitplan ja auch; das hat nicht direkt was mit PotAS zu tun, aber die üble Sache ist, dass wir viele Trainerinnen und Trainer haben, die im August 2020 in Tokio nicht wissen, wie es mit ihnen persönlich weitergeht im Januar.
Ludewig: Ab Januar '21, genau.
Holtmeyer: Ich will das noch mal bestätigen und ergänzen. Ich sehe auch von der Altersstruktur her: Wir haben schon eine Überalterung. Für Junge, ich sage mal, um die 30 ist das nicht mehr so attraktiv, einmal finanziell, wurde ja gerade gesagt, aber auch die ungeregelte Freizeitproblematik. Dann mit dem Partner: Beide sind berufstätig, beide Partner gleichwertig. Da ist das Zeitmanagement schwieriger, wenn dann noch Kinder da sind, und da ist die Attraktivität des Trainers gar nicht so sehr in der Spitze, etwa Bundestrainer, die ganz vorne sind, ich sehe das auch eher im mittleren Bereich, …
Hasse: Im Nachwuchsbereich!
Ludewig: Völlig korrekt!
Holtmeyer: Da ist das nicht attraktiv und es ist heute viel besser, Lehrer zu werden, Quereinsteiger. Viele gehen dann doch in den Lehrerjob, da ist viel mehr geregelt, Freizeit und so, was man auch im Spitzensport gar nicht kann. Aber dann müsste man zum Beispiel mehr über finanzielle Anreize und eigenverantwortliche Arbeit reden. Aber wenn man das wirklich mal nüchtern anguckt, dann würde ich sagen, da ist schon eine gewisse Überalterung da.
Ludewig: Ich muss mal dazwischen. Wir haben das Problem ganz immens. Wir haben jetzt in Halle, in Potsdam und auch wir in Berlin Ausschreibungen für Trainer, und die sind nicht mehr so schlecht bezahlt wie vorher. Da ist auch ein bisschen was bewegt worden. Du findest keine Leute!
Holtmeyer: Das ist bei uns auch. Da melden sich gar keine!
Ludewig: Die sind nicht ausgebildet. Deswegen meinte ich ja auch, dass der Verband im Grunde genommen auch dafür verantwortlich ist, diese Leute am Ende auch auszubilden, um dann auch ein höheres Gehalt zu bekommen.
Hasse: Das kann ich bestätigen. Wir haben ja auch schon mal früher in der Trainerkommission darüber diskutiert. Du bist noch eine Generation weiter, aber bei mir war es auch schon so, dass man nicht geguckt hat, wie sind Arbeitsbedingungen. Man hat einfach Vollgas gegeben und ist da erst mal rein und hat sich da reinbegeben. Heute die jüngeren Trainerinnen und Trainer, die gucken aber anders drauf. Die gucken nach Berufsperspektiven. Die vergleichen mit anderen Berufen. Da haben wir als Berufsverband, aber auch jetzt in dieser AG ganz konkrete Vorschläge entwickelt.
Ich sage mal ein Beispiel: Thema Arbeitszeit. Wir haben das EuGH-Urteil, was ja ganz klar sagt, für jeden angestellten Trainer, der nicht Leitender Angestellter ist, sind zum Beispiel Arbeitszeiten zu erfassen. Wir haben darüber diskutiert, dass das schwierig ist für einen Trainer und für jemand, der sagt, ich schreibe doch jetzt hier nicht meine Stunden auf, wenn ich ein Athletengespräch führe. Das ist klar.
Aber das Problem ist, dass diese ganze Mehrarbeit nicht ausgeglichen wird. Wir haben beispielsweise einen Vorschlag gemacht, dass man flexible Arbeitszeitsysteme einführt, wo zum Beispiel ein Trainer, der acht Jahre lang Gas gibt auf Olympische Spiele hin, dass der durchaus mal drei Monate oder sechs Monate ein Sabbatical machen kann, rausgehen kann, regenerieren kann, und das bezahlt, weil genügend Personal da ist und weil auch genügend Mittel da sind. Das wäre zum Beispiel eine Forderung, dass jemand, der 30 Jahre lang Vollgas gegeben hat im Leistungssport, auch in Rente gehen kann, weil er diese Stunden über die Lebensarbeitszeit früher schon angesammelt hat.
Hier müssen wir für die Trainer, um den Trainerberuf attraktiv zu machen, eine ganze Menge nachziehen und nacharbeiten. Das wird Geld kosten. Das können die Verbände nicht alleine stemmen. Wenn der Sport, der Bund, die Länder dort das ernst nehmen mit den Traineroffensiven, dann müssen sie dort auch mehr Geld ins System reingeben, oder sie müssen wirklich wie in England die Disziplinen stark einkürzen, und dann haben wir nicht mehr alle Sportarten im Spitzensport vertreten.
Erfolge erzielen, Vielfalt erhalten
Friebe: Sie hören das Deutschlandfunk-Sportgespräch, heute zu der Perspektive der Trainer mit Blick auf die Spitzensportreform. Wir diskutieren mit Beate Ludewig, Schwimmtrainerin, Holger Hasse, dem Präsidenten des Bundesverbands der Trainer, und dem Ruder-Chefbundestrainer Ralf Holtmeyer. – Ich würde Sie gerne noch mal fragen: Horst Seehofer, der Sportminister, hat ja erst vor kurzem das Füllhorn quasi aufgemacht und angekündigt, dass in zwei Schritten richtig viel mehr Geld in den Spitzensport kommt – über 80 Millionen mehr. Er hat sogar angekündigt, dass es bald in Richtung 300 Millionen pro Jahr gehen soll. Das wäre fast das doppelte, was jetzt schon da ist. Geld ist doch eigentlich genug da. Woran scheitert es?
Ludewig: Bei mir ist es nicht angekommen.
Holtmeyer: Ja, das kann ich auch sagen. Ich bezweifele, dass das wirklich da ankommt, wo es hin soll.
Friebe: Wo kommt es denn an?
Holtmeyer: Weiß ich nicht. – Es wird weiter Aufblähungen in den Bereichen geben. Ich bringe Ihnen mal ein Beispiel: Sie wissen selbst, dass Kinder gerne Süßigkeiten essen. Ich habe irgendwann mal gesagt, passt mal auf, das Nörgeln geht mir jetzt auf die Nerven. Jeder kann mal das in den Korb reinschmeißen, was er möchte – beim Einkaufen als meine Kinder noch klein waren. Meine Frau hat mit den Augen gerollt – ja, okay. Aber das war dann auch nach einem Mal abgegessen. Ein Essen hätte man davon, was die in den Korb geworfen haben, nicht kochen können, und genau das ist unser Problem im Sport. Die Entscheidungskompetenz muss bei denen sein, die den Sport wirklich machen, und ich wäre mal dafür, alles ein bisschen zu reduzieren. Wir haben schon gesagt, was ist wirklich wichtig: Eignung, Talent bei den Sportlern und Training.
Wenn da so viel Geld ist, dann kommen wieder Sachen, wir sind nicht wissenschaftlich genug. Dann wird wieder gesagt, wir haben keine hauptamtlichen Stützpunktleiter und so weiter. Da stelle ich mir die Frage: Es ist sehr positiv, dass die Politik mehr machen will, aber ich bezweifele, dass das zielgesteuert da ankommt, wo es wirklich was bringt.
Ich sage mal, so ein richtiges Essen kochen nachher davon können die einzelnen Sportarten wahrscheinlich nicht. Es gibt punktuell mehr. Es wird viel in der Breite versickern, aber es kommt nicht da an, wo wirklich man es braucht.
Friebe: Horst Seehofer hatte jetzt auch die Forderung seines Vorgängers, von Thomas de Maiziére quasi abgeräumt, indem er gesagt hat, ein Drittel mehr Medaillen als in Rio gewinnen, das hört sich zwar gut an, aber er würde diese Forderung nicht in den Raum stellen und sagen, nur wenn ihr das leistet, kriegt ihr auch Geld. – Damit ist vermutlich eine Forderung erfüllt, die auch die Trainer positiv bewerten, oder?
Holtmeyer: Sehe ich nicht so, weil Leistung ist: Man muss schon gucken, kommt was dabei raus. Es muss nur dann diskutiert werden mit denen, die die Leistung machen, die das organisieren und managen, warum das nicht so ist. Ohne Leistung wird es nicht gehen.
Auch das mit Zielvereinbarungen: Ziele kann man sich nur vornehmen. Sie können nicht vereinbaren, dass wir so und so viel Prozent mehr Medaillen machen. Sie müssen genau gucken, wie sind die Strukturen in den einzelnen Sportarten. Ich wäre für einen Vertrauensvorschuss.
Friebe: Geld macht keine Medaillen?
Holtmeyer: Doch! Ich wäre für eine Basisförderung für ganz viele Sportarten, um da erst mal die Möglichkeiten zu schaffen, dass man überhaupt richtig mitmischen kann. Und dann würde ich wirklich leistungsorientiert fördern, den Sportarten selbst aber viel Verfügungsspielraum selbst geben, dass sie sich selbst organisieren, selbst managen.
Hasse: Ja, würde ich voll unterstützen.
Ludewig: Ich auch!
Hasse: Ich würde auch das Thema Transparenz einmal mit ansprechen, weil das gefordert ist, auch in unserem Rechtsstaat. Aber es wäre aus Sicht der Sportarten überhaupt gar kein Problem, für jedes einzelne Projekt, für jede einzelne Disziplin oder Sportart die Fördersummen auch transparent und öffentlich zu machen und auch zu gucken: Okay, was geht jetzt in dieses System Rudern, was geht in das System Schwimmen, was geht in das System Badminton oder Tischtennis rein. Und das transparent zu machen und am Ende zu gucken: Okay, da sind fünf Millionen reingegangen die letzten vier Jahre und es ist nichts rausgekommen, dann muss man sich im nächsten Zyklus natürlich darüber unterhalten, fördert man das in dem Maße. Ich glaube, mit Transparenz zumindest aus Trainersicht sollte keiner ein Problem haben.
Friebe: Frau Ludewig, wenn man nur Medaillen fördern würde, wird es im Schwimmen aber bald eng werden.
Ludewig: Deswegen war ich jetzt auch so ruhig, weil wir im Grunde genommen ja wirklich an einem Scheidepunkt sind und jetzt zwei Olympische Spiele ohne Medaillen nachhause gekommen sind. Und ich sage mal, ich sehe ja, was wir momentan haben. Das wird auch sehr, sehr schwer werden, 2020 dort Medaillen zu machen. Aber da sind sehr, sehr viele Gründe. Wir haben keine Trainer mehr und wenn wir Geld dort reingeben, in dieses System, es nützt mir nichts, wenn ich nicht die Leute dazu habe.
Friebe: Bessere Ausbildung?
Ludewig: Wie gesagt, diese Ausbildung und natürlich die Attraktivität. Wenn ich von Attraktivität spreche, da fällt mir im Grunde genommen ein: Ich habe versucht, dass die Trainer, die wirklich Medaillen gemacht haben für Deutschland – ich rede jetzt mal von Markus Weise, drei olympische Goldmedaillen …
Friebe: Im Hockey.
Ludewig: Im Hockey! - …, dass der mal eine Anerkennung kriegt. Wir haben in der Trainerkommission uns auf sieben Trainer geeinigt. Sie glauben: Das passiert nicht! Ich habe an den Bundespräsidenten geschrieben, ich habe an Herrn Meyer geschrieben. Man bekommt dort Antworten, zum Beispiel dieses silberne Lorbeerblatt, das ist nur für Sportler. Dann liest man aber, dass die Fußballtrainer das bekommen haben. Dann frage ich an und dann bekomme ich die Antwort, der Fußball ist ein ganz wichtiger Faktor in Deutschland. Dann habe ich gesagt, sind wir denn hier die Letzten, dass das für uns nicht gilt.
Die frühere Schwimmtrainerin Beate Ludewig bei den Deutschen Meisterschaften 2015 in Berlin.
Die frühere Schwimmtrainerin Beate Ludewig beklagt, dass selbst hochverdiente Trainer keine gesellschaftliche Anerkennung erhielten. (picture alliance/dpa - Oliver Mehlis)
Übrigens Herr Holtmeyer ist auch auf der Liste, wo wir gesagt haben, hier muss doch auch mal eine gesellschaftliche Anerkennung sein, mal so ein Zeichen zu setzen: Jawohl, das sind Trainer. Ich bin nicht für eine Auszeichnung in einer Auszeichnungswelle, wie ich sie aus DDR-Zeiten kenne. Um Gottes willen! Aber wir haben sieben Trainer dort aufgeschrieben, die wirklich mehrfach Goldmedaillen gemacht haben bei Olympischen Spielen. Da hört’s bei mir auf und ich kriege auch keine Antwort. Ich bin da zwar immer noch dran, aber was sagen wir im Schwimmen immer: Da kann ich auch mit einem Rettungsring reden.
Friebe: Wertschätzung ist das große Thema eigentlich?
Ludewig: Das ist für mich ganz, ganz wichtig! Und wie gesagt: Von meinen Sportlern – und durch meine Finger sind eine ganze Menge Sportler gegangen -, da waren einige, die wären bestimmt gute Trainer gewesen. Aber die haben gesehen, wie ich mich von Jahr zu Jahr gehangelt habe. Dann haben die gesagt: Nee! - Das ist allerdings wirklich besser geworden.
Tarifvertrag erwünscht
Friebe: Vielleicht noch eine Schlussrunde in unserem Sportgespräch. Ich würde Sie alle drei gerne noch nach den Zukunftsperspektiven fragen. Wir haben viel Kritik am System gehört. Wir haben auch gehört, wo die Probleme liegen, dass es bei Wertschätzung zum Beispiel ein Problem gibt, oder ganz einfach auch bei der Bezahlung und bei den Strukturen im Sport. Ich würde Sie gerne alle drei fragen, was Ihre Idee ist, wie man Spitzensportförderung in den nächsten Jahren aufstellen sollte. Fangen wir mit Holger Hasse an.
Hasse: Als Vertreter für die Trainerinnen und Trainer zunächst mal mit den Rahmenbedingungen der Trainer, dass der Beruf attraktiv ist. Das heißt, wir hören auf mit diesen unsäglichen Kettenverträgen. Wir haben eine angemessene Vergütung, die sich auch aufteilt zwischen einer Grundvergütung und Leistungsprinzip, mit Prämien schon auch arbeitet, aber erst mal ein sehr attraktives Grundgehalt hat. Dafür haben wir einen ganz konkreten Vorschlag gemacht nach einem TVÖD-Modell, wo es Berufsqualifikation und Erfahrungsstufen gibt und so weiter. Das wird zur Mitgliederversammlung des DOSB vorgestellt; hoffentlich wird es von den Spitzenverbänden abgesegnet.
Dass wir auch darüber sprechen, wie wir clevere Modelle der Arbeitszeitgestaltung machen bis hin zu Altersteilzeit-Regelungen, vorgezogenem Ruhestand, Sabbatical-Jahren, dass die Trainerinnen und Trainer wieder regenerieren können. Das sind, sage ich mal, die Grundzüge – nicht zu vergessen, dass Männer und Frauen als Trainer gleichbezahlt werden. Auch das ist noch ein Problem. Das heißt, wir haben ein ganzes großes Paket, und als wichtigste Bezugsperson für die Athleten glaube ich, dass es hier im Zentrum steht.
Natürlich: Die Athletenförderung darf man nicht vergessen. Ich würde vor allen Dingen die Nachwuchsförderung sehen, die hier in diesem ganzen Leistungssportprozess viel zu kurz gekommen ist. Da würde ich ansetzen, um wirklich auch langfristig und nachhaltig das Sportsystem zu verbessern.
Friebe: Was ist Ihre Idee, Herr Holtmeyer?
Holtmeyer: Erst mal möchte ich dem auch zustimmen, vielleicht jetzt von der Trainerperspektive ein Stück weiter weg. Ich hatte ja gesagt, Talent und Training. Ich glaube auch, dass wir gucken müssen, die Basis, wieder viel mehr Talentierte für die einzelnen Sportarten zu gewinnen, mehr an die Breite auch grundsätzlich zu denken. Da spielen die Vereine sicherlich auch eine Rolle. Dann kommt der Trainer ins Spiel. Ich denke, wir brauchen wirklich eine Traineroffensive für die Basis und die Breite. Aus dieser größeren Breite an Trainern würden sich dann auch mehr Spitzentrainer rekrutieren – das vom Denkansatz her. Und mehr Eigenverantwortlichkeit den Verbänden zu geben. Ich bin eigentlich prinzipiell für eine gute Basisförderung, grundsätzlich für die Sportarten, und dann eine Spitzenförderung, die sich an den Erfolgen und Leistungen grundsätzlich orientiert.
Friebe: Sie haben das letzte Wort, Frau Ludewig.
Ludewig: Ich wünsche mir, dass wir mehr Funktionäre gewinnen, die aus dem Sport kommen, ehemalige Sportler, die wissen, von was sie reden, und nicht solche Wohnzimmer-Funktionäre, die wir leider bei uns momentan haben, die vieles blockieren. Wenn wir daran denken, dass eine sehr, sehr engagierte Präsidentin bei uns raus ist, weil es um 60 Cent im Jahr ging. Das ist das, was Holger vorhin sagte: Da geht es um Macht, da geht es nicht um 60 Cent. - Macht der einzelnen Landesverbände, und das ist das, was ich mir wünsche.
Friebe: Beate Ludewig, Schwimmtrainerin, Ralf Holtmeyer, Chefbundestrainer der Ruderer, und Holger Hasse, Präsident des Bundesverbands der Trainer. Sie waren heute zu Gast in unserem Sportgespräch. Wir haben diskutiert über die Spitzensportreform, über die Potenzial-Analyse und über die Zukunft der Trainer.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.