"Ein Analog-Astronaut ist ein Astronaut, der auf der Erde bleibt, aber in marsähnlichen Bereichen auf der Erde."
Ein marsähnlicher Bereich ist auf dem Kaunertaler Gletscher in Tirol. Darum simulierten hier in 2.700 Meter Höhe im August des Jahres zwei Wochen lang "Analog-Astronauten" die tägliche Arbeit, die in rund zehn Jahren Kolonisten auf dem Mars leisten müssten. Mit all den Schwierigkeiten, die manchmal banal sein können. Carmen Köhler, Meteorologin aus Berlin, eine der Analogen Astronauten, berichtet:
"Zum Beispiel, wenn die Kopfhörer verrutschen im Weltraumanzug. Und dann weiß man, ok, wir müssen jetzt zum Habitat zurück, müssen die wieder richten, und das wäre eine Situation, die man auf dem Mars zum Beispiel auch hätte."
In rund zehn Jahren soll auf dem von der Erde 228 Millionen Kilometer entfernten Mars eine Kolonie errichtet werden. Doch bei der rund sechs Milliarden Dollar teuren "Mars-One"-Mission gibt es aus Kostengründen nicht nur keinen Rückflug, sondern es gibt auch keinen Rückzug. Das als "Reality Show" konzipierte Weltraum-Projekt der privaten niederländischen Stiftung "Mars-One" wird jeden Tag im Leben der vier Kolonisten dokumentieren, und als Fernsehsendung um den Globus schicken. Das allein bringt mehr als vier Milliarden Dollar an TV-Einnahmen. Der Rest wird gesponsert, eingeworben, gesammelt. Weltweit wollten 200.000 Menschen diese vier Plätze. Davon sind nicht viele übrig geblieben, immer wieder wurden gesiebt, noch immer stehen die vier Mars-Astronauten nicht fest.
Es ist leise auf dem Mars
"Wir sind aktuell 50 Männer, 50 Frauen, es gibt zwei Deutsche. Warum ich zum Mars möchte? Es ist schon eine sehr krasse Erfahrung erst mal auf dem Mars zu sein."
27 Jahre alt ist der Elektronikstudent Robert Schröder aus Darmstadt. Er ist einer der zwei verbliebenen deutschen Kandidaten. Doch was wird ihn da draußen erwarten?
Es ist leise auf dem Mars. Weil die Atmosphäre zu mehr als 95 Prozent aus Kohlendioxid besteht, breiten sich Schallwellen langsamer aus.
Die Durchschnittstemperatur liegt bei minus 55 Grad, nachts wird es minus 100 Grad kalt. Der Marstag gleicht dem Erdentag mit 24 Stunden und 37 Minuten Länge. Eiswolken stehen über den Polkappen, gigantische Stürme aus blutroten Eisenoxidstaub sind häufig.
Die Kolonie wird wenig ansehnlich sein. Kapseln wie kleine Raumschiffe, verbunden mit Röhren, eine Art überdimensionierte Kette.
"Und dann baut man Röhren auf, und in diesen Röhren sind dann Sozialräume, das heißt, Schlafräume, Gewächshäuser werden da auch sein, Gemeinschaftsräume, (…) und in den Kapseln sind Ersatzteile, Notvorräte, Solarpaneele, und das muss alles erst einmal errichtet werden in der ersten Zeit."
Viel anstrengender als das Leben auf Mars ist die Isolation
Doch viel anstrengender als das Leben auf der blutroten Planetenoberfläche, den engen Sozialröhren, ist wohl etwas anderes, die Isolation. An der Frage nach der Bewältigung von Isolation zeigt sich der Ernst, mit dem die "Mars-One"-Stiftung die Sache vorantreibt. Denn was passiert, wenn Kolonisten über Jahrzehnte hinweg, isoliert vom Rest der Menschheit, dort oben leben und arbeiten? Rausgehen ohne Raumanzug ist tödlich, anrufen geht nicht, ein Signal braucht zehn Minuten bis zur Erde, also auch zehn Minuten wieder zurück. Man ist allein, wie auch immer. In der Studie "HI-SEAS", die eben auf Hawaii gestartet ist, leben zur Zeit sechs Wissenschaftler ein Jahr lang in einem abgeschiedenen Habitat auf halber Höhe des Vulkans Mauna Loa zusammen. Eine der sechs ist Christiane Heinicke von der Technischen Universität Ilmenau. Sie sagt kurz vor Studienbeginn per Telefon aus Hawaii:
"Das Ziel der Studie ist (...) die zwischenmenschliche Kommunikation. Wie verhalten wir uns, wenn wir auf engem Raum zusammenleben, und wie ändert sich unser Verhalten im Laufe des Jahres. (...) Was natürlich vorprogrammiert ist bei sechs Leuten mit jeder so einer eigenen Persönlichkeit. Wir werden auf jeden Fall Konflikte haben, wir werden Streit haben, (…) und dann ist die Herausforderung, dass wir diese Probleme gemeinsam angehen, zusammen lösen."
"Vorab fliegt man ja auch sieben Monate durchs Weltall, und das ist auch etwas, was ich auch miterleben möchte, um da Experimente zu gestalten."
Noch enger als die Enge in den Mars-Kuben wird die im Raumschiff sein, für lange sieben Monate Flugzeit. Dazu kommt noch die galaktische kosmische Strahlung auf der Reise. Ist das Ziel erreicht, gilt es einen Schutz gegen die höhere Strahlung auf der Marsoberfläche aufzubauen.
Das Geld für die Mission ist auch noch nicht zusammen
"Wir bauen ja diese Röhren auf, und diese Röhren werden ja auch noch zusätzlich zugeschüttet mit Marserde. Also wir bauen uns da auch noch einen zusätzlichen Schutz auf. Und wir werden ja nicht ständig draußen sein, wir gehen erst mal nur raus, wenn' s notwendig ist."
"Wir bauen ja diese Röhren auf, und diese Röhren werden ja auch noch zusätzlich zugeschüttet mit Marserde. Also wir bauen uns da auch noch einen zusätzlichen Schutz auf. Und wir werden ja nicht ständig draußen sein, wir gehen erst mal nur raus, wenn' s notwendig ist."
Vier Meter dick wird der Erdwall um die Röhren, die Kapseln sein, bis eine Strahlendosis vergleichbar jener auf der Erde erreicht ist. Hinter den vier Metern wird es sich leben, lieben lassen. Endlich... ist der Mars-Nachwuchs da, gibt es auch Ausflugsziele. Etwa den 26.000 Meter hohen Vulkan "Olympus Mons".
"Das ist der höchste Berg in unserem Sonnensystem. (...) Der ist auch dreimal so hoch wie der Mount Everest. Also das ist schon 'ne ordentliche Hausnummer."
Doch noch sind sie alle da, noch ist der Mars menschenfrei. Das Geld für die Mission ist auch noch nicht zusammen. Für Robert Schröder aber, einem der zwei letzten deutschen Kandidaten, hat die Mars-One-Mission schon jetzt sein Leben verändert.
"Also mir ist es sehr ernst, ich befasse mich damit täglich. (...) es ist ein Teil meines Lebens geworden, weil man braucht schon die ganze Menschheit hinter sich, um auf dem Mars zu bestehen."