Je früher, desto besser: Wer schon als Baby oder sogar noch im Mutterleib viel im Kuhstall war, hat beste Chancen, ohne Allergien und Asthma groß zu werden. Das haben die sogenannten Bauernhofstudien gezeigt, die seit Ende der 1990er Jahre laufen. Seitdem dieser Zusammenhang klar ist, suchen Forscher nach Wegen, den Bauernhof-Effekt in die Stadt zu bringen. Einer von ihnen ist Pirkka Kirjavainen vom Nationalen Institut für Gesundheit und Soziales in Finnland.
"Es ist faszinierend, dass das Leben auf dem Bauernhof so einen starken Schutz vor Asthma bietet. Aber natürlich können wir nicht alle auf Bauernhöfe ziehen, um davon zu profitieren. Deswegen wollten wir herausfinden, ob wir diesen Effekt auf normale Wohnungen und Häuser übertragen können. Denn wenn es die Bakteriengemeinschaften auf Bauernhöfen sind, die vor Asthma schützen, müssten dieselben Mikroben ja auch Kinder in Stadtwohnungen davor bewahren."
Mikroben vom Bauernhof schützen Kinder vor Asthma
Und tatsächlich haben die Untersuchungen der Forscher gezeigt: Je mehr typische Bauernhof-Mikroben in einem Haushalt leben, desto seltener entwickeln die dort lebenden Kinder Asthma. Auf diesen Zusammenhang sind die Forscher gestoßen, als sie die Mikrobengemeinschaften in fast 400 finnischen Wohnungen und Häusern untersucht haben. Dabei haben sie sich angeschaut, wie viele typische Bauernhof-Bakterien in einem Haushalt vorkommen und diese Daten mit der Asthma-Häufigkeit der dort lebenden Kinder korreliert. Später untersuchten die Forscher auch die Bakteriengemeinschaften in etwa 1000 deutschen Haushalten. Und fanden dort denselben Zusammenhang, erklärt Pirkka Kirjavainen:
"Wir haben uns dann die Verhaltensweisen oder Lebensstile der Menschen angesehen, um herauszufinden, warum sich bei manchen besonders viele typische Bauernhof-Mikroben ansiedeln. Es gab zwar keinen Faktor, der wirklich herausstach. Doch Verhaltensweisen, bei denen die Menschen Erde mit in die Wohnung brachten, hatten einen positiven Effekt. Also wenn sie zum Beispiel ihre Straßenschuhe in der Wohnung anbehielten. Eine größere Zahl an Geschwistern scheint auch eine positive Rolle zu spielen. Außerdem sah es zwischenzeitlich so aus, als hätten Haustiere einen positiven Effekt. Aber dieses Ergebnis war am Ende nicht mehr signifikant."
Der Dreck an Straßenschuhen beugt Allergien vor
Diese Beobachtungen zeigen, dass die alte Weisheit "Dreck reinigt den Magen" zwar vielleicht nicht direkt stimmt. Doch indirekt hat Schmutz tatsächlich eine schützende Wirkung. Denn wenn Babys die Erde in den Mund nehmen, gewöhnt sich ihr Immunsystem frühzeitig an harmlose Mikroben, mit denen sie in seinem Leben immer wieder konfrontiert werden .
"Ganz allgemein sollten Eltern ihre Kleinkinder nicht zu sehr vor jedem Kontakt schützen. Im Gegenteil. Noch vor wenigen Jahrzehnten hieß es, dass man alles vermeiden sollte, damit Babys keine Allergien entwickeln. Aber kleine Kinder brauchen den Kontakt, um Dinge aus der Umwelt tolerieren zu können."
Kuhstall im Nasenspray
Der Dunst im Kuhstall bietet den perfekten Schutz vor Asthma und Allergien. Doch immer mehr Menschen leben in der Stadt. Deshalb versuchen Pirkka Kirjavainen und seine Kollegen, den Bauernhof-Effekt auf anderen Wegen in die Wohnzimmer der Menschen zu holen. In einer Pilotstudie haben sie Erde aus dem Wald im Eingangsbereich von Wohnungen platziert. Dieser Versuch soll zeigen, ob sich städtische Bakteriengemeinschaften auf diesem einfachen Weg in Richtung Bauernhof verändern lassen.
"Diese Studie läuft gerade noch, wir wissen also noch nicht, ob das funktioniert. Eine andere Möglichkeit wäre aber eine Art Nasenspray, in dem man Kleinkindern Bestandteile von Bauernhof-Bakterien verabreicht. Das könnte für den Schutz-Effekt ausreichen. Und es gibt schon ein paar Studien, die andeuten, dass das funktioniert."
Der Kuhstall im Nasenspray – nicht jeder wird sich mit dem Gedanken anfreunden können, Babys auf diesem Weg für's Leben zu wappnen. Doch bis solche Sprays erhältlich sind, könnten Eltern mit ihren Kindern möglichst viel im Garten, Park oder im Wald spielen.